Projekt für Schüler Saar-Rentner helfen beim Start ins Berufsleben

Saarbrücken · Der Senior-Experten-Service vermittelt zwischen Schülern, Schulen und Betrieben. In Corona-Zeiten ist das besonders wichtig.

 Die Gemeinschaftsschule Saarbrücken-Güdingen und die Handelskette Globus haben im April mit Unterstützung der Senior Experten einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Vorne am Tisch: Schulleiter Matthias Römer und Birgit Gerber-Schmidt, Personalleiterin bei Globus. Im Hintergrund: Die Schüler Justin Schumacher und Liliana Bächle sowie die Senior-Experten Dietrich Galrichs, Birgit Steiner und Martin Zewe (v.l.).

Die Gemeinschaftsschule Saarbrücken-Güdingen und die Handelskette Globus haben im April mit Unterstützung der Senior Experten einen Kooperationsvertrag unterzeichnet. Vorne am Tisch: Schulleiter Matthias Römer und Birgit Gerber-Schmidt, Personalleiterin bei Globus. Im Hintergrund: Die Schüler Justin Schumacher und Liliana Bächle sowie die Senior-Experten Dietrich Galrichs, Birgit Steiner und Martin Zewe (v.l.).

Foto: Iris Maria Maurer

Die Sorge um einen Ausbildungsplatz nach der Schulzeit haben Liliana Bächle (16) und Justin Schumacher (15) schon mal abgeräumt. Bächle beginnt im Klinikum Saarbrücken auf dem Winterberg am 1. Oktober eine Ausbildung als Pflegefachfrau und Schumacher startet im September eine Lehre als Einzelhandelskaufmann im Globus-Markt im Saarbrücker Stadtteil Güdingen.

In Zeiten von Corona ist es nicht einfach, problemlos einen Ausbildungsplatz zu finden. Schon im vergangenen Jahr schlossen nur 465 200 junge Leute in Deutschland einen neuen Ausbildungsvertrag ab, so das Statistische Bundesamt – 9,4 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Nach Ansicht des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) könnte sich die Situation 2021 noch verschlimmern.

Sowohl Bächle als auch Schumacher büffeln derzeit noch an der Herbert-Binkert-Schule, der Gemeinschaftsschule Saarbrücken-Güdingen, den Stoff, den sie für einen möglichst guten Schulabschluss beherrschen müssen. Dort und an zehn anderen Schulen im Saarland werden diejenigen, die demnächst vom Schul- ins Berufsleben wechseln, von Frauen und Männern betreut, die ihre Arbeitsjahre schon hinter sich haben. Sie sind Rentner oder Pensionäre und wollen ihr Wissen, wie es im Beruf so läuft, an junge Leute weitergeben. Organisiert sind sie im Senior-Experten-Service (SES), einem Netzwerk, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Kompetenz zahlreicher rüstiger Rentner weltweit sinnvoll einzusetzen.

Das SES-Schulprogramm leitet Dietrich Garlichs von Bonn aus. Er organisiert die ehrenamtlichen Helfer, „die den jungen Menschen den Start ins Berufsleben erleichtern sollen“. An der Herbert-Binkert-Schule ist das Birgit Steiner. Seit drei Jahren hält sie dort regelmäßig Sprechstunden ab, die vorher in den Klassen ab der Stufe 8 angekündigt werden. „Zunächst frage ich die jungen Leute, welche Berufsbilder ihnen vorschweben, welche Neigungen und woran sie Freude haben“, erzählt Steiner. „Danach rücken Wunsch und Wirklichkeit schon näher aneinander.“ So habe ein junger Portugiese unbedingt Hufschmied werden wollen, weil dies in seiner portugiesischen Heimatregion ein angesehener Beruf sei und er gerne Tiere versorgen wolle. Am Ende einigten sie sich auf eine Ausbildung auf einem Bauernhof. Auch die künftige Pflegefachfrau Liliana Bächle hat Steiner beraten. „Wir stellten gemeinsam die Bewerbungsmappe zusammen und bereiteten uns auf das Einstellungsgespräch vor“. Zu ihrer Tätigkeit gehört auch der eine oder andere Anruf in einen Ausbildungsbetrieb, „um auszuloten, was geht und wo Bedarf besteht“.

SES-Schulprogramm-Koordinator Garlichs weiß, „dass der Berufsstart junger Leute oft mit großen Schwierigkeiten verbunden ist“. Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund „fehlen oft ausreichen Deutschkenntnisse, andere wiederum haben kaum eine Vorstellung, was sie in der Arbeitswelt erwartet“. Die SES-Experten „helfen den jungen Leuten dabei, den Schulabschluss zu schaffen, Betriebspraktika und Ausbildungsplätze zu finden und unterstützen sie beim Bewerbungsverfahren“. Die Fachleute stünden ihnen auch noch während der Ausbildung zur Verfügung. „Dieser Aufwand übersteigt oft die Möglichkeit der Schule und des Lehrerkollegiums“, sagt Garlichs.

Matthias Römer, Leiter der Güdinger Gemeinschaftsschule, ist dankbar für die SES-Unterstützung. Seit einem Jahr ist er dort der Chef, und er hat sich vorgenommen, „unsere Schülerinnen und Schüler möglichst früh auf den Start in Berufsleben vorzubereiten“. Die meisten verlassen seine Schule nach den Klassenstufen 9 oder 10, „und sie sollten dann schon wissen, wie es weitergeht“. Bereits in der 7. Klasse „beginnt die Orientierungsphase“. Im Unterricht würden einzelne Berufsbilder vorgestellt. Außerdem verfüge die Schule über eine Werkstatt, wo die jungen Leute Metall oder Holz bearbeiten und ausloten können, „ob ihnen das Handwerkliche Freude macht“.

Um den Übergang zwischen Schule und Beruf noch reibungsloser vonstatten gehen zu lassen, will Römer Kooperationsverträge mit Unternehmen in Saarbrücken abschließen, um Praktika und Ausbildungsplätze „noch schneller und effektiver vermitteln zu können“.

Den ersten hat er kürzlich mit dem Güdinger Globus-Markt unter Dach und Fach gebracht. Die Partner haben unter anderem vereinbart, dass sie „gemeinsam Kooperationsformen und Projekte entwickeln, die dazu beitragen, das Interesse der Schülerinnen und Schüler an der Wirtschafts-, Arbeits- und Berufswelt aufzubauen“. Birgit Gerber-Schmitt, Personalchefin bei Globus in Güdingen, verspricht sich davon, „dass die jungen Leute, die bei uns anfangen wollen, schon wissen, was sie erwartet“. Die Aufstiegschancen bei dem saarländischen Handelskonzern seien gut. „Wer offen, motiviert und engagiert ist, kann bei uns in der Hierarchie weit kommen.“

Globus unterstützt mit seiner Stiftung in Zukunft außerdem die Schulaktivitäten des SES. „Wir wollen die Zahl der Schulen, in denen unsere Experten junge Leute betreuen können, spürbar erweitern“, sagt Martin Zewe, der das SES-Regionalbüro Saarland leitet. Eine Verdoppelung von zehn auf 20 Schulen schwebt ihm vor. Allerdings reichen die 25 SES-Vertreter, die derzeit im Saarland die jungen Leute betreuen, dann nicht mehr aus. „Wer sich eine solche Aufgabe zutraut, kann sich gerne melden“, sagt Zewe.

Schulen und (Un)Ruheständler, die sich für das Projekt interessieren, können den saarländischen SES-Koordinator Martin Zewe kontaktieren, Telefon (0175) 1 53 61 95, E-Mail: m.zewe@ses-buero-saarbruecken.de.

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