Nachgefragt in Seniorenheimen Altenheime stemmen sich gegen Corona

Regionalverband · Mit Heimleitungen und -Trägern im Regionalverband sprachen wir über Schutzmasken, die Belastung und Engpässe.

 Die Arbeit in Seniornheimen ist derzeit besonders schwierig. 

Die Arbeit in Seniornheimen ist derzeit besonders schwierig. 

Foto: dpa/Benoit Doppagne

Viel, sehr viel abverlangt wird derzeit den Mitarbeitern und Leitern von Seniorenheimen. 47 gibt es im Regionalverband Saarbrücken, zum Teil Einzel-Häuser, zum Teil unter der Leitung von Trägern mehrerer Senioren-Einrichtungen. Wir haben uns bei einigen nach der aktuellen Lage, nach dem Vorhandensein von Schutzkleidung und den Belastungen erkundigt

Die Marienhaus GmbH ist Träger von Kliniken und von 19 Seniorenheimen in Rheinland-Pfalz und im Saarland, im Regionalverband des Altenheims St. Josef in Völklingen. „Wegen unserer Größe haben wir bessere Möglichkeiten, Masken für unsere Häuser zu beschaffen“, sagt Pressespecher Heribert Frieling; so habe man ausreichend Masken und Schutzkleidung, „aber wir müssen sparsam und sorgfältig damit umgehen“. Grundsätzlich – das sagen auch alle anderen Befragten – sollen Mitarbeiter im Kontakt mit Bewohnern immer Masken tragen.

Besuchsverbot gelte seit 16. März. Es gebe zwar auch uneinsichtige Angehörige, „das sind aber glücklicherwise nur Einzelfälle“. Ausnahmen vom strikten Besuchsverbot wolle man dann gewähren, sollte bei einer Bewohnerin oder einem Bewohner „der Sterbeprozess einsetzen“.

Personelle Engpässe gebe es insgesamt nicht. Vorsorglich seien aber Überlegungen angestellt worden, ob und wie man gegebenenfalls pensionierte Mitarbeiter befristet zurückgewinnen könne.

Jürgen Schumacher ist Vorstand der Stiftung Saarbrücker Altenwohnstift, Träger des  Egon-Reinert-Hauses und des Wohnstifts Reppersberg in Saarbrücken. Reserven an Pflegekräften habe es auch vorher nicht gegeben, jetzt müsse man auch das Wegbrechen von Mitarbeitern aus Frankreich verkraften. Achtung schwingt mit, wenn er schildert, dass der „normale“ Krankenstand unter den Mitarbeitern zurückgegangen sei – ein Zeichen für großen Einsatzwillen in schweren Zeiten. Wie alle in diesem Punkt Befragten schildert auch Schumacher, dass – sollte es soweit kommen – kein zusätzliches Problem daraus erwächst, falls ein Hausbewohner an Covid-19-versterben sollte, denn dadurch gebe es keine besondere Ansteckungsgefahr. Und die eingespielten Regeln für den Umgang mit durch Virenerkrankungen Verstorbene würden immer eingehalten.

Die cts (Trägergesellschaft der Caritas) betreibt sieben Seniorenheime im Regionalverband, Pressesprecherin Renate Iffland berichtet: „Neben dem Caritas Senioren Haus Bischmisheim gibt es in einem weiteren Haus im Regionalverband zwei positiv getestete Bewohner“, isoliert untergebracht und von speziell zugeteiltem Personal betreut. Im Kontakt zwischen Personal und Bewohnern richte man sich „streng nach den Richtlinien des Robert-Koch-Instituts (RKI) und des saarländischen Gesundheitsministeriums“..

Personalengpässe gebe es in den cts-Häusern derzeit keine, „die psychische und physische Belastung für die Mitarbeitenden ist dennoch sehr groß, und wir erleben momentan eine sehr große Solidarität untereinander.“ Seelsorger stünden für Gespräche bereit, was auch gerne angenommen werde. 

Die Stiftung Langwied betreibt in Saarbrücken das Willi-Graf-Haus und das Langwiedstift. Stiftungsdirektor Jörg Strauch schildert: „Unsere Mitarbeiter tragen permanent Schutzmasken und Handschuhe. Solange keine Corona-Fälle vorliegen, normale Schutzmasken, sollten Infektionen auftreten, entsprechend FFP2- oder FFP3-Masken.“ Bewohner die aus dem Krankenhaus kommen, werden 14 Tage unter Quarantäne gestellt, das Pflegepersonal „betritt die Zimmer mit entsprechender Schutzkleidung.“

Inzwischen sei der Vorrat an Schutzmasken ausreichend, doch „sollte es in den Einrichtungen zu vielen Infektionsfällen kommen, wird die Versorgung wieder eng.“ Strauch weist auch darauf hin: „Die Preise der Masken sind teilweise um bis zu 3000 Prozent gestiegen.“

Zu möglichen Todesfällen sagt Strauch: „Wir gehen momentan davon aus, dass hochgradig erkrankte Bewohner im Krankenhaus behandelt werden“ – also falls keine Heilung möglich ist, auch dort versterben.

Die Belastung für alle Mitarbeiter sei, gerade auch psychisch, sehr hoch: „Man kann die Gefahr von außen trotz Besuchsverbot und Maskenpflicht nicht ausschließen und ist daher immer in Sorge, dass der Virus ins Haus getragen wird.“ Die Personalengpässe hielten sich noch in Grenzen, sollten jedoch Mitarbeiter verstärkt positiv getestet werden, „könnte die Lage kritisch werden.“

Die Haus Edelberg Senioren-Zentren betreiben je ein Haus in Saarbrücken und Klarenthal. Pressesprecher Bernhard Rössler schildert, dass man schon früh etwa Besuchseinschränkungen, dann ein Besuchsverbot eingeführt habe. Auch die Lagerbestände an Desinfektionsmitteln und Schutzkleidung seien frühzeitig erhöht worden, „der zentrale Einkauf ist ständig in Kontakt mit Vertragslieferanten“, für die Mitarbeiter gebe es immer wieder Schulungen. Alle Mitarbeiter „tragen permanent Schutzmasken“. Sollte ein Infektionsfall eintreten, dann – das sagen auch alle anderen Befragten – werde der Bewohner sofort isoliert. Für die Bewohner denken sich die Mitarbeiter zusätzliche Unterhaltungsmöglichkeiten aus, so habe das Saarbrücker Haus „zu Ostern Grußfotos der Bewohner an die Angehörigen verschickt.“

Die Awo betreibt neun Seniorenheime im Regionalverband. Ausreichend Masken und Schutzkleidung habe man nur, „weil wir als Träger alle Anstrengungen unternehmen, dies auf einem knappen und überteuerten Markt zu organisieren“, so Pressesprecher Jürgen Nieser, „aber die Politik muss dringend für Rahmenbedingungen sorgen, die einen Nachschub zeitnah ermöglicht.“ Ob ein kranker Bewohner in eine Klinik verlegt wird, „ist eine individuelle Entscheidung, die federführend durch den Hausarzt, gegebenenfalls in Abstimmung mit den Angehörigen auf Basis einer Patientenverfügung oder des mutmaßlichen Willens des Bewohners getroffen wird.“

 Alle Awo-Mitarbeiter der stationären Pflege seien bereit, auch in den besonders betroffenen Einrichtungen zu unterstützen, „viele verzichten auch auf Urlaub, freie Tage und Wochenenden. Dafür ist die Awo sehr dankbar.“ Zudem hätten sich viele Mitarbeiter aus anderen Bereichen (Eingliederungshilfe, Verwaltung, Kitas, Jugendhilfe) bereit erklärt, die Arbeit in der Altenhilfe zu unterstützen, den Senioren vorzulesen oder sie zu beschäftigen.

Das Engagement an der physischen wie psychischen Belastungsgrenze in der Pflege werde „leider in unserer Gesellschaft nicht entsprechend wertgeschätzt. Statt den unermüdlichen Einsatz zu würdigen, wird nach Fehlern gesucht, Bürokratie ausgeweitet und werden Prüfungen vorgenommen.“ Die Awo versuche die Belastung durch eine gute Personalisierung abzufangen und biete seelsorgerische Unterstützung in besonders belasteten Einrichtungen.

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