Saarbrücker Russland-Gespräche Saarbrücker Dialog will mehr Annäherung an Russland

Saarbrücken/Otzenhausen · Bei den 5. Saarbrücker „Russland-Gesprächen“ forderten Studenten mehr interkulturellen Austausch und warnten vor einem neuen Kalten Krieg.

 Trotz Putins rechtswidriger Annexion der Krim, Bürgerkrieg in der Ukraine und Ausstieg Russlands aus dem INF-Atomraketen-Abrüstungsvertrag: Deutschland, die EU und Russland sollten mehr Annäherung suchen. Das war – gemessen am Applausbarometer – die fast einhellige Meinung bei den Saarbrücker „Russland-Gesprächen“, zu denen Europe Direct und die Europäische Akademie Otzenhausen am Dienstagabend in den vollbesetzten Saarbrücker Rathausfestsaal eingeladen hatten.

Vor den Besuchern, Russland-Experten sowie zwei Dutzend Studenten aus Deutschland, Belgien und Russland tauchte dabei auch die Frage auf: Wo ist Außenminister Heiko Maas (SPD) in der Russland-Politik? Boris Reitschuster, langjähriger Leiter des Moskauer Büros des Magazins „Focus“ (von 1999 bis 2015), plädierte in seinem einleitenden Vortrag dafür, dass die EU und Russland unter sicherheitspolitischen Aspekten mehr zusammenrücken sollten. Auch wenn Russland alles andere als eine lupenreine Demokratie sei und Menschenrechte missachte.

„Putin will keinen großen Krieg – er ist Geschäftsmann in meinen Augen.Wir müssen lernen, mit ihm umzugehen“, sagte der Journalist und Buchautor. Seine Forderungen an Deutschland und die EU: Mehr Dialog, die Ängste der Russen ernst nehmen, Einigkeit und Wehrhaftigkeit zeigen. „Nicht nur militärisch, sondern auch wirtschaftlich und politisch. Da haben wir sehr viel verlernt“, meinte Reitschuster. Russland sollte umgekehrt Reisefreiheit für Rentner und Studenten ohne Visa in die EU gewähren, so seine Forderung.

Die junge russische Studentin Alla Petrova aus St. Petersburg – eine der Teilnehmerinnen des Seminars an der Europäischen Akademie Otzenhausen – nannte die Wirtschaftsbeziehungen als wichtigsten Aspekt der deutsch-russischen Freundschaft. Dann könnten sich auch in der Politik und anderen Bereichen Fortschritte ergeben. Deutsche Studenten, die St. Petersburg nach eigenem Bekunden als „recht liberale Stadt“ kennengelernt haben, plädierten für mehr interkulturellen Austausch und warnten vor einem neuen Kalten Krieg mit Russland.

Die in Russland geborene Soziologie-Professorin Tatjana Zimenkova von der Hochschule Rhein-Waal meinte: „Es geht nicht um Freundschaft, sondern mehr um Kooperationen“. Den jungen Menschen heute, die nach 70 Jahren Frieden in Europa von den Gefahren der „Zerbrechlichkeit der Geschichte“ nichts wüssten, gehe es in erster Linie darum, dass die Welt und die Wirtschaft funktionierten.

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