SZ-Telefonratgeber zum Thema Urlaubsanspruch Was beim Thema Jahresurlaub wirklich gilt

Samia Wenzl von der Arbeitskammer des Saarlandes räumt in einer SZ-Telefonaktion mit Mythen rund um den Anspruch auf Urlaub auf.

 Viele Deutsche verbringen ihren Jahresurlaub im Süden.

Viele Deutsche verbringen ihren Jahresurlaub im Süden.

Foto: dpa/Clara Margais

Wieviel Urlaub steht mir zu, wenn vertraglich nichts geregelt wurde?

WENZL Wenn weder eine arbeitsvertragliche Regelung existiert noch ein Tarifvertrag Anwendung findet, stehen Ihnen als Minimum 24 Werktage Urlaub im Jahr zu. Dies entspricht vier Wochen. Diesen Anspruch haben auch Teilzeitkräfte, und zwar auch dann, wenn sie nur geringfügig auf 450-Euro-Basis arbeiten. Einen höheren gesetzlichen Urlaubsanspruch haben Jugendliche sowie schwerbehinderte Menschen.

Verfällt mein Urlaub, wenn ich ihn nicht bis zum Jahresende nehme?

WENZL Nicht automatisch. Zwar muss Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Jedoch müssen Arbeitgeber nach der neuesten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Arbeitnehmer auf offene Urlaubsansprüche und einen drohenden Verfall der Ansprüche hinweisen und sie in die Lage versetzen, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Geschieht dies nicht, kann sich Ihr Arbeitgeber nicht auf einen Verfall des Urlaubs berufen. Stellen Sie hingegen trotz eines rechtzeitigen Hinweises Ihres Arbeitgebers keinen Urlaubsantrag, droht ein Urlaubsverfall zum Jahresende. Es erfolgt auch keine automatische Übertragung des Urlaubs bis zum 31. März des Folgejahres. Diese sieht das Bundesurlaubsgesetz nur vor, wenn dringende betriebliche oder persönliche Gründe dafür vorliegen. Längere gesetzliche Übertragungsfristen gelten in Sonderfällen wie Mutterschutz oder Elternzeit. Außerdem kann Urlaub über das Jahresende hinaus auf das gesamte Folgejahr übertragen werden, wenn das Arbeitsverhältnis erst in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres begann. Daneben sehen Tarifverträge häufig längere Übertragungsmöglichkeiten vor als das Gesetz.

Wie lange ist mein Urlaub im Falle längerer Krankheit übertragbar?

WENZL Kann Urlaub krankheitsbedingt nicht im laufenden Kalenderjahr genommen werden, verfällt er gemäß der einschlägigen Rechtsprechung spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahres. Somit verfällt beispielsweise Ihr Urlaub aus dem Jahr 2018 am 31. März 2020, wenn Sie ihn bis dahin krankheitsbedingt nicht nehmen können. Diese Übertragungsfrist gilt zumindest für den gesetzlichen Mindesturlaub. Ist Ihr Urlaubsanspruch höher als das gesetzliche Minimum, verfällt dieser übergesetzliche Teil des Urlaubs, falls arbeits-oder tarifvertraglich hierfür eine kürzere Übertragungsfrist vereinbart wurde. Existiert keine derartige Vereinbarung, bezieht sich die Übertragungsfrist von 15 Monaten auf den gesamten Urlaub.

Darf Urlaub für krankheitsbedingte Ausfallzeiten oder für die Dauer der Mutterschutzfrist gekürzt werden?

WENZL Nein, weder für krankheitsbedingte Ausfallzeiten noch für die Dauer der Mutterschutzfristen ist eine Kürzung des Urlaubsanspruchs statthaft. Anders verhält es sich bei der Elternzeit. Hier ist eine Kürzungsmöglichkeit für jeden vollen Monat Elternzeit gesetzlich geregelt. Daneben erlaubt die aktuelle Rechtsprechung Arbeitgebern eine Kürzung von Urlaub für Zeiten eines längeren unbezahlten Sonderurlaubs, beispielsweise wenn die Arbeitsvertragsparteien ein sogenanntes Sabbatjahr vereinbart haben.

Bis wann muss über einen Urlaubsantrag entschieden werden?

WENZL Eine klare Frist ist gesetzlich für diesen Fall nicht geregelt. Das heißt jedoch nicht, dass Arbeitnehmer bis zum Urlaubsantritt bangen müssen, ob ihr Urlaubsantrag genehmigt wird. Vielmehr müssen sich Arbeitgeber gemäß einschlägiger Rechtsprechung innerhalb einer angemessenen Frist äußern, ob sie dem Urlaubsantrag stattgeben oder nicht. Als angemessene Zeitspanne wird in der Regel ein Zeitraum von einem Monat nach Vorlage des Urlaubswunsches oder der Erstellung eines Urlaubsplanes angesehen. Wird der Antrag nicht innerhalb dieses Zeitraumes abgelehnt, kann ein Arbeitnehmer grundsätzlich davon ausgehen, dass sein Urlaubsantrag genehmigt ist.

Kann ich in Urlaub fahren, wenn mein Urlaubsantrag ohne nachvollziehbare Gründe abgelehnt wurde?

WENZL Es ist dringend davon abzuraten, trotz einer Ablehnung des Urlaubsantrags einfach der Arbeit fern zu bleiben. Zwar müssen Arbeitgeber gemäß der eindeutigen Regelung im Bundesurlaubsgesetz die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs grundsätzlich berücksichtigen und dürfen den Antrag nur aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen oder wenn andere Arbeitnehmer aus sozialen Gründen bei der Urlaubsgewährung Vorrang genießen. Eine Selbstbeurlaubung ist jedoch nicht zulässig und kann Anlass für eine Abmahnung oder gar Kündigung sein. Wurde Urlaub ohne nachvollziehbare Gründe abgelehnt, muss notfalls der Klageweg – in Eilfällen über einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz – eingeschritten werden, wenn der betroffene Arbeitnehmer auf einer Genehmigung seines Urlaubsantrags besteht.

Gehen Urlaubsansprüche eines Arbeitnehmers auf seine Erben über, wenn er stirbt, bevor er seinen Urlaub nehmen konnte?

WENZL Ja. Das Bundesarbeitsgericht entschied hierzu kürzlich, dass die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers grundsätzlich eine finanzielle Vergütung für dessen nicht genommenen Jahresurlaub verlangen können. Bislang hatte es die Auffassung vertreten, ein Urlaubsanspruch gehe grundsätzlich unter und gehe nicht auf die Erben über, wenn der Arbeitnehmer während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses verstirbt. Eine Vererbbarkeit war bislang lediglich für den Fall angenommen worden, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt seines Todes bereits aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war und aus der Zeit des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Abgeltung für nicht genommenen Urlaub offen waren.

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