Serie Museen im Saarland Wo Heilige und Fürst Wilhelm-Heinrich warten

Alt-Saarbrücken · Am Alt-Saarbrücker Schlossplatz erfahren Saarländer viel über Kunst und wechselvolle Geschichte ihrer Heimatregion.

 Am Schlossplatz gibt es zahlreiche Heiligenfiguren zu sehen. Die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz machte die Schlosskirche im Jahr 2004 zum Museum für die Sakralkunst des Saarraumes.

Am Schlossplatz gibt es zahlreiche Heiligenfiguren zu sehen. Die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz machte die Schlosskirche im Jahr 2004 zum Museum für die Sakralkunst des Saarraumes.

Foto: Iris Maria Maurer

Ein echter Fürst empfängt derzeit die Besucher der Alten Sammlung auf dem Alt-Saarbrücker Schlossplatz, wenn auch nur auf einem Plakat. Ernst, herrschaftlich und erhaben in Prunk-Uniform schaut der barocke Saarbrücker Staatsmann, Feldherr und Städtebauer Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken den Besuchern entgegen und lädt ein, eine Ausstellung anlässlich seines 300. Geburtstages und 250. Todestages zu besuchen. Seit voriger Woche ist im Kreisständehaus, in dem das Museum für Vor- und Frühgeschichte und seit zwölf Jahren die Alte Sammlung des Saarlandmuseums untergebracht sind, eine große Schau über den Saarbrücker Fürsten zu sehen.

Dazu muss der Besucher – eigentlich ganz standesgemäß – zuerst eine ausladende, barocke Marmortreppe hinaufsteigen. Barockbaumeister Friedrich Joachim Stengel entwarf deren schmiedeeisernes Geländer. Die Ausstellung wird in der „Bel Étage“, dem ersten Stockwerk des Museums, gezeigt. Während das Museum für Vor- und Frühgeschichte das Erdgeschoss des Kreisständehauses einnimmt, befindet sich die Alte Sammlung in der zweiten Etage.

Das erste Stockwerk aber, mit den höheren, eleganteren und repräsentativen Räumen einer „Bel Étage“, teilen sich beide Museen, nutzen es für ihre Wechselausstellungen. Auch in der angrenzenden Schlosskirche, die über einen Glasanbau mit dem Museum verbunden ist, werden archäologische und kulturhistorische Exponate der Region gezeigt.

„Das Saarlandmuseum besteht aus zwei Abteilungen, der Alten Sammlung und der Modernen Galerie“, erklärt Roland Mönig, promovierter Kunsthistoriker und seit 2013 Direktor des Saarlandmuseums. „Während die Moderne Galerie, gegründet nach dem Zweiten Weltkrieg, eine nationale und internationale Ausrichtung hat, bildet die Alte Sammlung die Geschichte und die Identität der Region ab“, erläutert er. Und er betont, wie wichtig die Alte Sammlung für das Bewusstsein des Landes ist.

„Hier finden sich nicht nur Gemälde aus der Zeit bis Ende des 19. Jahrhunderts oder Exponate zum Saarbrücker Fürstenhof, hier werden auch frühindustrielle und bürgerliche Themen dargestellt“.

Daher beginnt er einen Rundgang durch die Alte Sammlung mit einem Porträt des Saarbrücker Kaufmanns und Bürgermeisters Heinrich Böcking aus dem Jahr 1835/36 von Louis Krevel. „Dieses Porträt ist bedeutend, denn es geht hier nicht nur um die politischen Verdienste von Böcking, der dafür eintrat, dass die Saarregion an das Königreich Preußen angeschlossen wurde, sondern er wird als Kunstsammler dargestellt.“

Und so ist es auch ein Coup, dass eine Präsentvase mit dem Porträt des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III., die auf dem Gemälde ebenfalls abgebildet ist, gleich daneben in einer Vitrine ausgestellt werden kann.

Im anschließenden Raum findet sich eine kleine Galerie von Alten Meistern, Gemälde aus der Zeit vor 1800, die in den 1950er-Jahren gekauft wurden. Ein Meisterwerk ist das prachtvoll erhaltene Jagdstück des flämischen Rubens-Zeitgenossen Roelant Savery oder aber auch das leuchtend-farbige, filigran gemalte Stillleben nach Abraham Mignon. „Teils haben die Gemälde Bezüge zur Region, stammen aus dem deutschen Südwesten oder aus Lothringen, teils handelt es sich um kunsthistorisch bedeutende Zeugnisse“, erklärt Mönig.

 Die Sammlung ist durch Leihgabe beziehungsweise Schenkung zweier prachtvoller Gemälde gewachsen. „Aber die Gemälde befinden sich noch in unserer Restaurierungswerkstatt“, sagt er.

Zur Darstellung des frühindustriellen Themas zählt das Familienbild des Hüttenbesitzers Philipp Heinrich Krämer aus St. Ingbert. „Das Gemälde aus dem Jahr 1804 von Johann Friedrich Dryander ist sehr genau, die Gebäude darauf sind bis heute in St. Ingbert zu lokalisieren“, sagt Stefan Heinlein, Kunsthistoriker und Sammlungsleiter der Alten Sammlung.

Dryander malte Bürgerliche, war aber auch der Hofmaler des Fürsten. Daher stammt von ihm das Gemälde „Fürst Ludwig von Nassau-Saarbrücken im Feldlager“ aus dem Jahr 1792. Es zeigt den Sohn des Fürsten Wilhelm Heinrich umgeben von einigen Soldaten vor einem prachtvollen Zelt. Eindrucksvoll ist das Gemälde, auch wegen des Lokalkolorits. Denn man kann im Hintergrund eindeutig die Stiftskirche erkennen. Es ist eines der wenigen Gemälde vom Saarbrücker Fürstenhof, das in der zweiten Etage zu finden ist. Denn viele Exponate aus der Zeit werden in der Ausstellung um Wilhelm Heinrich präsentiert, darunter die Porträts von ihm und seiner Ehefrau Erdmuthe, von Friedrich Joachim Stengel, aber auch der Mätresse Margarethe Perl. Auch die schönsten Stücke des Porzellans, das Wilhelm Heinrich so verehrte und daher in Ottweiler eine Manufaktur gründete, werden gezeigt. „Wichtig ist uns in dieser Ausstellung aber auch, Wilhelm Heinrichs Blick auf Frankreich darzustellen. Er orientierte sich am eleganten Stil des französischen Hofs, mitsamt kostbarem und aufwändigem Mobiliar“, sagt der Museumsdirektor.

Er ist stolz auf eine große Fahne, die zum ersten Mal gezeigt werden kann. Es ist die Fahne des Regiments von Wilhelm Heinrich, das mit dem französischen König Ludwig XV. in den Krieg zog. Die zart-blaue und hellgelbe Fahne, die um 1740 angefertigt wurde, ist eine Dauerleihgabe des Historischen Vereins für die Saargegend, wurde gerade mit dessen Unterstützung restauriert. Die Ausstellung zeigt auch das „Grüne Kabinett“, eine hölzerne, aufwendig dekorierte Zimmerverkleidung aus dem Haushalt von Katharina Kest, der Geliebten und späteren Ehefrau des Fürsten Ludwig.

„Dieses Kabinett hat den Zweiten Weltkrieg nur überlebt, weil es zu dieser Zeit im Besitz des Kaiser-Wilhelm-Museums in Krefeld war“, sagt Heinlein. Das Kabinett wurde 2013 erworben und in die Alte Sammlung eingebaut, musste jedoch während der archäologischen Ausstellungen in der jüngsten Zeit verdeckt werden. Schon das Kabinett des „Gänsegretels aus Fechingen“ wiederzusehen, lohnt den Besuch der fürstlichen Ausstellung und der regionalhistorisch so bedeutenden Alten Sammlung.

„Die Schlosskirche ist der verlängerte Arm der Alten Sammlung und des Museums für Vor- und Frühgeschichte“, sagt Roland Mönig. Denn die Kirche, eines der bedeutenden mittelalterlichen Zeugnisse von Saarbrücken, ist seit 2004 Museum für christliche Sakralkunst. Die spätgotische Kirche, 1476 erstmals erwähnt, wurde 1575 protestantisch und ist seit 1651 Grablege des Hauses Nassau-Saarbrücken. In der Nachkriegszeit erhielt die stark beschädigte Kirche eine neue Orgel und die von Georg Meistermann entworfenen Fenster.

Seit 1982 nutzt die Hochschule für Musik Saar die Schlosskirche für Proben und Konzerte, 1993 ging sie in den Besitz des Saarlandes über. 2001 überließ das Saarland der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz die Schlosskirche, die sie 2004 in ein Museum für die christliche Sakralkunst des Saarraumes umwandelte. Insbesondere die fast 20 Skulpturen auf der Empore, die meist dem Lothringer Raum zuzuordnen sind, sind hochkarätige Beispiele der mittelalterlichen Bildhauerei. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und im Herzen des Chors ist das barocke Grabmal Wilhelm Heinrichs, des Fürsten, den es derzeit zu entdecken gilt.

 Blick in die Schlosskirche. Sie spiegelt nicht nur sakrale Kunst, sondern ist auch Probenort und Konzertschauplatz für Musikstudenten. 

Blick in die Schlosskirche. Sie spiegelt nicht nur sakrale Kunst, sondern ist auch Probenort und Konzertschauplatz für Musikstudenten. 

Foto: Iris Maria Maurer
 Museumsdirektor Roland Mönig und Sammlungsleiter Stefan Heinlein (v.l.) vor dem Bildnis des Bürgermeisters Heinrich Böcking (1785-1862).

Museumsdirektor Roland Mönig und Sammlungsleiter Stefan Heinlein (v.l.) vor dem Bildnis des Bürgermeisters Heinrich Böcking (1785-1862).

Foto: Iris Maria Maurer
 Das Kreisständehaus am Alt-Saarbrücker Schlossplatz lohnt nicht nur wegen der aktuellen Wilhelm-Heinrich-Ausstellung einen Besuch.

Das Kreisständehaus am Alt-Saarbrücker Schlossplatz lohnt nicht nur wegen der aktuellen Wilhelm-Heinrich-Ausstellung einen Besuch.

Foto: Iris Maria Maurer

Serie Museen im Saarland: Die Saarbrücker Zeitung stellt wöchentlich ein Museum aus der Region vor. Folgende Beiträge sind erschienen: Teil 1: Interview mit Meinrad Maria Grewenig, Generaldirektor Weltkulturerbe Völklinger Hütte und Präsident Saarländischer Museumsverband (6. Juni), Teil 2: Saarland-Museum und Moderne Galerie (13. Juni), Teil 3: Ludwig-Galerie Saarlouis (20. Juni), Teil 4: St. Wendeler Museum im Mia-Münster-Haus (27. Juni), Teil 5: Uhrenmuseum Köllerbach (4. Juli), Teil 6: Historisches Museum Saarbrücken (11. Juli), Teil 7: Römermuseum Schwarzenacker (18. Juli), Teil 8: Saarland-Museum für Vor- und Frühgeschichte (25. Juli), Teil 9: Zeitungsmuseum Wadgassen (1. August), Teil 10: Altenkirch-Museum Rubenheim (8. August), Teil 11: Die Römische Villa Borg (15. August). Teil 12: Jean-Lurçat-Museum Eppelborn (22. August), Teil 13: Keramikmuseum Mettlach (29. August), Teil 14: Museum für Mode und Tracht Nohfelden (5. September), Teil 15: Theulegium Tholey (12. September), Teil 16: Glasmuseum Ludweiler (19. September), Teil 17: Städtisches Museum Saarlouis (26. September), Teil 18: Der Europäische Kulturpark Reinheim/Bliesbruck (2./3./4. Oktober). Teil 19: Erlebnisbergwerk Velsen (10./11. Oktober). Teil 20: Stadtmuseum Wadern (17. Oktober). Teil 21: Saarländisches Schulmuseum Ottweiler (24. Oktober). Teil 22: Schlossmuseum Saarbrücken (31. Oktober).

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