Sprit-Diebe bereiten Probleme An dieser Tankstelle in Saarbrücken sollen ausländische Fahrer ihren Ausweis abgeben

Saarbrücken · Etliche Tankstellen in Grenznähe können ein Lied davon singen: Kunden tanken ihr Fahrzeug auf und verschwinden dann, ohne zu bezahlen. Manche Tankstelle hat nun ungewöhnliche Schritte gegen die Spritdiebe unternommen.

Die HEM-Tankstelle in der Gersweilerstraße in Saarbrücken möchte von Fahrzeughaltern mit nicht-deutschen Kennzeichen den Personalausweis haben bevor getankt wird.

Die HEM-Tankstelle in der Gersweilerstraße in Saarbrücken möchte von Fahrzeughaltern mit nicht-deutschen Kennzeichen den Personalausweis haben bevor getankt wird.

Foto: Heiko Lehmann

Das Auto an einer Tankstelle in der Nähe zu Frankreich volltanken und sich dann ohne zu bezahlen über die Grenze einfach aus dem Staub machen: Die sogenannten „Wegfahrer“ sind längst keine Einzelfälle mehr. „Bei uns waren es schon mal 20 in einer Nacht. Es wurde immer schlimmer, und wir mussten uns etwas einfallen lassen“, sagt ein Mitarbeiter einer Tankstelle in Rilchingen-Hanweiler.

Auch an der Goldenen Bremm kurz vor dem Grenzübergang nach Frankreich schlägt man bei der Frage nach den Wegfahrern die Hände über dem Kopf zusammen. „Wir haben schon erlebt, dass jemand nach dem Tanken noch in die Kamera gewinkt und gelacht hat, bevor er abgehauen ist“, sagt eine Mitarbeiterin. Sie schätzt, dass es bei ihnen etwa zehn Wegfahrer pro Woche gibt.

Bei HEM-Tankstelle in Saarbrücken sollen Autos ohne deutsches Kennzeichen Ausweis vorm Tanken abgeben

Ein Mitarbeiter der HEM-Tankstelle in der Gersweilerstraße in Saarbrücken zeigt einen ganzen Stapel voller ausgedruckter Wegfahrer-Fotos von den Überwachungskameras. Menschen, die tanken, sind darauf zu erkennen und auch die Kennzeichen der Autos. „Die Gesichter der Menschen sind in den meisten Fällen nicht richtig zu erkennen. Die wissen ja, dass es Überwachungskameras gibt. Die Kennzeichen sind geklaut“, so ein Mitarbeiter der HEM-Tankstelle. Dort gibt es an den Zapfsäulen mittlerweile dreisprachige Hinweisschilder, auf denen steht, dass sich Fahrzeughalter mit Fahrzeugen ohne deutsches Kennzeichen vor dem Tanken an der Kasse melden sollen. „Um dort ihren Ausweis abzugeben. Nach dem Tanken bekommen sie den Ausweis wieder“, erklärt eine Mitarbeiterin.

Dass man den Ausweis an dieser HEM-Tankstelle abgeben soll, ist eine Bitte – aber längst keine Verpflichtung. Man kann dort mit ausländischem Kennzeichen auch einfach so tanken. Da die HEM-Tankstelle oft sehr stark frequentiert ist, können sich die Mitarbeiter kaum einen Überblick verschaffen, wer gerade deutsche Kennzeichen hat und wer nicht. Hinzu kommt noch, dass selbst abgegebene Personalausweise gefälscht sind. Der Mitarbeiter der HEM-Tankstelle zeigt neben dem Stapel Fotos auch einige falsche Ausweise, die Wegfahrer abgegeben haben.

 Bei der deutschen Beschreibung auf dem Schild soll das Wort „Ausfüllen“ eigentlich „Tanken“ heißen. Der Fehler sorgt für Verwirrung bei den Kunden.

Bei der deutschen Beschreibung auf dem Schild soll das Wort „Ausfüllen“ eigentlich „Tanken“ heißen. Der Fehler sorgt für Verwirrung bei den Kunden.

Foto: Heiko Lehmann

„Man erkennt keine Gesichter, die Kennzeichen sind geklaut“

An einer weiteren Tankstelle in Rilchingen-Hanweiler, nur 200 Meter vom Grenzübergang nach Saargemünd entfernt, sagt die französische Tankstellen-Betreiberin: „Meiner Meinung nach kommen alle Wegfahrer aus Frankreich. Deutsche sind da nicht dabei. Und die meisten sind Profis. Man erkennt keine Gesichter, die Kennzeichen sind geklaut, sie kommen, wenn viel Betrieb ist, und sie tanken für 20 oder 30 Euro. Bei solch kleinen Beträgen, werden die Ermittlungen der Polizei oft schnell eingestellt“, sagt die Betreiberin.

Ob es bislang in diesem Jahr zu einer extremen Häufung von Wegfahrern an Tankstellen in der Grenznähe zu Frankreich gekommen ist, kann die Polizei nicht mitteilen. „Wir geben aus dem laufenden Jahr ohnehin keine Zahlen heraus. Wenn, dann nur für die zurückliegenden Jahre. Und ob man bei den Fällen dann zwischen Grenznähe und Nicht-Grenznähe unterscheiden kann, ist fraglich. Zudem gibt es noch andere Straftaten an Tankstellen, wie beispielsweise Raubüberfälle“, so die saarländische Landespolizei auf SZ-Anfrage. Die Tankstellen-Betreiber müssen mit dem Problem der Wegfahrer alleine zurechtkommen.

Erst Autoschlüssel abgeben, dann tanken

Die Betreiberin der Tankstelle in Hanweiler sagt, dass sie das durch die Wegfahrer verlorene Geld von der Versicherung zwar zurückbekäme, aber dass das wegen Gerichtsverhandlungen immer viele Monate dauere. Die andere Tankstelle in Hanweiler, wo man von 20 Wegfahrern in einer Nacht berichtet hatte, hat sich dagegen etwas einfallen lassen: Wer dort von 22 bis 5 Uhr tanken möchte, muss den Autoschlüssel abgeben, erst dann bekommt er eine Zapfsäule freigeschaltet. Wie ein Mitarbeiter erzählt, funktioniert das Schlüsselsystem sehr gut, aber es habe auch schon Wegfahrer gegeben, die einfach einen falschen Schlüssel vor dem Tanken abgegeben haben. Der Kampf der Tankstellen in Grenznähe gegen die Wegfahrer geht also weiter – übrigens soll es dabei irrelevant sein, ob das Benzin gerade in Deutschland oder Frankreich billiger oder teuer sei.

Die Globus-Tankstelle in Saarbrücken-Güdingen hat keine Probleme mit Wegfahrern. Weshalb? Dort muss man zum Tanken seine EC-Karte einstecken und seine PIN eingeben, dann erst wird die Zapfsäule freigeschaltet. Nach dem Tanken bekommt man die Karte wieder. „Wir hatten noch nie Wegfahrer“, teilt Globus mit.

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