Bundespräsident a. D. spricht mit SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst „Die Saarländer haben dazu beigetragen, dass ich Bundespräsident wurde“ - Joachim Gauck im Gespräch bei der Villa Lessing (mit Video)

Saarbrücken · Bundespräsident a. D. Joachim Gauck sprach am Abend im Festsaal des Saarbrücker Schlosses über den Zusammenhalt der Gesellschaft. Dabei plaudert er auch über seine Zeit im Saarland.

Joachim Gauck, ehemaliger Bundespräsident

Joachim Gauck, ehemaliger Bundespräsident

Foto: BeckerBredel

Wer hätte das gedacht? Dass Joachim Gauck, Bundespräsident von 2012 bis 2017, Mitte der 1950er Jahre, wenn man so will, quasi im Saarland politisiert worden ist, räumte der 83-Jährige am Donnerstagabend auf Nachfrage von SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst ein. Die Frage stand gleich am Anfang des fast zweistündigen Gesprächs von Herbst mit dem Ex-Bundespräsidenten vor vollem Haus im Saarbrücker Schlossfestsaal. Dazu eingeladen hatte die Villa Lessing.

Gauck fand im Saarland zur Politik

Wie aber konnte Gauck, 1940 in Rostock geboren und in der DDR aufgewachsen, ausgerechnet in Saarbrücken zur Politik finden? Er habe hier, holte der frühere Bundespräsident aus, im Sommer ’55 – nur wenige Monate vor der Saarstatut-Abstimmung vom 23. Oktober 1955, die zur Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik führte –, bei einem mit seinen Eltern bekannten Saarbrücker Tierarzt die Sommerferien verbracht. Als 15-Jähriger sei er fasziniert gewesen von der Offenheit und Leidenschaft, mit der hier Politik betrieben worden sei. „Ich erlebte hier einen politischen Aufbruch. Hier präsentierten sich Leute mit durchaus kritischen Stellungnahmen und konnten friedlich für die Demokratie streiten“, erinnerte sich Gauck. „So haben die Saarländer dazu beigetragen, dass ich Bundespräsident wurde.“

Herbst rief in Erinnerung, dass Joachim Gauck 2016 – damals als Bundespräsident mit 180 Diplomaten ins Saarland gekommen –, schon einmal auf diese ihn prägende Erfahrung zu sprechen kam. In seiner damaligen Rede im Völklinger Weltkulturerbe hatte Gauck skizziert, weshalb ihn die hitzigen Saarstatut-Debatten im seinerzeit unter französischer Verwaltung stehenden Saargebiet nachhaltig beeindruckten: „Einen so offenen Meinungsaustausch kannte ich überhaupt nicht.“ Dass Frankreich später das Votum der sich bei der Saarabstimmung mehrheitlich gegen das Europastatut aussprechenden Saarländer „hingenommen“ habe, imponiert Joachim Gauck bis heute.

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