Autoregion-Neujahrsempfang Altmaier: Vertrauen in den Diesel zurückgewinnen

Saarbrücken · Der Bundeswirtschaftsminister und VDA-Präsident Bernhard Mattes waren beim Neujahrsempfang des Netzwerks „Autoregion“.

 (Symbolbild)

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Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Ein bundesweites Tempolimit auf den deutschen Autobahnen gehört nicht zu den Dingen, mit denen man sich vordringlich befassen müsse. Das sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier auf dem Neujahrsempfang von „autoregion“ dem automobilen Firmencluster der Großregion in der Saarbrücker Mercedes-Benz-Niederlassung von Torpedo. Tatsächlich bestünden ja schon heute in der Alltagsrealität auf vielen Autobahnstrecken Tempobeschränkungen: „Ich glaube, man muss nicht alles regulieren.“

In der anhaltenden Diskussion um den Dieselantrieb müsse man dafür sorgen, dass sich die Imagekrise um diese Antriebsart nicht weiter verschlechtere: „Der Diesel ist ein großartiges Auto, das Vertrauen in ihn muss zurückgewonnen werden“, sagte Altmaier weiter. Kritik übte er an der deutschen Industrie, die erst spät und zögerlich auf den öffentlichen Druck in der Dieseldebatte reagiert habe.

Die Zukunft der automobilen Entwicklung sei auch für seine Heimatregion, das Saarland, von essentieller Bedeutung. Rund die Hälfte der Industriearbeitsplätze hänge hier am Auto: „Wenn das Auto einen Schnupfen bekommt, bekommen wir im Saarland eine Lungenentzündung.“

Er zeigte sich zuversichtlich, dass die deutsche Autoindustrie in der angelaufenen Transformation der Branche die Kurve bekomme. Wichtig sei es, die Wertschöpfung hier im Lande zu behalten. Er wiederholte seine Forderung nach dem Aufbau einer eigenen Batteriezellenfertigung für Elektrofahrzeuge in Deutschland. Heute kämen 90 Prozent der Wertschöpfung europäischer Automobile aus Europa. „Wenn eines Tages die Batterie aus China und die Fahrzeugplattform aus den USA kommen, dann haben wir in Europas vielleicht noch 55 Prozent automobile Wertschöpfung“, so der Wirtschaftsminister. Die künftige Fahrzeug-Mobilität werde nicht aus „zehn Varianten bestehen, sondern aus einer oder zwei“, meint Altmaier. Ob es das Elektroauto werde oder nicht, das entschieden nicht der Staat, sondern die Industrie und der Kunde.

Ordnungspolitisch müsse die Freiheit der Mobilität in Deutschland erhalten bleiben: Die individuelle Mobilität sei „ein hohes Gut und ein großes Geschenk“. Daher müssten auch die künftigen Fahrzeuge – auch gerade für ältere Menschen – bezahlbar und erschwinglich bleiben. „Das Auto darf nicht zu einem Luxusgut werden“, so Altmaier.

Der frühere Ford-Deutschland-Chef Bernhard Mattes, heute Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA), plädiert in der aktuellen Dieseldiskussion „für Sachlichkeit, faktorenorientierte Auseinandersetzung und die schnelle Wiederherstellung seines guten Rufes“, so Mattes zur SZ. Und weiter: „Ich bin sicher, dass wir das schaffen, denn wir brauchen den Diesel“. Aufgrund seines geringen CO2-Ausstoßes sei „der Diesel nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Regulierungen und Scharfmacherei in dieser Sache bringen uns nicht weiter.“

Gleichzeitig müssten neue Mobilitätsformen vorangetrieben werden: Das Auto allein als singulare Mobilitätsform habe keine Zukunft, sondern werde Bestandsteil neuer Mobilitätslösungen sein. Die Autohersteller müssten sich zu Mobilitätsdienstleistern weiterentwickeln. Bei dem angelaufenen Transformationsprozess der Automobilbranche mahnte Mattes aber für Augenmaß: „Wir dürfen uns nicht überfordern.“ Die rund 840.000 Beschäftigten in der deutschen Leitbranche „Automobil“ müssten auch mitgenommen werden. Massiv vorangetrieben werde die Digitalisierung im Fahrzeug, da stehe man erste am Anfang. Digitalisierung im Auto „ist mehr als ein Zugang zu Spotify, da wird noch viel mehr kommen.“ Er zeigte sich zuversichtlich, dass die deutsche Autoindustrie global eine entscheidende Rolle in dem Transformationsprozess spielen werde: „Wenn einer den Zug anführt, dann wir. Wir haben den Anschluss nicht verpasst.“ Man sei technologisch gut aufgestellt. Das große Ziel sei der unfallfreie Autoverkehr, so Mattes. Die beteiligten Unternehmen würden in Zukunft näher zusammenrücken. Die Industrie müsse sich vom reinen Hardwarehersteller zum Mobilitätsdienstleister weiterentwickeln. An die Politik appellierte Mattes. schnellstmöglich die Voraussetzungen für eine flächendeckende, gute Ausstattung mit IT-Netzinfrastruktur sowie für einen Ausbau der Ladestation-Infrastruktur für Elektrofahrzeuge zu schaffen. Mattes legte sich nicht auf nur eine künftige Antriebsart fest. „Wir brauchen eine andere Art der Mobilität als heute. Sie wird auf mehreren Schultern wie etwa dem E-Fahrzeug oder auch der Bahn stehen. Unsere Industrie wird auch weiterhin eine deutsche Schlüsselbranche bleiben.“

Der VDA-Präsident betonte die vorbildliche Rolle des Netzwerkes „Autoregion“ mit seinem internationalen Ansatz. „Es ist gut, ,Autoregion‘ in diesem laufenden Prozess an unserer Seite zu wissen“. „Autoregion“-Geschäftsführer Armin Gehl unterstrich, dass es in den vergangenen vier Jahren gelungen sei, das von der Industrie finanzierte Cluster als Marke aufzubauen. Jetzt werde man zusammen mit Luxemburg darangehen, das Netzwerk „international aufzustellen“. Gehl: „Damit werden wir dann auf den Weltmärkten und auf den Ständen des VDA aufschlagen, um der Großregion ein gemeinsames Gesicht zu geben.“

Wo so viel über die Zukunft der automobilen Fortbewegung diskutiert wurde, durften auch Zukunftsfahrzeuge nicht fehlen. Einmal ein im Saarland von Direct Gas Tec (Merzig) und der Hochschule für Technik und Wirtschaft (htw, Prof. Thomas Heintze) entwickelter Autogas-Antrieb. Zum zweiten ein brandneues Mercedes-Benz-Fahrzeug unter der Technologiebezeichnung EQ Power: Es kombiniert weltweit erstmalig die innovative Brennstoffzellen- und Batterietechnik zu einem Plug-in-Hybrid: Neben Wasserstoff wird die rein elektrische Variante des beliebten SUV auch Strom „tanken“.

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