Angespannte Zeiten in der Saar-Wirtschaft Wirtschaftsminister Barke gibt Updates – so steht es um SVolt und die Ford-Verhandlungen
Saarbrücken · Jürgen Barke, Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident, wirbt um das Vertrauen der Saarländerinnen und Saarländer inmitten der wohl größten Veränderungen, die das Bundesland in seiner Geschichte durchmacht. Im Sommergespräch mit ihm ging es deswegen auch um die Stahlindustrie, Ford und die Chipproduktion.
Viele Menschen sind im Augenblick überfordert und voller Sorgen: „Wir haben angespannte Zeiten: Krieg in Europa, Angst um Arbeitsplätze, hohe Inflation und Energiekosten. Das sind schwierige Rahmenbedingungen. In einem solchen Umfeld braucht der Mensch Perspektiven und nicht nur Geschwätz“, sagte Jürgen Barke, Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident, am Freitag im traditionellen Sommergespräch in der Staatskanzlei.
Saarland: Großbaustellen laut Barke auf gutem Weg
An der Saar werde in der Folge derzeit an vielen Stellen versucht, positive Fakten zu schaffen, die es den Menschen ermöglicht, auch auf Dauer im Saarland bleiben zu können. Vom milliardenschweren Umbau der Stahlindustrie über die Ansiedlung neuer Branchen wie etwa der Halbleiter- und Batteriezellenproduktion durch Wolfspeed und SVolt mit völlig anderen Anforderungen an die künftigen Beschäftigten. Bis hin zum Aufbau eines neuen Netzes an Qualifikation und Weiterbildung in enger Zusammenarbeit mit den Hochschulen sowie Bildungsträgern. Und dem Kraftakt, auch die Energieversorgung zum Teil auf völlig neue Beine zu stellen, etwa durch einen hohen Anteil an Wasserstoff. All das funktioniere am Ende nicht ohne eine hohe Veränderungsbereitschaft der Menschen. Die sieht der Minister durchaus, „wenn die Rahmenbedingungen stimmen“.
Aus der Sicht von Barke sind die „Großbaustellen“ im Land derzeit auf einem guten Weg. Angefangen bei Ford. Die Verhandlungen mit allen Beteiligten liefen auf Hochtouren. „Mittlerweile verhandeln wir wöchentlich in mindestens drei Verhandlungsgruppen zu unterschiedlichen Themenkomplexen“, so der Minister. „Unser Ziel bleibt es, bis Ende September die Knoten aufzulösen und bis zur nächsten Ford-Betriebsversammlung am 5. Oktober eine Lösung zu präsentieren.“ Das Land habe als einer der Partner seinen möglichen Beitrag aufgezeigt, auch finanziell. „Konkret bis zu den Zahlen hinter dem Komma werden wir das erst machen können, wenn wir den genauen Hochlauf einer Produktion kennen und auch den Qualifizierungsbedarf der Beschäftigten, verbunden mit einem exakten Zeitpunkt, wissen. Das alles ist jetzt aber kein Hexenwerk mehr. Wir sind sehr schnell dazu in der Lage, unseren Teil zu liefern. Die Arbeiten an allen Prozessen laufen sehr intensiv“, versichert Barke.

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Auch Perspektiven der Ford-Zulieferer im Fokus
Dabei gehe es auch um die Frage, welche Perspektiven die Zuliefer-Unternehmen im zum Ford-Werk benachbarten Industriepark künftig haben. „Wir stehen mit diesen Betrieben, unterschiedlichen Unternehmens-Leitungen und auch den Gewerkschaften im Gespräch. Es gibt da sehr unterschiedliche Interessenlagen. Zum Beispiel solche Unternehmen, die ihr Produktportfolio über die Autoproduktion für Ford hinaus am Standort Saarlouis für weitere Kunden weiterentwickeln können.
Andere sind auf Ford angewiesen und darauf, dass es zusammen mit der Autoindustrie weitergeht“, verdeutlicht Barke die Herausforderung. „Da wir selbst im Moment noch keine Aussagen darüber treffen können, wie es bei Ford weitergeht, können wir in diesem Bereich auch noch keine konkreten Perspektiven aufzeigen, wie es weitergeht.“ Das Land unterstütze jedoch auch nach Möglichkeit Überlegungen, weitere Kunden neben Ford zu finden. Eins stehe fest: „Wir führen im Moment mit keinem Unternehmen Gespräche darüber, dass sie den Standort verlassen.“
Minister geht weiterhin von SVolt-Ansiedlung aus
Mit Nachdruck betont der Minister im Sommergespräch auch, dass er weiterhin von einer Ansiedlung des chinesischen Batteriezellen-Herstellers SVolt in Überherrn ausgeht. Gerüchten, das Unternehmen rücke von dem Vorhaben ab, tritt Barke energisch entgegen. Die gesamten derzeit laufenden Prozesse stünden im Widerspruch zu allen Gerüchten. „Nach der Sommerpause werden wir sehr zeitnah die notwendigen Entscheidungen auf der bauleitplanerischen Seite treffen. Da sind Verzögerungen reingekommen, aber es gilt auch hier der Grundsatz: Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“ Dies sei die Voraussetzung, um den Gemeinderat und die Bürger mitzunehmen. „Ich gehe davon aus, dass spätestens im Januar 2024 finale Bauleitplanungs-Beschlüsse gefasst werden können. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass das am Ende auf Grund der Qualität der vorgelegten Unterlagen auch gelingen wird.“
In der Stahlindustrie geht Wirtschaftsminister Barke davon aus, dass das Projekt des Umbaus der Produktion in der Dillinger Hütte und bei Saarstahl hin zu grünem Stahl planmäßig beginnen kann. Mit der Freigabe der beim Bund und der EU beantragten Fördermittel rechnet Barke noch in diesem Jahr. Das sei auch nicht zu spät. Insgesamt soll das ehrgeizige Projekt in der ersten Phase bis zu 3,5 Milliarden Euro kosten. „Alle Beteiligten wollen, dass das Förder-Verfahren noch in diesem Jahr zum Abschluss gebracht wird“, so Barke. „Das saarländische Projekt ist das Größte und Komplexeste, das in der gesamten Kette aller Antragsteller aus der Stahlindustrie zu betrachten ist“, räumt Barke ein. „Deshalb muss man auch den Genehmigungsbehörden, auch der EU-Kommission, die Möglichkeit geben, das intensiv zu prüfen. Ich sehe gute Chancen, das jetzt auf einer überschaubaren Zeitachse auf den Weg zu bringen. Es geht jetzt nur noch um finale Abstimmungsfragen“, so der Minister.
Grünem Stahl sichere Arbeitsmärkte eröffnen
„Ich wüsste auch nicht, wo grundsätzliche Bedenken gegen das Projekt herkommen sollen. Alle betroffenen Stahlhersteller arbeiten mit Elektrolichtbogenöfen, mit Direkt-Reduktionsanlagen, einige Hersteller haben auch schon ihre Genehmigungsbescheide. Bei uns an der Saar besteht halt die besondere Herausforderung darin, zwei Unternehmen an verschiedenen Standorten zu betrachten, die wir in der Betrachtung jetzt zusammenführen.“ Eine andere grundsätzliche Frage sei, wie man dem teureren grünen Stahl sichere Absatzmärkte eröffnet, zum Beispiel in der Autoindustrie, der Windenergie-Branche und anderen. Hierüber müsse man sich auf europäischer Ebene Gedanken machen.