Datenschutzzentrum zieht Bilanz Wenn Mitarbeiter überwacht werden

Saarbrücken · Die Zahl der Beschwerden beim Saar-Datenschutzzentrum hat seit Inkrafttreten der neuen Verordnung zugenommen.

 Heimliche Video-Überwachung im Job ist nur in seltenen Fällen erlaubt – etwa wenn der konkrete Verdacht einer Straftat besteht und nur als letzte Maßnahme, sagt die Landesbeauftrage für Datenschutz.

Heimliche Video-Überwachung im Job ist nur in seltenen Fällen erlaubt – etwa wenn der konkrete Verdacht einer Straftat besteht und nur als letzte Maßnahme, sagt die Landesbeauftrage für Datenschutz.

Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/Jens Büttner

Dem Mitarbeiter einer Pizza-Bäckerei ist der Kragen geplatzt. Nichtsahnend hatte er Bestellungen entgegengenommen und Fladenbrote für den Kurierfahrer verpackt. Dann kam plötzlich der Anruf seines Chefs: Warum er nicht die Schürze mit den Firmenfarben trage und dass ihm die Arbeit gefälligst ein wenig flotter von der Hand zu gehen habe. Beim Blick durch den Raum fiel dem Mitarbeiter auf, dass in einer etwas versteckten Ecke eine Videokamera installiert worden war, die er vorher nicht bemerkt hatte. Ein Fall für das Unabhängige Datenschutzzentrum Saarland, bei dem sich der Pizza-Mann prompt beschwerte. „Hier war die Sachlage klar, die Kamera musste abgebaut werden“, erinnert sich Monika Grethel, Landesbeauftragte für den Datenschutz.

„Das Beispiel zeigt, dass die Sensibilität beim Umgang mit Informationen, die Mitarbeiter von Firmen und Behörden persönlich betreffen, zugenommen hat, seit die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Mai vergangenen Jahres in Kraft getreten ist.“ Diese Bilanz zieht Jörg Zarth, zuständig für den Beschäftigtendatenschutz beim Saar-Datenschutzzentrum. „Die Zahl der Beschwerden ist seitdem spürbar gestiegen.“

 Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Monika Grethel

Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Monika Grethel

Foto: LfDI

In der Tat „spielt die Video-Überwachung in vielen Fällen eine zentrale Rolle“, weiß Zarth. „Denn die Kosten für die Installation und den Betrieb einer solchen Anlage, sind in den vergangenen Jahren spürbar gesunken.“ Aber die juristischen Hürden sind hoch. „Nur wenn die Videoüberwachung durch eine Rechtsgrundlage gedeckt ist, darf eine Kamera mitlaufen“, sagt er. „Doch das ist immer die letzte Maßnahme, wenn sonst nichts mehr fruchtet“, betont Grethel. Eine solche Rechtsgrundlage könnten Sicherheitsaspekte sein, wenn zum Beispiel in einem bestimmten Laden häufiger eingebrochen wurde oder sich wertvolle Ware im Raum befindet. Rechtsgrund könne auch der konkrete Verdacht eines Firmeninhabers sein, dass gestohlen wird. So war einem Restaurantbesitzer aufgefallen, dass in seiner Küche wesentlich mehr Mahlzeiten gekocht als den Gästen serviert und abgerechnet wurden. Er kündigte daraufhin an, dass er eine Videokamera installieren wolle, um aufzuklären, wohin das Essen verschwinde. „Oft reicht eine solche Ankündigung schon, um den unrechtmäßigen Warenschwund zu stoppen“, sagt Datenschutz-Experte Zarth. „Zudem darf die Überwachung nicht dauerhaft sein und die Daten müssen innerhalb einer erforderlichen Frist gelöscht werden – in der Regel zwischen 48 und 72 Stunden.“

Mit der technischen Entwicklung verändern sich auch Themenfelder im Beschäftigten-Datenschutz. So sei die Überwachung von Telefonkontakten, um hohen Telekommunikationskosten auf die Spur zu kommen, „in Zeiten von Flatrate-Tarifen kein großes Thema mehr“, sagt Grethel. Vergrößert habe sich hingegen das Konfliktpotenzial bei der privaten Nutzung des Internets während der Arbeit oder beim Einsatz des dienstlichen E-Mail-Accounts für familiäre oder ehrenamtliche Zweck. „Hier hilft häufig eine Betriebsvereinbarung, um zu klären, was erlaubt ist und was nicht“, raten die Datenschutz-Experten. Wenn nur die dienstliche Nutzung gestattet ist, könne der Arbeitgeber den E-Mail-Verkehr kontrollieren. „Stößt er hierbei auf Mails, die eindeutig privaten Charakter haben, ist deren Inhalt jedoch tabu. Sie dürfen nicht gelesen werden“.

Beim Recht am eigenen Bild auf der Firmenseite sei die Sache ebenfalls recht klar. „Wenn ein Foto nicht erwünscht ist, muss es entfernt werden“, betont Grethel. „Das gilt besonders dann, wenn jemand das Unternehmen verlässt.“ Eine Lösch-Ausnahme gelte für Bilder mit Dokumentationscharakter – zum Beispiel bei Gruppenfotos anlässlich eines Firmenjubiläums. „Hier stehen die Chancen, dass einige Köpfe nachträglich unkenntlich gemacht werden, eher schlecht“.

Groß im Kommen ist auch die Satelliten-Überwachung von Firmenautos durch GPS. „Hier ist der Zweck des GPS-Einsatzes entscheidend“, sagt Zarth. „Wird auf diese Weise eine Pkw-Flotte sinnvoll gesteuert, um Leerfahrten zu vermeiden, kann die permanente GPS-Überwachung sinnvoll sein – wenn nur zwei Autos im Einsatz sind, eher nicht.“ Außerdem müsse der GPS-Einsatz „zweckbezogen sein“. Es dürfe nicht jede technische Möglichkeit genutzt werden – wie beispielsweise die Kontrolle des Fahr- und Bremsverhaltens oder das Dokumentieren von Geschwindigkeitsüberschreitungen.

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