Hoffnung auf Erholung der Industrie Saar-IHK rechnet 2021 mit fünf Prozent Wachstum

Saarbrücken · Besonders die Ausfuhren der Industrie könnten zulegen. Die Kammer erwartet aber auch einen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen.

 Das Industriegebiet Röderberg zwischen Saarlouis und Dillingen – die Pandemie hat das verarbeitende Gewerbe im Saarland hart getroffen.

Das Industriegebiet Röderberg zwischen Saarlouis und Dillingen – die Pandemie hat das verarbeitende Gewerbe im Saarland hart getroffen.

Foto: Ruppenthal

Nach dem tiefen Corona-Einbruch wird sich im Saarland im kommenden Jahr eine erste Erholung abzeichnen. Diese Ansicht vertreten der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) des Saarlandes, Hanno Dornseifer, und der zum Jahresende scheidende Hauptgeschäftsführer Heino Klingen. Sie erwarten für 2021 „ein Wachstum an der Saar von wenigstens fünf Prozent“, so Dornseifer. Dies allerdings unter der Voraussetzung einer erfolgreichen Bekämpfung des Virus und einer Normalisierung der Situation. „Ich bin verhalten optimistisch, dass wir aus der Krise rauskommen“, sagt Klingen. Immerhin sei es im zweiten Lockdown gelungen, die Industrie anders als im Frühjahr am Laufen zu halten. Und auch die Gesellschaft habe gelernt, besser mit dem Virus zu leben. Für das laufende Jahr rechnet Klingen aber „mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im Saarland von rund zehn Prozent“. Für Deutschland erwartet das Bundeswirtschaftsministerium einen Einbruch von „nur“ 5,5 Prozent.

„2021 wird der Export wieder zum Wachstumstreiber der Saar-Wirtschaft“, sagt Klingen. „Wenn keine neuen Hürden für den Welthandel errichtet werden, erwarten wir ein Exportplus von rund zehn Prozent.“ Begünstigt werde diese Entwicklung durch ein bereits prognostiziertes Wachstum in China von acht Prozent und in den USA von 3,2 Prozent. Die USA hätten sich inzwischen zum zweitwichtigsten Absatzmarkt für das Saarland entwickelt.

Große Hoffnungen setzen Dornseifer und Klingen auch auf die Ankündigung einer Investitions-Offensive für die kommenden Jahre durch die Landesregierung, die aus heutiger Sicht mit einer Milliarde Euro veranschlagt sei. „Entscheidend ist, dass öffentliche Leitinvestitionen in Bereichen getätigt werden, in denen sie hohe Innovationseffekte auslösen, also im Umfeld der Saar-Hochschulen und der Forschungseinrichtungen“, betont Dornseifer. „Das Beispiel des Cispa Innovation Campus in St. Ingbert ist ein erster vielversprechender Schritt in diese Richtung.“ Er sieht es als dringend notwendig an, in die Verbesserung der Infrastruktur zu investieren: vom Straßenbau über die Renovierung von Schulen und Universitäts-Gebäuden bis hin zum möglichst schnellen flächendeckenden Ausbau des Breitbandnetzes.

Nach Ansicht von Dornseifer und Klingen wird auch der private Konsum 2021 wieder erheblich zu einer positiven Wirtschaftsentwicklung an der Saar beitragen. „Dafür spricht, dass die coronabedingten Ersparnisse aufgelöst werden und in den Konsum fließen. Nach unseren Schätzungen könnte dieser nachholende Konsumeffekt eine Größenordnung von 500 bis 800 Millionen Euro annehmen“, prognostiziert Klingen. Dämpfende Impulse könnten allerdings von der Wiederanhebung der Mehrwertsteuer oder auch steigenden Energiekosten ausgehen.

Trotz der sich insgesamt positiv abzeichnenden Rahmenbedingungen rechnen die Kammervertreter auch mit einigen negativen Folgen wegen der noch längere Zeit nicht ausgestandenen Corona-Pandemie. In allen Branchen müsse mit einem weiteren Personalabbau gerechnet werden. Die IHK erwartet den Verlust von rund 2000 Arbeitsplätzen. Die Arbeitslosenquote werde sich dadurch auf einem Niveau von rund acht Prozent einpendeln.

2020 habe es beim Abbau von Arbeitsplätzen vor allem die Kernbranchen der Industrie getroffen sowie die Bereiche Tourismus und Freizeitwirtschaft. Die stärksten Rückgänge bei Umsätzen und Auftragseingängen verzeichnete im Vergleich zum Vorjahr das Verarbeitende Gewerbe (minus 19,3 Prozent). Hervorgerufen wurde dieser Negativtrend durch einen Auftragsrückgang in den wichtigsten westeuropäischen Absatzmärkten Frankreich (minus 14,9 Prozent), Großbritannien (minus 35,1 Prozent), Italien (minus 22,5 Prozent) und Spanien (minus 29,7 Prozent).

Beim Umsatzrückgang traf es den Maschinenbau, die Gießereien und die Stahlindustrie am heftigsten. „Die Saar-Wirtschaft ist in diesem Jahr von der Corona-Pandemie stark ausgebremst worden“, bilanziert Klingen. Weder der Export noch Investitionen oder gar der private Konsum hätten diese Entwicklung abmildern können. Selbst die Autoindustrie als traditionell besonders starke Stütze der Saar-Wirtschaft sei als Hoffnungsträger 2020 ausgefallen.

Zur Verbesserung der Ansiedlungsqualität im Saarland gehöre nach wie vor die Absenkung von Gewerbesteuern. Hier liege das Saarland weiterhin deutlich über dem Bundeschnitt. Auch die Erreichbarkeit des Saarlandes müsse deutlich besser werden. So sei das Angebot an Fernzügen und entsprechendem Reisekomfort unzureichend. Die IHK werde hierzu 2021 gemeinsam mit der Saar-Wirtschaft einen neuen Vorstoß bei der Politik und dem Vorstand der Deutschen Bahn unternehmen.

Für weiterhin unverzichtbar hält IHK-Präsident Dornseifer den Fortbestand des Flughafens Saarbrücken-Ensheim, obwohl man auch vom Luxemburger Flughafen aus schnell zahlreiche Wirtschafts- und Urlaubszentren in ganz Europa ansteuern kann. Zu einem Bundesland Saarland und einer schnellen Erreichbarkeit gehöre ein eigenständiger Flughafen, sagt Dornseifer. Es sei zudem höchste Zeit, die Landeshauptstadt endlich wieder zu einem attraktiven Standort für Kongresse sowie Pop-, Rock- und Klassik-Konzerte zu machen. Der entsprechende Umbau der Congresshalle sei längst überfällig.

Zu einem positiven Marketing für das Saarland gehöre es zudem, die Leistungen der Universität, der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) sowie der Akademie der Saar-Wirtschaft (ASW) stärker überregional hervorzuheben, sagt Dornseifer. Sie leisteten auf unterschiedlichsten Ebenen große Beiträge dazu, Unternehmen die benötigten Fach- und Führungskräfte zur Verfügung zu stellen.

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