IHK-Umfrage Krieg, Versorgungsengpässe, Preissteigerungen: Saarländische Wirtschaft blickt pessimistisch in die Zukunft

Saarbrücken · Die Auswirkungen von Corona und Krieg in der Saar-Wirtschaft weiter zu spüren: Laut Juni-Umfrage der IHK bewertet mehr als die Hälfte der befragten saarländischen Unternehmen ihre aktuellen Geschäfte nur befriedigend bis sogar schlecht. Die wenigsten gehen davon aus, dass sich die Lage in den nächsten Monaten zum Besseren wendet.

 Die Stahlindustrie gehört zu den wenigen Branchen im Saarland, die in der aktuellen IHK-Umfrage ihre Geschäfte gut einschätzen.

Die Stahlindustrie gehört zu den wenigen Branchen im Saarland, die in der aktuellen IHK-Umfrage ihre Geschäfte gut einschätzen.

Foto: rup

Erstmals seit Beginn des Krieges in der Ukraine hat sich die Stimmung in der saarländischen Wirtschaft im Vergleich zum Vormonat nicht verschlechtert. Das teilt die Industrie- und Handelskammer (IHK) des Saarlandes mit Blick auf ihre aktuelle Juni-Umfrage mit. An dieser beteiligten sich rund 300 saarländische Unternehmen mit insgesamt etwa 100 000 Beschäftigten. In den monatlichen Umfragen bewerten die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage und ihre Erwartungen für die kommenden Monate – die IHK errechnet daraus den Lageindikator und den Erwartungsindikator, die Aufschluss über die Stimmung in der saarländischen Wirtschaft geben sollen.

Demnach schätzt das Dienstleistungsgewerbe im Saarland seine Geschäftslage im Schnitt etwas besser ein als bei der letzten Umfrage: Der Lageindikator ist in diesem Bereich um 0,9 Punkte auf 35,8 gestiegen. Doch für die Zukunft haben die Unternehmen anscheinend immer noch kaum Hoffnung: Der Erwartungsindikator bleibt unverändert mit minus 11,2 Zählern tief im roten Bereich.

Mehr als die Hälfte der befragten Saar-Unternehmen bewertet ihre Geschäfte nur befriedigend oder schlecht.

Insgesamt bewerten in der IHK-Umfrage 46 Prozent der saarländischen Unternehmen ihre Geschäftslage mit gut, 44 Prozent mit befriedigend und zehn Prozent mit schlecht. Gut laufen demnach die Geschäfte in der Stahlindustrie, der Elektroindustrie, im Stahl- und Maschinenbau, bei den Herstellern von Metallerzeugnissen sowie in der Bauwirtschaft. Sogar gute bis sehr gute Geschäfte vermelden die IT-Branche und die Versicherungswirtschaft. Im Dienstleistungsgewerbe berichten 87 Prozent der befragten Unternehmen über gute oder befriedigende Geschäfte. Nur befriedigend ist die Lage im Fahrzeugbau, in der Gießerei-Industrie, im Ernährungsgewerbe, in der Gummi- und Kunststoffindustrie, in der Medizintechnik sowie bei den Banken. Die Umsätze von Januar bis April sind im Vergleich zum Vorjahr insgesamt gestiegen: Über alle Industriebranchen gerechnet haben die kumulierten Umsätze um 12,6 Prozent zugelegt.

Mit Blick auf die kommenden sechs Monaten bleiben die Erwartungen in der saarländischen Wirtschaft verhalten: Nur fünf Prozent der befragten Betriebe rechnen mit besseren Geschäften, 17 Prozent sogar mit schlechteren. Der Rest geht davon aus, dass die Geschäfte ungefähr auf dem Niveau der letzten Monate verharren werden.

Wichtig zu beachten: Die Umfrage wurde vor der Entscheidung von Ford gegen den Standort Saarlouis durchgeführt. Diese dürfte erheblichen Einfluss auf die Zahlen im nächsten Monat haben.

Wirtschaftsleistung im Saarland wird voraussichtlich nicht an Vor-Corona-Niveau anknüpfen

„Die Saarwirtschaft ist ohne Schwung in den Sommer gestartet“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Frank Thomé zur aktuellen Umfrage. Seine Prognose: „An den schwierigen Rahmenbedingungen dürfte sich auch in den kommenden Monaten kaum etwas ändern. Denn nach wie vor bremsen gravierende Lieferengpässe, hohe Energiepreise und das schwache Wachstum auf den wichtigsten Absatzmärkten den Konjunkturmotor an der Saar.“ Gerade die Versorgungsengpässe beim Erdgas seien hinderlich für die energieintensive Industrie im Saarland. Das sorge für Unsicherheit und dämpfe die Investitionsbereitschaft. Auch vom privaten Konsum gehen laut Thomé „kaum nennenswerte Impulse“ aus. Die Preissteigerungen der letzten Monate hätten die Kaufkraft verringert. Thomé resümiert: „Unter dem Strich zeichnet sich bereits jetzt ab, dass die Wirtschaftsleistung im Saarland in diesem Jahr erneut nicht an ihr Vor-Corona-Niveau anknüpfen kann.“

Thomé fordert die Politik auf zu handeln: Sie müsse nun „alles daran setzen, die Unternehmen rasch bei Steuern, Abgaben und Bürokratiekosten zu entlasten.“ Außerdem sei der Bund gefordert, die Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen sicherzustellen. „Dazu zählt neben einem zeitweiligen Weiterbetrieb der verbliebenen Kohle- und Kernkraftwerke der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien und Speichersysteme sowie die Nutzung aller heimischen Energieressourcen“, so Thomé.

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