Coworking Neue Bürowelt boomt auch im Saarland

Saarbrücken · Es ist nicht wie in Berlin oder Hamburg, doch auch im Saarland eröffnen immer mehr Coworking-Büros – wo man gemeinsam mit anderen arbeitet.

 Marvin Wu (Mitte links) und Yalcin Döner (Mitte rechts) haben im April das Coworking-Büro CoRocket in Saarbrücken eröffnet.

Marvin Wu (Mitte links) und Yalcin Döner (Mitte rechts) haben im April das Coworking-Büro CoRocket in Saarbrücken eröffnet.

Foto: Oliver Dietze

Coworking heißt zusammenarbeiten. Coworking Spaces sind also Orte, wo Menschen zusammenarbeiten. Nicht etwa in derselben Firma, aber zumeist im selben Raum. Freiberufler, Selbstständige und Neugründer sollen sich hier entfalten können – ohne Druck. Schreibtische können flexibel von wenigen Stunden bis mehrere Monate gemietet werden. Hohe Fixkosten sollen damit erstmal ausbleiben. Eine Alternative zum Home-Office, zum Büro daheim. Eine Alternative auch für Menschen, die beruflich oft in anderen Städten unterwegs sind. Coworking Spaces bieten in der Regel einen schnellen Internet- und Stromanschluss, die meisten da­rüber hinaus einen Konferenzraum und die Technik für Präsentationen. Quasi alles, was eine moderne Firma braucht – buchbar per Mausklick.

Die Preise variieren je nach Anbieter. Wer einen Platz im Großraumbüro für eine Stunde mieten möchte, kann etwa mit fünf Euro rechnen. Ein Tag kostet zwischen zehn und 25 Euro. Die Mitgliedschaft kostet rund 100 Euro im Monat – meist heißt das unbegrenzter Zugang zu den Geschäftsräumen während der jeweiligen Geschäftszeiten. Wer sein eigenes Büro haben möchte, muss in etwa mit dem Doppelten rechnen. Die Adresse für den Firmensitz gibt es bei Wunsch gleich obendrauf – auch das kostet natürlich extra.

In den offenen Büros haben Nutzer die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Kontakte knüpfen. Voneinander profitieren. Deshalb sprießen Coworking Spaces in Deutschland vor allem in der Gründermetropole Berlin aus dem Boden. Aber auch im Saarland wächst das Angebot. Eine verlässliche Liste gibt es nicht. Laut Wirtschaftsministerium sind es in etwa zehn Angebote (siehe Info).

In Saarbrücken hat Anfang April am zentralen Beethoven-Platz in Saarbrücken CoRocket eröffnet. Wer an der breiten Fensterfront mit der pinken Rakete entlangschlendert, sieht einen offenen, modernen, hellen Büroraum mit über 20 Arbeitsplätzen. Die roten ergonomischen Bürostühle sind oft aber noch unbesetzt. „Es braucht Zeit, um gut Fuß zu fassen“, sagt Yalcin Döner. Zusammen mit Schulfreund Marvin Wu hat er CoRocket gegründet. Nach dem Abitur vor zwei Jahren haben sich die heute 19- und 20-Jährigen zusammengetan und zunächst die Online-Marketing-Agentur Marvya gegründet. Bevor sie mit ihrem jungen Unternehmen in das Gebäude gezogen sind, wo heute auch CoRocket seinen Sitz hat, haben sich die beiden, wie Döner erzählt, oft in Cafés getroffen. Die Idee, einen Coworking-Space zu eröffnen, für Menschen wie sie selbst, lag dann nahe, sagt er.

Zurzeit sind laut Döner vor allem die geschlossenen Büro- und Meetingräume beliebt. Die haben Isabelle Piwonka und Matthias Thielen ausprobiert. Die beiden Jura-Studenten wollen eine „Law clinic“, eine studentische Rechtsberatung, aufbauen. Für die erste Mitgliederversammlung haben sie sich für den großen Konferenzraum von CoRocket entschieden. Nicht zuletzt weil der moderne Raum – auf gutes Aussehen haben Döner und Wu beim Einrichten offensichtlich Wert gelegt – online besser zu vermarkten ist als die Räumlichkeiten des Asta an der Universität, sagt Piwonka. Ihrem Kollegen Thielen gefällt vor allem, dass er mit den ebenfalls jungen Betreibern auf einer Ebene ist. Beide sind voll des Lobes für die Arbeit der jungen Gründer.

Etwas mehr Erfahrung mit Coworking in Saarbrücken hat der 49-jährige Bernd Pohl. Seinen Coworking-Space, Fase 15, gibt es seit rund einem halben Jahr im Saarbrücker Osten. Nach eigener Aussage zählt Fase 15 derzeit 100 Mitglieder. Täglich sind im Schnitt zwischen 20 und 35 Leute auf den rund 440 Quadratmetern der beiden Etagen im „Open Space“ und „Team Offices“ unterwegs. Hierhin kommen auch Übersetzer und Steuerberater. Schwierig wird es laut Pohl lediglich für Vieltelefonierer.

Saarbrücken mit den Metropolen wie Hamburg oder Berlin zu vergleichen, hält er für Quatsch, „da wir nie diese Strahl- und Anziehungskraft haben werden“, sagt Pohl. Um sich stark positionieren zu können, müsse Saarbrücken Nischen finden.

Seine Einschätzung: „Die Arbeitswelt wird sich in den nächsten zehn  Jahren massiv verändern. Dafür muss noch viel neuer Raum geschaffen und verändert werden“, meint Pohl. Und deshalb soll auch Fase 15 wachsen, und zwar um rund 200 Quadratmeter ab Oktober, wie er ankündigt.

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