Szenische Lesung von Harald Klein Als ein Klo im Orient für Aufruhr sorgte
Saarbrücken · Auftakt der „Interkulturellen Wochen“ mit unterhaltsamer Lesung und syrischer Musik in der Stadtbibliothek.
„König“ war der Archäologe Harald Klein, als die ersten Flüchtlinge nach Quierschied kamen, die Bürgermeisterin rief ihn, „wir brauchen Dich!,“ denn mit seinem in siebzehn Berufsjahren erlernten „Pidgin-Arabisch“ konnte er für Verständigung sorgen. „Der König der vier Weltgegenden“ heißt der autobiografische Roman, in dem Harald Klein von seiner Zeit als Archäologe in Syrien erzählt. Viele Jahre gruben er und sein Team sich durch untergegangene Welten aus vorchristlicher Zeit, in einem Land, das es so heute nicht mehr gibt. Krieg und Zerstörung prägen das Bild. Auch der Archäologe musste seine Wirkstätten aufgeben, Erinnerungen an eine letzte Reise 2010 bewogen ihn, sich mal „den Frust von der Seele zu schreiben“ und einen alten und neuen, immer pulsierenden Orient ein wenig auferstehen zu lassen.
Die Saarbrücker Stadtbibliothek bildete den Rahmen für diesen Auftakt der „Interkulturellen Wochen,“ eine szenische Lesung von Harald Klein alias Ari Tur und dem syrischen Theatermann Mwoloud Daoud mit Musik und landestypischem Imbiss. Unter dem Motto „Vielfalt verbindet“ lädt das Zuwanderungs- und Integrationsbüro der Stadt zu einer Reihe von Veranstaltungen ein, die sich den Themen Flucht und Zusammenleben verschiedener Kulturen widmen. Harald Klein erzählt, wie es zu seinem Pseudonym kam, der Name Harald sei für arabische Zungen kaum zu bewältigen, Harry mit aspiriertem „h“ gemahne zu sehr an das arabische Wort für Scheiße, Ari funktionierte und Tur stehe in der sumerischen Keilschrift für klein. Die Wüste bedeute Sterne, Stille, aber nie Einsamkeit oder Ruhe, denn immer seien Beduinen da, die das Gespräch suchten.
Bei aller Schönheit des Orients, wie sehr wünsche man sich oft ein Bad! Im Kapitel „Das sündige Klo“ widmet Ari Tur sich einem Aufruhr, der interkulturelle Konflikt ist einer Unachtsamkeit geschuldet und leicht zu lösen: Das für die westlichen Ausgräber eingerichtete Hockklo sollte so gebaut werden, dass der „Allerwerteste gen Mekka“ zeigt. Daoud macht auch für das des Arabischen unkundige Publikum mehr als deutlich: Das geht gar nicht! Der in Syrien als Regisseur und Schauspieler bekannt gewordene Daoud und Harald Klein/Ari Tur stehen sich im Orientlook gegenüber und lockern den kurzweiligen Vortrag mit Dialogszenen auf. Besonders berührt jedoch die Musik, nicht nur die anwesenden Syrer. Daoud spielt die Laute und erklärt die Wandlungsfähigkeit der Melodien, die dem Gang des Kamels, der Weite des Himmels und dem schnelleren Taktschlag der Stadt folgen. Glänzende Augen im mitklatschenden Publikum, die jungen (geflüchteten) Syrer Tarek al Ali und Bashar Shawa öffnen mit ihrem temperamentvollen Spiel einen emotionalen Zugang zum Orient.