Label M untersucht die Heimat Auch Dibbelabbes kann Heimat sein

Saarbrücken · Jugendliche befragen Saarländer zu einem nur scheinbar eindeutigen Thema. Am Donnerstag hat der Film „Heimaten“ von Label M Premiere im Filmhaus.

 Straßenumfragen waren ein Schwerpunkt der Filmarbeit. Jugendliche von Label M waren etwa auf der St. Ingberter Kirmes unterwegs.

Straßenumfragen waren ein Schwerpunkt der Filmarbeit. Jugendliche von Label M waren etwa auf der St. Ingberter Kirmes unterwegs.

Foto: Gisela Zimmermann

„Vervielfältigungsstelle“ steht auf einem alten Schild an der Tür, die zu den Räumen von Label M führt. Das Schild stammt noch aus der Zeit, als im Saarbrücker Garelly-Haus Werbemittel produziert wurden. Seit rund einem halben Jahr hat hier nun Label M, die Werkstatt für Jugendkultur ihre Bleibe.

  Damals zog auch die Arbeit am Dokumentarfilmprojekt „Heimaten“ in die neuen Räume des Vereins  um, der sich für gesellschaftliche Teilhabe Jugendlicher und junger Erwachsener einsetzt.

Bezogen auf den Film trifft „Vervielfältigungsstelle“ nun in einem ganz anderen Sinn zu, was am Ende sogar die Initiatoren überraschte. Am Donnerstag stellt die 2009 ursprünglich in Malstatt gegründete Gruppe ihren neuen Streifen bei der Premiere im Saarbrücker Filmhaus vor.

„Heimaten – eine aktionistische Recherche“ lautet der vollständige Titel des Films, für den acht Jugendliche herausfinden wollten, was Heimat bedeutet. „Das Thema hat sich durch die Flüchtlinge geradezu aufgedrängt. Außerdem hatten sich einige Jugendliche schon beim letzten Projekt damit beschäftigt und wollten weitermachen“, erklärt Thomas Langhammer, der das Projekt zusammen mit der Künstlerin Gisela Zimmermann und der Pädagogin Rûken Tosun organisiert.

Bei Rûken Tosun stieß der Wunsch der Jugendlichen anfangs nicht auf offene Ohren, erzählt die Pädagogin: „Der Begriff Heimat hat bei mir ein Engegefühl ausgelöst. Das Wort war für mich eher negativ besetzt und die Bedeutung eigentlich klar.“

Auch die beteiligten Jugendlichen verbanden mit Heimat vor allem die Herkunft. Schließlich ließ Rûken Tosun sich darauf ein. Mit den Jugendlichen, von denen zwei Drittel einen Migrationshintergrund haben, zogen die Initiatoren an öffentliche Plätze im Saarland: auf den Lebacher Herbst- und Bauernmarkt, eine Kirmes, den Malstatter Marktplatz und zu einem Professor an die Uni.

Die Jugendlichen sprachen Passanten an und interviewten sie zu ihrer Vorstellung von Heimat, mussten sich dabei zurücknehmen und die Leute in ihre Gedankenwelt eintauchen lassen. Begleitet wurden sie dabei von einem Kameramann.

Die Antworten, die sie erhielten, waren ganz unterschiedlich: Für einen befragten Korbflechter ist sein Handwerk so etwas wie Heimat, für einen anderen die Folsterhöhe in Saarbrücken. Wiederum ein anderer schwärmt vom saarländischen Dibbelabbes, und zwei Syrer erzählen von ihrer Geburtstsstadt Kobanê.

„Heimaten haben wir das Projekt genannt, weil wir deutlich machen wollten, dass es nicht die eine Heimat gibt. Es kommt ganz darauf an, was Menschen mit dem Begriff verbinden“, erklärt Thomas Langhammer. „Dass die Antworten aber so vielfältig ausfallen würden, hatten wir nicht erwartet“, fügt Gisela Zimmermann hinzu.

52 Minuten sind am Ende aus dem Videomaterial geworden. „Für uns alle am schwierigsten war es, Material auszuwählen“, meint Rûken Tosun. Dadurch sei der Film etwas länger geworden als geplant. Bei den abschließenden Gesprächen mit den Jugendlichen sei vor allem eines klar geworden, so der Eindruck der Pädagogin: „Letztlich darf niemand festlegen, was jemand unter Heimat zu verstehen hat. Heimat kennt keine Grenzen.“

Bei den Jugendlichen habe das zu einem Umdenken geführt, auch bei Rûken Tosun selbst. „Ich bin mit dem Begriff versöhnt“, sagt sie.

„Insgesamt war das ein recht ernstes Thema“, findet Thomas Langhammer. Parallel läuft mit „Crossover Folster“ ein lockereres Filmprojekt, an dem mehr Jugendliche beteiligt sind. Es soll ein Film über ihr Viertel werden und ist nach „Crossover Malstatt“ und „Crossover Saarbrücken“ der dritte Film dieser Reihe.

Für ihr neues Projekt „Garelly-Scene“ erhielt Label M jüngst den Preis der bundesweiten Initiative „The power of the arts“. In Workshops von Künstlern können die Jugendlichen hier etwa zu Themen wie Musik, Tanz, Performance, Raumgestaltung und Bühnenbild arbeiten. Am Ende sollen die Workshop-Ergebnisse in einem zehntägigen Festival präsentiert werden. „Wir bauen auf dem auf, was bei den Jugendlichen an Interessen und Jugendkultur vorhanden ist. So kann man sie erreichen“, sagt Thomas Langhammer. Das Projekt stellt Label M am 15. April um 15 Uhr im Garelly-Haus vor. Dort können sich Jugendliche auch für das Projekt anmelden.

 Vielen Menschen sind Teil des neuen Films, wie auch das Plakat „Heimaten — eine aktionistische Recherche“  zeigt.

Vielen Menschen sind Teil des neuen Films, wie auch das Plakat „Heimaten — eine aktionistische Recherche“  zeigt.

Foto: Label M

Vorstellungen von „Heimaten“ sind am Donnerstag, 1. März, 18 Uhr, und am Sonntag, 4. März, 17 Uhr, im Filmhaus in der Mainzer Straße 10. Der Eintritt ist frei.
Kontakt: info@labelm.de

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