„Will das Saarland die Mobilitätswende?“ „Die Mobilitätswende ist alternativlos“ – kostet aber Zeit

Saarbrücken · Wie sich die Mobilitätswende im Saarland konkret gestalten wird, konnte Verkehrsministerin Petra Berg am Mittwochabend bei einer Veranstaltung der Arbeitskammer noch nicht sagen, dafür kündigte sie eine ganze Reihe Studien an, die zeigen sollen, welche Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes sinnvoll sind.

Um die gesetzten Klimaziele einzuhalten, soll der ÖPNV für Saarländer attraktiver werden. Denn in keinem anderen Bundesland ist die Zahl der zugelassenen Autos pro 1000 Einwohner höher als im Saarland. Welche konkreten Maßnahmen sinnvoll sind, sollen verschiedene Studien zeigen.

Um die gesetzten Klimaziele einzuhalten, soll der ÖPNV für Saarländer attraktiver werden. Denn in keinem anderen Bundesland ist die Zahl der zugelassenen Autos pro 1000 Einwohner höher als im Saarland. Welche konkreten Maßnahmen sinnvoll sind, sollen verschiedene Studien zeigen.

Foto: Ruppenthal

„Will das Saarland die Mobilitätswende?“ – So war die Veranstaltung der Arbeitskammer (AK) am Mittwochabend in Saarbrücken überschrieben. Und Verkehrsministerin Petra Berg (SPD) antwortete: „Ganz klar, uneingeschränkt ja!“ Es sei keine Frage des Wollens. „Die Mobilitätswende ist alternativlos, wenn wir nachhaltiges Leben auch im Saarland möglich machen wollen“, sagte die SPD-Politikerin.

Im Februar 2022 hatte die AK zusammen mit der Vereinten Dienstleistungs­gewerkschaft (Verdi), der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), dem Landesjugendring und dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) zehn denkbare Zielsetzungen für eine Mobilitätswende formuliert. Jetzt, ein Jahr später, haben die beteiligten Akteure in einer Gesprächsrunde mit Ministerin Berg einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen geworfen. Es kristallisierte sich heraus: eine Mobilitätswende braucht Zeit. „Ein Jahr im Verkehrsbereich ist eher eine Sekunde“, sagte Berg. „Man kann in einem Jahr vieles auf den Weg gebracht haben, aber vieles sicher nicht vollendet.“ Konkrete Ergebnisse präsentierte Berg also nicht. Zurzeit binde die Umsetzung des Deutschlandtickets, dessen Verkauf am 3. April startet, viele Kräfte, sagte sie. Priorität sei aber, mehr Menschen mobil zu machen bei weniger Verkehr.

Nirgends gibt es mehr Autos pro Einwohner als im Saarland

Verkehrsministerin Petra Berg (SPD) stellte sich am Mittwochabend in der Arbeitskammer den Fragen zum Thema Mobilitätswende im Saarland.

Verkehrsministerin Petra Berg (SPD) stellte sich am Mittwochabend in der Arbeitskammer den Fragen zum Thema Mobilitätswende im Saarland.

Foto: BeckerBredel

Um die gesetzten Klimaziele zu erreichen, müssten viele Menschen vom Auto weg und stattdessen von umweltfreundlicheren Alternativen überzeugt werden. Denn mit 658 zugelassenen Autos pro 1000 Einwohner im Jahr 2022 lag das Saarland laut Statistischem Bundesamt bundesweit an der Spitze. Um herauszufinden, wie genau sich die Mobilität im Saarland aufteilt, welche Wege Saarländer also mittels ÖPNV, dem Auto oder dem Rad zurücklegen, sei eine Studie in Arbeit, deren Ergebnis im Jahr 2024 vorliegen soll. „Dann können wir passgenau für das Saarland sagen, wo die Bedarfe sind“, sagte sie im Austausch mit Werner Matthias Ried, dem Landesvorsitzenden des VCD, den sie dazu einlud, im kommenden Jahr die Ergebnisse zu diskutieren.

Nicht die einzige Studie, die aktuell zum Thema Mobilitätswende in Arbeit ist. So läuft eine Machbarkeitsstudie, welche Bahnstrecken für eine Reaktivierung infrage kommen und ob das Bahnnetz um ein S-Bahnnetz ausgeweitet werden kann. Die Ergebnisse beider Studien werden im Herbst dieses Jahres vorgestellt, kündigte Berg an.

Außerdem liefe die Ausschreibung eines Klimaschutzkonzeptes parallel zum Klimaschutzgesetz, das kürzlich in erster Lesung im Landtag beraten wurde. „In diesem Konzept werden wir ganz konkrete Maßnahmen benennen, die wir auch fortlaufend überprüfen werden“, sagte Berg. Warum die Maßnahmen in einem Konzept und nicht im Gesetz verankert werden? „Das Konzept gibt uns die Möglichkeit, flexibel zu reagieren, wenn wir merken, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, um die Klimaschutzziele zu erreichen“, sagte Berg. Die Vergabe soll einen Tag nach der zweiten Lesung erfolgen, zeitgleich will das Ministerium mit Vereinen, Verbänden und Institutionen eigene Vorschläge beraten, die in das Konzept miteinbezogen werden sollen. Es soll bis Mitte des Jahres 2024 vorliegen. „Das bedeutet aber nicht, dass wir bis dahin Stillstand haben.“

Finanzierung des ÖPNV nur mit Bundesmitteln stemmbar

Die Finanzierung der Mobilitätswende beschäftigte Moderator Andreas Winters, Geschäftsführer der Flow Mobility GmbH. Er fragte, ob es nicht möglich sei, beispielsweise Geld, das im Haushalt für Straßen vorgesehen ist, stattdessen in den ÖPNV zu stecken? „Die Mittel, die wir im Saarland für den Straßenbau eingestellt haben, reichen noch nicht einmal aus, um den Sanierungsbedarf zu decken“, verneinte Berg. Laut Winters sind Unternehmen in Frankreich ab einer gewissen Größe zu einer Nahverkehrsabgabe verpflichtet, um den ÖPNV in der Gemeinde zu gewährleisten. Hierzulande könnte man eine solche Abgabe nicht verlangen, sagte Berg. „Wir sind im Wesentlichen auf Bundesmittel angewiesen.“

Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende auch im Saarland?

Die Vorsitzende des VCD, Kerstin Haarmann, gab den Impuls, im Saarland ein Bündnis zu gründen, um in der Politik mehr Aufmerksamkeit für das Thema Mobilitätswende zu generieren. Auf Bundesebene habe sich bereits das Bündnis Sozialverträgliche Mobilitätswende aus verschiedenen Umwelt- und Sozialverbänden sowie Gewerkschaften gegründet, in Nordrhein-Westfalen habe es den ersten Zusammenschluss dieser Art auf Landesebene gegeben. Sie regte ein solches Vorhaben auch im Saarland an, zumal viele der Akteure bereits gemeinsam an dem genannten Zehnpunkte-Papier zusammengearbeitet hatten. „Dann kann sich die Landesregierung nicht entziehen und wenn man sich dann gemeinsam mit dem Finanzminister beim Bund für eine bessere Finanzierung einsetzen würde, wäre das ein erster Schritt“, sagt Haarmann. In ihren Augen war es „eine gut besuchte, engagierte Veranstaltung. Man war sich einig darüber, dass im Saarland im Nah- und Fernverkehr noch einiges zu verbessern ist.“

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