Prognose des Sachverständigenrats „Wirtschaftsweise“ bleiben bedingt zuversichtlich

Berlin · Der Sachverständigenrat rechnet zwar weiter mit einem spürbaren Wachstum, korrigiert seine Erwartungen aber etwas nach unten.

 Laut dem Wirtschaftsgremium könnte eine dritte Infektionswelle fatale Folgen haben – insbesondere dann, wenn die Industrie betroffen wäre.

Laut dem Wirtschaftsgremium könnte eine dritte Infektionswelle fatale Folgen haben – insbesondere dann, wenn die Industrie betroffen wäre.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Trotz großer Impfprobleme und womöglich noch länger andauernder Corona-Einschränkungen ist der Sachverständigenrat der „Wirtschaftsweisen“ vergleichsweise optimistisch für die weitere Konjunkturentwicklung in Deutschland. Nach ihrem am Mittwoch vorgestellten Gutachten wird die Wirtschaftsleistung „voraussichtlich“ zum Jahreswechsel wieder Vorkrisenniveau erreichen. Ihre Wachstumsprognose korrigierten die Forscher aber etwas nach unten. Nachfolgend die wichtigsten Details im Überblick:

Wie sieht die Prognose konkret aus?

Für 2021 erwartet der Sachverständigenrat, der auch die Bundesregierung berät, ein Wachstum von 3,1 Prozent. Damit sind die Forscher noch etwas zuversichtlicher als die Bundesregierung, die mit einem Plus von drei Prozent rechnet. Im November hatten die Forscher den erwarteten Zuwachs allerdings noch mit 3,7 Prozent beziffert. Für 2022 rechnen sie gar mit einem Plus von vier Prozent.

Woher rührt die Zuversicht?

Ein Treiber des Wachstums könnten „die während der Corona-Krise aufgestauten Konsumbedürfnisse“ sein, heißt es im Gutachten. Mit rund 16 Prozent lag die private Sparquote zuletzt auf Rekordniveau. Ein weiterer positiver Faktor ist die kräftige Nachfrage vor allem in Asien. Nach Angaben der „Wirtschaftsweisen“ Monika Schnitzer haben die deutschen Exporte nach China bereits wieder Vorkrisenniveau erreicht.

Wie glaubwürdig ist die Prognose?

Die Vorhersage steht und fällt mit dem weiteren Verlauf der Pandemie. Das größte Risiko für die Konjunktur sei eine mögliche dritte Infektionswelle, „und zwar dann, wenn sie zu Einschränkungen oder gar Betriebsschließungen in der Industrie führen würde“, erläuterte Gremiumsmitglied Volker Wieland.

In der Prognose wird unterstellt, dass die Wirtschaft spätestens zur Jahresmitte wieder kräftig Fahrt aufnimmt. Würde der Lockdown – ausgelöst etwa durch Virusmutationen – ein weiteres Quartal andauern, würde sich das prognostizierte Wachstum um bis zu einen Prozentpunkt auf nur noch gut zwei Prozent verringern. „Ein zügiger Impffortschritt ist die größte Chance für die Konjunktur“, betonte Gremiumsmitglied Veronika Grimm. Genau daran hapert es jedoch, wenn man etwa an den Wirrwarr um das Vakzin von Astrazeneca denkt.

Was ist für den Arbeitsmarkt zu erwarten?

Je mehr die Pandemie abebbt, desto stärker dürfte sich auch die Kurzarbeit reduzieren. Die Zahl der Arbeitslosen wird nach den Erwartungen der Forscher in diesem und im nächsten Jahr bei jeweils knapp 2,7 Millionen stagnieren. Erst 2022 soll sie auf gut 2,4 Millionen sinken. Das wären aber immer noch rund 160 000 Erwerbslose mehr als vor der Corona-Krise.

Wie steht es um die Staatsverschuldung?

Für 2021 wird mit einem gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizit in Höhe von gut 143 Milliarden Euro gerechnet. Das sind 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Schon im kommenden Jahr soll dieser Wert aber auf 1,5 Prozent sinken. Die Gesamtschulden gemessen an der Wirtschaftsleistung könnten wegen der vielen Corona-Hilfsprogramme auf 70,8 Prozent steigen. Das wären aber immer noch rund zehn Prozentpunkte weniger als nach der großen Finanzkrise im Jahr 2010. Die Stabilitätskriterien der Europäischen Union schreiben eine Quote von 60 Prozent vor, die Deutschland im Jahr 2019 auch erreicht hatte. Wegen Corona sind sie aber ausgesetzt.

Wer sind die „Wirtschaftsweisen“?

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, so die offizielle Bezeichnung der „Wirtschaftsweisen“, ist ein unabhängiges Gremium zur Politikberatung. Es wurde 1963 gegründet und besteht aktuell nur noch aus vier Mitgliedern. Der Vorsitzende Lars Feld war Ende Februar ausgeschieden, nachdem die SPD eine weitere Amtszeit für ihn blockiert hatte.

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