Auch wenn Corona-Schock bisher ausbleibt Keine Kehrtwende auf dem saarländischen Arbeitsmarkt

Saarbrücken/Nürnberg · Im Vergleich zum September ist die Zahl der Arbeitslosen zwar leicht zurückgegangen, bleibt aber weiterhin auf hohem Niveau. Wie es weitergeht, ist derzeit schwer vorherzusagen.

 Obwohl die Zahlen im Oktober etwas freundlicher aussehen, gibt die Bundesagentur für Arbeit keine Entwarnung. Vieles hängt davon ab, wie sich die Pandemie-Situation weiter entwickelt.

Obwohl die Zahlen im Oktober etwas freundlicher aussehen, gibt die Bundesagentur für Arbeit keine Entwarnung. Vieles hängt davon ab, wie sich die Pandemie-Situation weiter entwickelt.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Auf dem saarländischen Arbeitsmarkt ist trotz der Corona-Krise weiterhin eine leichte Erholung zu beobachten. Laut der Bundesagentur für Arbeit waren im Oktober 38 700 Saarländerinnen und Saarländer arbeitslos gemeldet. Das waren zwar 5400 oder 16,3 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, aber 1200 (drei Prozent) weniger als im September dieses Jahres. Die Arbeitslosenquote liegt damit aktuell bei 7,2 Prozent, vor einem Monat betrug sie 7,5 Prozent und vor einem Jahr 6,2 Prozent.

Zwar hätten sich die „düsteren Prognosen zu Beginn der Pandemie“ damit bisher nicht bestätigt, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur, Walter Hüther. Von einer Kehrtwende könne aber dennoch keine Rede sein. „Denn mit Blick auf das Vorjahr sind deutlich mehr Menschen arbeitslos.“

Zudem spielten die staatlichen Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft – allen voran die Kurzarbeit und die Aussetzung der Insolvenzpflicht – eine entscheidende Rolle. „Der Arbeitsmarkt zeigte sich bisher zwar erstaunlich robust“, sagte Hüther. „Diese Robustheit gründet aber insbesondere auf den Regelungen zur Kurzarbeit.“ Wie schon in der Finanzkrise im Jahr 2009 könnten so viele Firmen überleben, „die ihre Mitarbeiter ohne dieses Instrument bereits in die Arbeitslosigkeit geschickt hätten“. Hinzu komme, dass einige Firmen durchaus von der Krise profitiert hätten, sagte Hüther. „Es gab nicht nur Verlierer in der Pandemie.“

Aber werden die Firmenpleiten damit nicht nur auf den Winter oder das kommende Frühjahr verschoben? Darauf lasse sich zurzeit keine abschließende Antwort geben, sagte Hüther. „Wir können nur feststellen, dass wir momentan noch keine große Insolvenzwelle haben.“ Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) erwarte im Saarland für den Winter allerdings 19 Prozent mehr Arbeitslose als im Vorjahr. Erst im Jahr 2021 sei dann „wieder von einem Rückgang der Arbeitslosigkeit auszugehen“, erwartet Hüther.

Im Oktober ging die Zahl der offenen Stellen zurück. Bei der Bundesagentur wurden im Oktober rund 7500 vakante Arbeitsplätze gemeldet, 1400 oder 15,6 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. In  der Zeitarbeit werden mit 1500 offenen Stellen die meisten Menschen gesucht, gefolgt vom Gesundheits- und Sozialwesen mit 1150, dem Handel mit 910 und dem Baugewerbe mit 690 Meldungen.

Bei den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen ist ebenfalls ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Im August 2020 (letzter erfasster Wert) gingen laut Regionaldirektion 389 100 Saarländer einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nach.  Das entspricht einem Minus von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.

Die Unterbeschäftigung, in der auch Menschen erfasst werden, die etwa wegen Krankheit oder der Teilnahme an Weiterbildungs- und Eingliederungsmaßnahmen nicht mehr als arbeitslos gelten, ist im Vorjahresvergleich ebenfalls gestiegen. Laut der Regionaldirektion gehörten im Oktober 51 800 Saarländer zu dieser Gruppe, 3600 oder 7,6 Prozent mehr als im Vorjahr.

Auf den saarländischen Ausbildungsmarkt hatte die Corona-Krise laut Regionaldirektion dagegen bisher nur geringe Auswirkungen. Zwar ist die Zahl der Ausbildungsstellen zwischen Oktober 2019 und September 2020 um 800 oder 10,3 Prozent auf 6700 zurückgegangen. Demgegenüber stünden allerdings auch nur noch 5000 Bewerber, 200 (3,5 Prozent) weniger als im Vorjahr. „Diese Rückgänge hatten wir im Saarland aber schon vorher, weil die Konjunktur bereits vor Corona geschwächelt hat“, sagte Hüther. Zudem gebe es immer noch viele Ausbildungsplätze „in einem Terrain, wo es wenige Bewerber gibt“ – beispielsweise im Bäcker- oder Metzger-Handwerk sowie in den Pflegeberufen.

So ließe sich auch erklären, warum bis zum 30. September rund 120 saarländische Jugendliche noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hätten und gleichzeitig 500 Azubi-Stellen unbesetzt geblieben seien. „Rein rechnerisch gesehen hatten die jungen Frauen und Männer sehr gute Chancen einen Ausbildungsplatz zu finden“, sagte Hüther. Oftmals passe aber „der Berufswunsch nicht zu der offenen Ausbildungsstelle oder die Ausbildungsstelle lag in einer anderen Region, die für die Jugendlichen nicht oder nur schwierig zu erreichen war“. Hüther rief die Jugendlichen dazu auf, sich an die Berufsberatungsstellen der Bundesagentur zu wenden. „Auch jetzt ist es noch nicht zu spät.“

Deutschlandweit hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt ebenfalls etwas entspannt. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg waren im Oktober 2,760 Millionen Menschen arbeitslos, 87 000 weniger als noch im September, aber 556 000 mehr als im Oktober 2019. Die Arbeitslosenquote sank im Vergleich zum September um 0,2 Prozentpunkte auf 6,0 Prozent.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) geht dennoch von einer Verschärfung aus. „Ich rechne durchaus damit, dass wir nicht allein aufgrund der beschränkenden Maßnahmen, sondern wegen des Coronavirus‘ und der Pandemie insgesamt vor einem ziemlich harten Winter stehen“, sagte er am Donnerstag in Berlin.

Heil machte darauf aufmerksam, dass die Minijobber nicht über Kurzarbeit abgesichert seien, weil in dem Bereich nicht eingezahlt werde. „Ich hoffe, dass auch da viele durch die Wirtschaftshilfen etwa in der Gastronomie an Bord bleiben, weil es ein begrenzter Zeitraum ist. Aber es wird auch welche geben, die aufgrund dieser Situation tatsächlich ihre Arbeit verlieren.“

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