Saarländische Bauern sollen wie gewohnt wirtschaften können Saarland geht eigenen Weg beim Insektenschutz

Saarbrücken · Umweltminister Jost will noch diesen Monat ein eigenes Gesetz auf den Weg bringen. Lob kommt von Bauern und Umweltschützern. Nur den Grünen im Land passt das nicht.

 Das vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzespaket zum Insektenschutz stellt artenreiches Grünland, wo sich etwa Hummeln tummeln, unter Biotopschutz. Im Saarland dürften demnach rund 13 600 Hektar Gründland-Fläche nicht mehr bewirtschaftet werden.

Das vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzespaket zum Insektenschutz stellt artenreiches Grünland, wo sich etwa Hummeln tummeln, unter Biotopschutz. Im Saarland dürften demnach rund 13 600 Hektar Gründland-Fläche nicht mehr bewirtschaftet werden.

Foto: Getty Images/iStockphoto/schnuddel

Die saarländischen Bauern dürfen ihre Wiesen auch künftig genauso nutzen, wie sie es bisher gewohnt waren. Das versichert der saarländische Umweltminister Reinhold Jost (SPD), nachdem das Bundeskabinett diese Woche ihr neues Gesetzespaket zum Insektenschutz beschlossen hat (wir berichteten). In der Vorlage für ein geändertes Bundesnaturschutzgesetz ist vorgesehen, dass artenreiches Grünland und Streuobstwiesen gesetzlich unter Biotopschutz gestellt werden sollen. Das würde für das Saarland zur Folge haben, dass rund 13 600 Hektar Grünland-Fläche kaum noch bewirtschaftet werden dürften – und damit 31 Prozent des gesamten saarländischen Grünlandes.

„Das können wir nicht hinnehmen“, sagt Jost. Er will einen Teil dieser Flächen im saarländischen Naturschutzgesetz unter besonderen Schutz stellen, was bedeutet, dass sie von den Landwirten weiter wie gewohnt bewirtschaftet werden dürfen. Die dafür notwendige Gesetzänderung will Jost unter Dach und Fach haben, bevor das Bundesgesetz in Kraft tritt. Das Saar-Regelwerk soll noch im Februar von der Landesregierung beraten und beschlossen werden. Danach beschäftigt sich der Landtag damit. Jost geht davon aus, dass diese Änderungen im Naturschutzgesetz des Landes schon im Mai verabschiedet werden und Gesetzeskraft erlangen können. Mit dem Bundesgesetzgeber kommt das Land nicht in Konflikt, weil Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) eine Öffnungsklausel im neuen Gesetz haben will, die den Ländern eigene Regelungen ermöglicht.

 Der saarländische Umweltminister Reinhold Jost (SPD)  will den Bundesbeschluss nicht hinnehmen.

Der saarländische Umweltminister Reinhold Jost (SPD)  will den Bundesbeschluss nicht hinnehmen.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Zuvor muss noch genau geklärt werden, wie viel Grünland unter die Veränderung fallen soll. Dazu zählen auf jeden Fall die besonders schützenswerten A-Flächen, die im Saarland rund 2000 Hektar umfassen. Hinzu kommt ein Teil der B-Flächen, die sich über 6600 Hektar erstrecken und in Sachen Artenreichtum ebenfalls hochwertig sind. Welche B-Flächen das sind, soll in Kürze festgelegt werden. Die übrigen B- und die C-Flächen, die 5000 Hektar umfassen und immer noch als „wertvoll“ eingestuft werden, sollen von den Bauern ebenfalls bearbeitet werden können wie sie es gewohnt sind. Doch der Zustand der Wiesen „darf auf keinen Fall verschlechtert, sondern muss verbessert werden“, sagt Jost „Sie werden nicht zur Ausbeutung freigegeben.“

Die saarländischen Landwirte und die Naturschutzverbände begrüßen das Vorgehen des Umweltministers. Ohne diesen saarländischen Sonderweg „könnten die Bauern viele Wiesen kaum noch nutzen“, sagt Alexander Welsch, Hauptgeschäftsführer des Bauernverbandes Saar. „Der Bewegungsspielraum der Landwirte würde erheblich eingeschränkt und die Rinderzucht spürbar erschwert. Die Bauern brauchen das Gras, um ihre Tiere zu füttern.“ Wenn sie dies nicht dürften, „werden weniger Lebensmittel im Saarland hergestellt und müssen importiert werden“, erinnert Welsch. „Ob das ökologisch besser ist, darf bezweifelt werden.“

Valentin Puhl, Sprecher der Bauernbewegung „Land schafft Verbindung“, geht davon aus, dass unter den strengen Vorgaben des neuen Bundesnaturschutzgesetzes viele Bauern ihre Wiesen überhaupt nicht mehr bewirtschaften würden. Viele Flächen würden zu Brachland, was zur Folge habe, dass sich auf diesen Flächen Sträucher und Bäume ausbreiten würden. „Die offenen Landschaften verschwinden.“ Damit werde dem Insektenschutz ein Bärendienst erwiesen, weil viele Insektenarten solche Räume meiden würden.

Auch der Landesverband Saarland des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) will, dass die Bauern das Grünland weiter bewirtschaften dürfen. „Wir wollen einen Kompromiss zwischen der Landwirtschaft und dem Naturschutz finden“, sagt Julia Michely, Vorsitzende des Nabu Saarland. Wie dieser Kompromiss aussehen könnte, soll in einem mehrjährigen Monitoring-Prozess geklärt werden. „Dort kann man sich unter anderem darüber verständigen, wann und wie oft die Wiesen gemäht werden können“, nennt sie als Beispiel. Michely spricht sich zudem dafür aus, die Landwirte zu entlohnen, wenn sie ihre Wiesen nicht mehr so intensiv nutzen wollen wie bisher. „Die Bauern sollen sich nicht in die Ecke gedrängt fühlen“, sagt sie.

Auch der Landesverband Saar des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), begrüßt den von Jost angestoßenen saarländischen Sonderweg. Damit werde im Saarland ein Weg gefunden, „der die weitere extensive und wirtschaftlich tragfähige Bewirtschaftung der Flächen durch unsere Landwirte ermöglicht und trotzdem den hohen ökologischen Wert dieser Flächen stabilisiert“.

Für die saarländischen Grünen hingegen weicht Jost den „Minimalkompromiss“ der Bundesregierung weiter auf „und lässt artenreiches Grünland für Insekten ungeschützt“. Mit Symbolpolitik „wie der Wildblumenwiese und dem Insektenhotel vor dem Umweltministerium werden sich unsere Insekten nicht retten lassen“, sagt die Generalsekretärin der Saar-Grünen, Barbara Meyer-Gluche.

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