Kritik an OB Uwe Conradt „Guerilla-Gärtner“ wollen Saarbrücken grüner machen – aber haben Probleme mit der Stadt

Saarbrücken · Zuerst haben Christine Thomas und Jan Brosowski heimlich 200 Tulpenzwiebeln vergraben – an der Ecke Mainzer Straße und Arndtstraße. Mittlerweile ist daraus ein kleines, grünes Paradies mitten in der Stadt geworden. Und auch andere folgen ihrem Beispiel, um mehr Grün nach Saarbrücken zu bringen. Doch die Stadt sieht die wilden Gärten nicht nur positiv.

 Guerilla-Gärtner bei der Arbeit: Christine Thomas und Jan Brosowski kümmern sich seit Jahren um einem Grünstreifen an der Ecke Mainzer Straße/Arndtstraße.

Guerilla-Gärtner bei der Arbeit: Christine Thomas und Jan Brosowski kümmern sich seit Jahren um einem Grünstreifen an der Ecke Mainzer Straße/Arndtstraße.

Foto: Iris Maria Maurer

Auch in Saarbrücken prägt viel Asphalt das Stadtbild. Doch es gibt sie, die grünen Oasen. Und zwar nicht nur am Staden oder im Deutsch-Französischen Garten. Sondern sogar mitten auf der Mainzer Straße. Genauer gesagt an der Ecke Mainzer Straße/Arndtstraße. Fast das ganze Jahr über grünt und blüht es dort ordentlich: von Forsythien und Rosmarin über Lavendel und Flieder bis hin zu Tulpen, Rosen und Schwertlilien.

Seit 2011 sind Thomas und Brosowski „Guerilla-Gärtner“

Christine Thomas und Jan Brosowski haben sich dort ihr eigenes kleines Gartenparadies geschaffen. Schon seit 2011 pflegen und bepflanzen sie die Grünanlage vor ihrer Wohnung. Entstanden ist diese Idee mehr aus einer Not heraus. Thomas und Brosowski wohnen schon seit 1998 an jener Ecke. „Mit den Jahren wurde dieser Platz immer verwahrloster“, erklärt Thomas, „wenn man hier wohnt und es im Sommer nach Hundescheiße stinkt, dann findet man das nicht so toll.“ Hinzu kamen Dreck und Abfälle der damals noch dort gelegenen Imbissbude sowie des Taxistandes.

Auch in der Uhlandstraße gibt es eine kleine grüne Insel, Pflanzen, die dem Auge einen erfreulichen Farbtupfer im  Asphaltgrau bieten.

Auch in der Uhlandstraße gibt es eine kleine grüne Insel, Pflanzen, die dem Auge einen erfreulichen Farbtupfer im Asphaltgrau bieten.

Foto: Isabell Schirra/Isabell SCHIRRA

2011 begannen Thomas und Brosowski erste Schritte in Richtung „Guerilla Gardening“ zu unternehmen. Gemeint ist damit die heimliche Aussaat von Pflanzen im öffentlichen und insbesondere im städtischen Raum. Rund 200 Tulpenzwiebeln vergruben sie damals auf der Grünfläche. Und begannen gleichzeitig, die Menschen darüber aufzuklären, „dass da nun Pflanzen wachsen und man da besser nicht rüberlaufen sollte“, wie Christine Thomas sagt, „wir haben die Leute da wirklich einzeln angesprochen“.

Gärten als Gegensatz zur städtischen Verdichtung

Aus dem anfänglichen Guerilla-Projekt ist mittlerweile eine offizielle Patenschaft geworden. Und aus der ehemals schmutzigen Brachfläche ein Garten, der Jahr um Jahr wächst und gedeiht. Den Rand der Grünfläche haben Thomas und Brosowski mit Büschen bepflanzt, um zu verhindern, dass ihnen Mensch oder Hund durchs Beet trampeln. Und sogar einen kleinen Komposthaufen haben sie angelegt. Die Kosten für all das tragen Thomas und Brosowski selbst, beim Café Steigleiter unterstützt man sie mit Wasserspenden fürs Gießen.

 Die Biotonne findet sich in der Uhlandstraße passenderweise gleich neben dem Grün.

Die Biotonne findet sich in der Uhlandstraße passenderweise gleich neben dem Grün.

Foto: Isabell Schirra/Isabell SCHIRRA

Für Christine Thomas und Jan Brosowski ist ihr Garten allerdings mehr als eine private Oase oder Freizeitspaß. Sie sehen darin vor allem auch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. „Je mehr Grün, je mehr Bäume, je mehr Büsche in einer Stadt existieren, desto weniger wird sich die Stadt aufheizen“, betont Thomas. Ihr Garten sei ein „Gegensatz zu dem, was die Stadt sonst so macht“, findet Brosowski. Schließlich sei das große Stichwort im Moment Verdichtung.

 Ganz ohne Verbote geht es offenbar nicht – auch bei Guerilla-Gärtnern.

Ganz ohne Verbote geht es offenbar nicht – auch bei Guerilla-Gärtnern.

Foto: Isabell Schirra/Isabell SCHIRRA

Warum die Gärtner Konflikte mit dem Ordnungsamt haben

Auf diesen Umstand blickt Brosowski mit Sorge. „Mehr Menschen auf engerem Raum bedeutet, dass es heiß und unangenehm wird“, sagt er, „stattdessen sollte man die Freiflächen sinnvoll nutzen, begrünen und vor allem auch den Bürgern Freiheiten geben.“ Leute, die sich ebenfalls für Urban Gardening interessieren, etwas für ihre Stadt tun wollen, gebe es nämlich genug, sagt Brosowski. Und ergänzt: „Nur sehen die sich mit einem engen Korsett aus Regeln konfrontiert“.

So stehen Christine Thomas und Jan Brosowski auch mit weiteren Guerilla-Gärtnern aus der Mainzer Straße und der Uhlandstraße etwa in Kontakt. Immer wieder gebe es dort Konflikte mit dem Ordnungsamt. Etwa weil Anwohner „ihre“ Baumscheiben mit Backsteinen begrenzen, um so das Davonrutschen von aufgeschütteter Erde zu verhindern. Seitens der Stadt redet man von Verletzungsgefahr. Jan Brosowski urteilt: „Diese Steine sind niedriger als der Bürgersteig!“.

Kritik an tauben Ohren bei OB Uwe Conradt

Bei der öffentlichen Diskussionsrunde zu den Mainzer Hoffesten habe sie diese Probleme gegenüber dem Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) auch angesprochen, sagt Christine Thomas. Und sei dabei auf taube Ohren gestoßen. Ein Unding, wie sie findet. „Diese Menschen wollen ja eigentlich nur, dass es in unserer Stadt schöner aussieht“, sagt sie, „das sollte man fördern und nicht noch zusätzlich erschweren“. Vom Mehrwert, die diese Grünflächen der städtischen Atmosphäre bringen, kann sich indes jeder ganz leicht selbst überzeugen. Dazu braucht es nur einen kleinen Spaziergang. Etwa zur Ecke Mainzer Straße/ Arndtstraße.

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