Faszination Angelsport „Petri Heil“ im Abendrot

Viele Saarbrücker haben ein ruhiges Hobby. Beim Angeln spüren sie, wie sich die Natur verändert.

 Abschalten vom Alltag: Diese beiden Angelfreunde an der Blies bei Bliesransbach bringt nichts aus der Ruhe.

Abschalten vom Alltag: Diese beiden Angelfreunde an der Blies bei Bliesransbach bringt nichts aus der Ruhe.

Foto: Kai Gutbier

Sie gehören fest zum Stadt- und Landschaftsbild im Saarland – Angler. Ob früh morgens, gegen Mittag oder nachts; ein echter Angler lässt sich weder durch bestimmte Uhrzeiten noch schlechtes Wetter einschränken. „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur eine schlechte Vorbereitung“, sagt Hans Y. (Name geändert) lachend, während er auf den einsetzenden kühlen Wind reagiert, indem er sich im Sommer in seine warme Jacke hüllt.

Es ist Freitagabend. Wir sitzen auf unseren Campingstühlen an der Blies, die Angeln immer fest im Blick. Der kleine sandige Vorsprung, auf dem wir unsere Stühle platziert haben, ist mit Ameisen übersät und von Brennnesseln umringt. Um uns schwirren Mücken, die Vögel zwitschern, ansonsten – Stille. Der Saarländer Hans Y. (61) ist Mitglied in verschiedenen Angelvereinen und angelt seit drei Jahren an mehreren Gewässern der Region. Als Motiv nennt er, wie viele Gleichgesinnte, die Ruhe und Entschleunigung vom Alltag, die dieses Hobby mit sich bringt. „Angeln ist eine Möglichkeit, vollkommen zur Ruhe zu kommen und Gott und die Welt zu vergessen – wenigstens mal für ein paar Stunden.“

Gleichzeitig begeistert ihn nicht nur das Sitzen am Gewässer, sondern auch die weitsichtige Planung seiner Touren. Hierbei kommt es neben Platz- und Ausrüstungswahl besonders auf Angeltechniken und das Präparieren der Köder an. „Entscheidend ist die Mischung von Strategie und Technik unter Berücksichtigung des Verständnisses für das Ökosystem Gewässer“, sagt er.

Er will die Natur so wenig wie möglich verändern. Daher nimmt Hans Y. etwa statt eines Angelbleis einen Stein. Diesen bohrt er an, versieht ihn mit einer Öse und befestigt ihn an seiner Angelschnur, damit er das Gewässer, falls sich sein Angelhaken am Grund verfängt, nicht unnötig mit Fremdkörpern belastet.

Gern wird während des Angelns über die richtige Strategie für den „Zielfisch“ philosophiert. Dabei hat es für einen Außenstehenden fast wissenschaftlichen Charakter, wenn auf einmal neben Angelhaken oder Köder Faktoren wie Luftdruck und Wetter einbezogen werden. Immer wieder schildern Angler, dass es ihnen nicht vordergründig auf das Fangergebnis ankomme, sondern auf den Weg dahin. Somit ist es in Anglerkreisen eine Tugend, geduldig zu sein und Misserfolge verarbeiten zu können. Dennoch beschreiben die meisten Angler ihre Tätigkeit im Einklang der Natur als Auslöser für Glücksgefühle.

Hans Y. angelt meist zweimal in der Woche. Diese Regelmäßigkeit erlaubt ihm, kleinste Veränderungen an seinen Angelplätzen schnell wahrzunehmen. So beklagt er sich beispielsweise darüber, dass zwar einige Angelvereine regelmäßig Fische in die Gewässer einsetzen. Gleichzeitig könnten die Fische aber kaum noch wandern, weil der Staat die Flüsse mit Staustufen oder Schleusen verändert hat.

So sei es den Tieren wegen fehlender Fischtreppen nicht mehr möglich, das Gewässer im Laufe eines Jahres so zu durchwandern, wie es die Natur vorsieht. Gleichzeitig kritisiert der begeisterte Angler, es gebe viele Schwarzangler, die sich aus Unwissenheit an keinerlei Fangmaße halten, geschweige denn auf geschützte Arten Rücksicht nehmen: „Sie sind das eigentliche Problem.“ Er sieht die Verantwortung bei den Vereinen, im Schulterschluss mit den Behörden regelmäßig ihre Mitglieder zu kontrollieren und Schwarzangler zu melden. Gleichzeitig wünscht Hans Y. sich, dass Angelvereine ihre Mitglieder in Fachseminaren zu schonendem Fischfang weiterbilden.

 Nur mit nassen Händen ist das Zurücksetzen des Karpfens gestattet, um seine schützende Schleimschicht nicht zu beschädigen.

Nur mit nassen Händen ist das Zurücksetzen des Karpfens gestattet, um seine schützende Schleimschicht nicht zu beschädigen.

Foto: Getty Images/ iStockphoto/Jan Rozehnal

Plötzlich läutet das Glöckchen des „Bissanzeigers“. Ein Fang? Diesmal nicht. Eine Fledermaus hat in der Dunkelheit die Angelschnur gestreift.

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