Kolumne So kann´s gehen Als Frauen noch durften, was sie mussten

Es gab Zeiten, in denen mussten Frauen zusehen, dass das Essen auf dem Tisch stand, wenn der Mann von der Arbeit kam. Hört sich heute irre an, kommt aber vielleicht alles wieder. . .

Was verlangt man von einer guten Hausfrau? Für viele ist diese Frage schnell beantwortet: Sie muss gut kochen können. Wer aber ein wenig nachdenkt, der merkt, dass zu einer guten Hausfrau sehr viel mehr gehört. Sie muss alle Zweige des Haushalts verstehen: Kochen, Putzarbeiten, Waschen, Flicken, Bügeln, Nähen, Einkaufen und vieles mehr.

Das trau ich mich zu schreiben, nachdem gerade der offizielle Gleichstellungsbericht der Bundesregierung erschienen ist? Ob das mein Ernst ist? Ob ich eigentlich noch sauber ticke? Jesses nein! Sie dachten doch nicht etwa, dass diese Zeilen auf meinem Mist gewachsen sind? Wo denken Sie hin? So etwas würde man mir innerfamiliär schon dermaßen um die Ohren hauen, bis ich mein Kicker-Abo gegen ein Emma-Abo eintauschen würde. Ich habe sie lediglich gelesen, diese Zeilen, und zwar auf Seite 143 des Ratgebers „Hausbuch für die deutsche Familie“. Ein mit wertvollen Tipps und unglaublichem Blödsinn ausgestatteter Wälzer, verfasst im Jahr 1967. Ganze Kapitel widmen sich darin dem Großputz oder den Tischgeräten. Letzteres ein schöner Sammelbegriff für Geschirr, Glas und Besteck, wobei zu beachten war, dass Geschirr „zweckmäßig, schön und leicht zu reinigen“ sein sollte. Dass „schön“ ein sehr dehnbarer Begriff ist, zeigt sich, wenn zu Opas 85. mal wieder das „gute Geschirr“ auf den Tisch kommt.

Viele Seiten im „Hausbuch für die deutsche Familie“ richten sich an die Frau und ihre Aufgaben. Denn der wurde gesagt, dass es „mit der Bewältigung der praktischen Arbeit allein“ nicht getan war. „Was hilft alle Mühe, wenn das Geld nie bis zum Monatsende reicht, wenn der Mann immer erst noch eine halbe Stunde auf das Essen warten muss, wenn er müde von der Arbeit heimkommt. . .“. Toll, das mit dem Essen, oder? Okay, da fühlt man sich als Mann beim Lesen schon irgendwie schlecht und hat das Gefühl, sich bei irgendwem entschuldigen zu müssen. Das musste man Ende der 60er natürlich keineswegs, zumindest nicht laut diesem „Hausbuch“, denn, so steht es darin schwarz auf weiß: „Die Frau hat das Recht und die Pflicht, in eigener Verantwortung den Haushalt zu führen.“ Sie durfte also nicht nur den Haushalt schmeißen, sie musste es sogar. Und sie tat auch gut daran, dieser Pflicht ordentlich nachzukommen, denn: „Der Mann kann die Schlüsselgewalt der Frau beschränken, ja sogar ganz ausschließen. . .“ Heutzutage kann man über derlei präemanzipatorisches Gesabbel lachen oder zumindest den Kopf schütteln.

Und ganz sicher ging es in vielen Familien 1968 bereits weitaus fortschrittlicher zu als in den Köpfen der Verfasser dieses „Hausbuchs“. Aber so lächerlich uns das alles heutzutage scheint, es gibt einem doch zu denken. Denn es ist ja gerade sehr populär, mit arg gestrigem Gedankengut all jene hinter sich zu scharen, die in ihrer geistigen Begrenztheit einer vermeintlich besseren Zeit nachtrauern, einer Zeit,  die sie selbst freilich nicht erlebt haben. Erleben mussten. Also Obacht, sonst wird das „Hausbuch für die deutsche Familie“ vielleicht in ein paar Jahren wieder aufgelegt, um jungen Paaren auf ihrem Weg zu helfen.

Wobei, das mit dem Essen und der halben Stunde und so. . .

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