Neue Herausforderungen Die saarländische Versicherungsbranche ist im Wandel

Saarbrücken · Nicht nur die Corona-Krise – auch die Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit zwingen die Assekuranz zum Umdenken.

 (Symbolbild)

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Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Die täglich wuchernden und steigenden Datenmengen überfordern immer mehr Branchen, so auch die Assekuranz. Mittlerweile mache sich nach der Euphorie über die schier unbegrenzten Datenflut Ernüchterung breit. Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, forderte am vergangenen Donnerstag beim „Tag der Saarländischen Versicherungswirtschaft“ dringend einen rechtlichen Rahmen für die gemeinsame Nutzung der Daten: „Das ist eine europäische Großbaustelle. Wir brauchen einen Datenschutzrahmen für innovative neue Produkte in unserer Branche.“ Motto der diesjährigen Veranstaltung mit über 220 Teilnehmern, die – ein Novum – erstmals mit dem „Zweibrücker Symposium für Finanzdienstleistungen“ (das inzwischen 22.) zusammengeschaltet war: „Die Versicherungsbranche mit und nach Corona.“

Asmussen sieht die Versicherungsbranche vor gewaltigen Herausforderungen mit zwei Schwerpunkten, die auch vor Corona nicht Halt machten: Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Die rasant zunehmende Digitalisierung schaffe völlig neue Abläufe, verändere die Arbeit. Nachhaltigkeit werde entscheidend für den Unternehmenserfolg. Das gelte vor allem für die milliardenschweren Anlagegelder der Assekuranz, die immer häufiger nachhaltig angelegt werden müssten. Dafür gebe es aber nach wie vor noch zu wenig Möglichkeiten. „Die Versicherer müssen ebenso wie die Gesellschaft grüner werden“, so Asmussen.

Die Corona-Pandemie erfordere von der Versicherungswirtschaft neue Vorsorgeprodukte für die Menschen angesichts der Zunahme der Verwundbarkeit und steigenden Sicherheitsbedürfnisses, sagte Wolfgang Henn, Professor für Humangenetik und Medizinethik an der Saar-Universität. Diese Herausforderung sei gleichzeitig eine große Chance für die Branche – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung der Generation „Ü 60“. Henn sprach sich eindeutig gegen eine Impfpflicht gegen das Corona-Virus aus („Soll und wird es nicht geben“), appellierte aber an eine „moralische Pflicht“. Man müsse damit rechnen, „dass nach der Pandemie vor der nächsten Pandemie ist, Covid-19 wird nicht die letzte sein“.

Praktische Themen wie der künftige Vertrieb standen ebenfalls auf der Tagesordnung. Die Digitalisierung bedeute aber nicht zwangsläufig das Aus für den bisherigen analogen Vertrieb von Versicherungsprodukten. Mit zunehmender Komplexität steige auch der persönliche Beratungsbedarf gerade älterer Menschen: Hier komme etwa der telefonischen Beratung eine wichtige Rolle zu. Junge Menschen bevorzugten dagegen den reinen Online-Kanal zum Abschluss von Versicherungsleistungen.

Laut der Industrie-und Handelskammer (IHK) zählte die saarländische Versicherungsbranche im vergangenen Jahr rund 6000 Beschäftigte, davon 3670 abhängig Beschäftigte und 2270 selbstständige Versicherungsvermittler beziehungsweise -berater. Die Zahl der im Herbst 2020 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge für Versicherungskaufleute lag laut IHK bei 102.

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