Förderung für App-Idee aus dem Saarland Playcare beschäftigt Kinder per App - aber anders als man denkt
Saarbrücken · Mit einer neuen App wollen die Gründer der Firma Playcare künftig Eltern Ideen geben, wie sie mit ihren Kindern kreativ spielen können. Unterstützt wird diese Firma in Gründung von der Saar-Uni mit einer fünfstelligen Euro-Summe.
Die kleine Helene darf heute eine Perlenraupe sein. Bei diesem Spiel zieht sie zerteilte Strohhalme, bunte Perlen oder Knöpfe durch eine Schnur und bastelt sich nach und nach eine Kette. Wenn das geschafft ist, setzt sie aus ovalen Kartonteilen, die in der Mitte durchgeschnitten sind und auf die Augen und Münder gemalt wurden, Gesichter zusammen. Je nach Kombination strahlt ihr – wie bei Computer-Emojis – ein Lächeln entgegen. Oder es schaut sie ein finster dreinblickender Pappkamerad an.
Hinter diesen und vielen anderen spielerischen Beschäftigungsanregungen für Kinder bis zu fünf Jahren steckt nicht nur ein pädagogisches Konzept, um Bewegung, Sprache, Kreativität und Logik der Kleinen zu fördern. Der Gedanke, aus einfachen Accessoires neue Spielewelten entstehen zu lassen, soll vielmehr zu einer Geschäftsidee entwickelt werden. Damit nicht immer nur Haushalts-Utensilien herhalten müssen, sollen künftig Spiel- und Lernboxen, die von den Eltern bestellt werden können, die Phantasie der Jüngsten beflügeln.
Playcare soll die Firma heißen. Die gleichnamige App mit Spielanregungen ist bereits fertig. Sie kann auf den üblichen Stores von Google und Apple kostenlos heruntergeladen werden. Dort finden Eltern eine Fülle von Spiel- und Beschäftigungsideen, mit dem die Kleinen ihre Lebenswelt kennenlernen können. Playcare wird in Saarbrücken sitzen, auch wenn Dominik Wiesent, der einzige Deutsche unter den vier Ideengebern, in Hongkong lebt und die anderen in der Schweiz, ihrem Heimatland. Doch sie werden vom IT-Inkubator gefördert, der seinen Sitz an der Universität des Saarlandes hat. An ihm sind die Uni über ihre Wissens- und Technologietransfer GmbH (WuT) sowie die Max-Planck Innovation GmbH je zur Hälfte beteiligt.
Ziel des IT-Inkubators ist es, wegweisende Ideen und Forschungsergebnisse aus den Bereichen der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) zu entdecken und dabei zu helfen, dass daraus erfolgreiche Unternehmen werden. Auf Playcare stießen die Inkubator-Mitarbeiter, als sie im vergangenen Jahr einen Wettbewerb ausschrieben, in dem sie 10 000 Euro für Ideen auslobten, wie man aus den Corona-bedingten Einschränkungen zuhause das Beste machen kann. Bei gestressten Eltern, die oft Kindererziehung und Homeoffice unter einen Hut bringen mussten, machten sie den größten Leidensdruck aus und fanden, dass Playcare das beste Konzept hatte, diesen zu mildern.
Die App mit dem Spielideen ist zwar wichtig. „Doch das Geschäftsmodell soll aus den Lernboxen erwachsen“, sagt Tim Senn, einer der Gründer. „Sie werden mit Hilfe der IT so zusammengestellt, dass sie das Alter und die Entwicklungsphase der Kinder berücksichtigen.“ Die Eltern müssen dazu diverse Fragen beantworten, um die Boxen mit möglichst passgenauen Spielanregungen füllen zu können. Sie können auch themenorientiert zusammengestellt werden, um Kleinkindern beispielsweise Vorgänge in der Natur näherzubringen. Über mitgelieferte Codes können zusätzlich passende Filme oder Geräusche abgerufen werden.
Tim Senn, ein auf Marketing und Strategie spezialisierter Ökonom, hat sich zusammen mit seiner Schwester, der Medienwissenschaftlerin Joëlle Salathe, und der Medienkommunikatorin Sarah Brama die neue Spielewelt ausgedacht. Salathes Kinder Noe (2) und Loane (4) waren die ersten Testkandidaten. Dominik Wiesent, der von Hause aus Bauingenieur ist, bringt sein Wissen als Start-up-Gründer ein. Er hat die Internet-Plattform Coliving zum Laufen gebracht und anschließend verkauft. Dort kann man via Internet passende Wohngemeinschaften finden.
Die Software-Entwicklung steuert der IT-Inkubator bei. Shahzain Mehboob, Master-Student der Informatik an der Saar-Uni, hat sich dieser Aufgabe angenommen. Außerdem unterstützt der Inkubator die Unternehmensgründung mit einem fünfstelligen Euro-Betrag. Er wird wegen dieser Entwicklungsleistung und der Kapitalspritze maßgeblich an Playcare beteiligt sein. Außerdem achtet ein vierköpfiger Beirat darauf, dass die Firma auf das richtige Gleis kommt. Ihm gehört unter anderem die Saarbrücker Psychologie-Professorin Gisa Aschersleben an, die auf frühkindliche Entwicklung spezialisiert ist.
Das Playcare-Team sucht noch weitere Investoren, die an den Geschäftserfolg der Spiele-Idee glauben. Kleines Geld, das auch viel bewirken kann, wollen sie demnächst über die Crowdfunding-Plattform Startnext einsammeln. Gegen die Einzahlung einer Summe können dann Spieleboxen vorbestellt werden, so dass mit Elterngeld Kinderphantasien beflügelt werden.