Fahrraddiebstähle Am Straßenrand lockt leichte Beute

Saarbrücken · Der Fahrradboom treibt die Diebstahlszahlen hoch. Eine 15-Jährige hatte einen kühnen Plan, um ihr Mountainbike wiederzubekommen.

 Es bringt nichts, nur das Vorderrad mit einem Schloss zu sichern. Erst recht nicht, wenn der Rest des Fahrrades sich gut als Einzelteile vermarkten lässt. 

Es bringt nichts, nur das Vorderrad mit einem Schloss zu sichern. Erst recht nicht, wenn der Rest des Fahrrades sich gut als Einzelteile vermarkten lässt. 

Foto: BeckerBredel

Der Plan: fremdes Fahrrad gegen Bares, ein schnelles Geschäft, durchgezogen in der Gersweilerstraße. Bringen, kassieren und tschüss. Der 26-Jährige kam mit seiner rolllenden Ware um die Ecke. Dann endete der Traum vom leicht verdienten Geld. In Alt-Saarbrücken stand nicht etwa das erwartete junge Mädchen mit dem Geld für ein Schnäppchen auf Rädern. Nein, dort waren zwei durchtrainierte Polizisten von der Inspektion Alt-Saarbrücken. Sie offenbarten dem Fahrradschieber, er sei festgenommen. Der Vorwurf lautete wahlweise auf Diebstahl oder Hehlerei. Denn das Fahrrad gehörte nicht dem 26-Jährigen. Sondern jener Jugendlichen, mit der sich der „Anbieter“ verabredet hatte. Die 15-Jährige saß in sicherer Entfernung neben einer Polizistin im Auto und musste nur ihr Fahrrad identifizieren.

Als das passiert war, schritten die Kommissare zur Tat. Der 26-jährige Saarbrücker behauptete, er habe das Fahrrad im Gebüsch am Schloss gefunden. Hilfreich war das nicht. Würde die Fund-Story stimmen, hätte sich der bislang polizeilich nicht aufgefallene Mann der Unterschlagung schuldig gemacht. Die ist genauso strafbar wie Diebstahl oder Hehlerei.

Möglich war die Rückkehr des Rades zur Eigentümerin, weil die 15-Jährige fast alles richtig gemacht hat. Sie hatte ihr in Alt-Saarbrücken gestohlenes Mountainbike auf der Internet-Auktionsplattform Ebay entdeckt. Die Bestohlene vereinbarte mit dem Anbieter das Treffen in der Gersweilerstraße. Erst dann ging sie mit ihrem Rückholplan zur Polizei. Die Beamten handelten und halfen. „Die junge Dame war dabei nicht unmittelbar mit dem Beschuldigten konfrontiert. Die Sicherheit von Zeugen hat oberste Priorität“, sagt der Leiter des Einsatzes, Mathias Biehl.

Für ihn ist nicht allein das Happy End ein Grund, an die Öffentlichkeit zu gehen. Biehl geht es um das Massendelikt Fahrraddiebstahl. Etwa 120 Fälle pro Jahr gibt es allein in Alt-Saarbrücken. „Wir erleben einen Boom auf dem Fahrradmarkt, selbst bei teuren Modellen mit Elektroantrieb steigen die Verkaufszahlen stark. Damit häufen sich aber die Diebstähle.“

Biehl will zeigen, dass Bürger sich vor diesem Massendelikt wirksam schützen können. Selbst das schicke Rad der 15-Jährigen hätte mit einem besseren Schloss erst gar nicht zur Beute werden müssen, sagt er. „Das war im Grunde nur ein Stück Draht im Plastikmantel, kein Problem für einen Bolzenschneider, den ein Täter problemlos im Rucksack verstauen kann.“

Biehl und seine Fachleute vom Alt-Saarbrücker Ermittlungs- und Servicedienst warnen eindringlich vorm Sparen an der falschen Stelle. Die Polizisten  verstehen Käufer nicht, die zwar Hunderte oder gar Tausende von Euro für ein Fahrrad ausgeben, dann aber beim Schloss knausern. „Zehn Prozent des Anschaffungspreises sollten in die Sicherungstechnik fließen. Das ist viel zu selten der Fall, wie wir bei unseren Runden durch die Stadt sehen“, sagt Biehl. Außerdem rät er Fahrradkäufern, alle Papiere und Daten der neuen Errungenschaft gut zu verwahren. Vor allem die Rahmennummer sollte griffbereit sein. Biehl: „Mit dieser Nummer haben wir schon öfter beschlagnahmte Fahrräder dem Eigentümer zugeordnet.“ Nicht immer sei das Diebesgut noch komplett. Auch Teile hochwertiger Fahrräder seien begehrte Beutestücke. Kein Wunder, koste doch eine superleichte Gabel aus Karbon ohne Weiteres im Internet 500 bis 600 Euro. Als Einzelstück kaum zu identifizieren und attraktiv für Täter, die damit zumindest teilweise ihren Lebensunterhalt bestreiten. Oder Drogen kaufen. Wie schnell solche Gauner sind, erlebte jetzt ein Senior vor einer Alt-Saarbrücker Apotheke. Er hatte sein Elektrorad nur zwei Minuten abgestellt. Als er wiederkam, war das nicht gesicherte Rad weg. Ein gutes Ende wie im Fall der bestohlenen 15-Jährigen ist nicht in Sicht. Auf Zeugen, die einschreiten und zumindest die Polizei rufen, sollten Bestohlene genausowenig bauen. Ein Mitarbeiter Biehls sah, wie ein Mann am helllichten Tag am St. Johanner Markt ein Fahrradschloss knacken wollte. Er schritt natürlich ein. Viele andere hatten den Diebstahlsversuch schon zuvor gesehen. Reaktionen? Fehlanzeige.

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