Köpenickiade Amtsanmaßung in Uniform?

Sulzbach · Von Michèle Hartmann und Andreas Lang

Jürgen Reimertshofer ist Rentner und sitzt im Stadtrat. Vergangenes Jahr verließ der gelernte Krankenpfleger die SPD-Fraktion und gründete gemeinsam mit seiner Schwester - und zwar immer noch als Sozialdemokrat - die „Fraktion der Mitte“.

Der Mann ist auch 2. Beigeordneter der Stadt Sulzbach, kann demzufolge den Bürgermeister vertreten. Bei festlichen Anlässen taucht  er auch schon mal in blauer, reichlich dekorierter Uniform auf. Und genau diese Uniform wurde ihm am Mittwoch zum Verhängnis. Denn da legten 96 Rekruten des Fallschirmjägerregiments 26 am Salzbrunnen-Ensemble vor großem Publikum ihr Gelöbnis ab.

Der 61-jährige Reimertshofer war auch zugegen - wie gesagt nicht in Zivil. Woraufhin er nach SZ-Recherchen von zwei Feldjägern der Bundeswehr  angehalten worden sein soll. Der Zugang zum Gelöbnis-Gelände soll ihm verwehrt worden sein. Ein Augenzeuge berichtet, dass er diverse Orden von seiner Uniform-Jacke an Ort und Stelle habe abtrennen müssen.

Das wiederum stellte gestern der Betroffene auf SZ-Anfrage in Abrede. Seine Uniform, so Jürgen Reimertshofer, schmückten lediglich „Tätigkeitszeichen“. Es handele sich dabei um die sogenannten ATN - um „Ausbildungs- und Tätigkeitsnachweise.

Auf Anfrage äußerte sich gestern zu den Geschehnissen die Pressestelle des Polizeipräsidiums in Saarbrücken. Von dort war zu erfahren, dass gegen Reimertshofer - aber auch gegen einen nicht näher bekannten 66-jährigen Mann aus Quierschied - wegen Amtsanmaßung (Paragraf 132 Strafgesetzbuch) ein Ermittlungsverfahren eingeleitet sei. Ob nun wegen des unbefugten Tragens von Orden und Ehrenabzeichen oder Uniformen mit Hoheitsabzeichen - das blieb im Dunkeln. Jedenfalls, so heißt es seitens der Polizei, erhielten die beiden am Mittwoch auch einen Platzverweis. 

Im Gespräch mit der SZ erklärt der Sulzbacher Uniform-Fan, dass  von Soldaten beim Gelöbnis seine Identität überprüft worden sei. „Indirekt“ habe seine Uniform damit etwas zu tun. Er sei kein Reservist, insofern dürfe er mit einer solchen wohl auch nicht auftreten. Vor mehr als 40 Jahren, so Reimertshofer,  sei er aber mal als Seemann bei der Marine gewesen.

Und dann meldete sich am Nachmittag Thomas Dillschneider, der Sprecher der Bundeswehr im Saarland mit folgender Stellungnahme, die wir gekürzt abdrucken: „Vor einigen Wochen wurde dem Landeskommando Saarland gemeldet, dass sich Herr Jürgen Reimertshofer vermutlich widerrechtlich in Uniform in der Öffentlichkeit zeigte. Dieser Meldung ist das Landeskommando Saarland nachgegangen und hat - in Zusammenarbeit mit der Polizei und Staatsanwaltschaft - entsprechende Ermittlungen eingeleitet. Der Kommandeur des Landeskommandos Saarland hat eine Strafanzeige wegen Verdacht auf unberechtigtes Tragen von Uniformen, Dienstgraden, Orden und Ehrenzeichen gestellt.

Als Herr Jürgen Reimertshofer, der in seiner Eigenschaft als Beigeordneter der Stadt Sulzbach zum feierlichen Gelöbnis geladen war, in Uniform erschien, führten die Feldjäger eine Personenkontrolle durch. Nachdem festgestellt wurde, dass er weder zum Tragen der Uniform noch der daran befestigten Auszeichnungen berechtigt war, wurde er aufgefordert, die Orden und Ehrenzeichen unverzüglich zu entfernen.“

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