Belastung für saarländische Firmen Gewerbesteuer steigt im Saarland ungebremst

Saarbrücken · Die IHK beklagt, dass saarländische Firmen insgesamt 50 Millionen Euro mehr bezahlen als im Bundesdurchschnitt.

 Die Wirtschaftskammer fordert die Kommunen auf, über eine Senkung der Hebesätze für die Gewerbesteuer nachzudenken.

Die Wirtschaftskammer fordert die Kommunen auf, über eine Senkung der Hebesätze für die Gewerbesteuer nachzudenken.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Die Unternehmen im Saarland sind im Vergleich zu anderen Regionen überdurchschnittlich stark von der Gewerbesteuer belastet. Das beklagt die Industrie- und Handelskammer des Saarlandes (IHK). Hauptgeschäftsführer Heino Klingen fordert die Kommunen auf, ihre Hebesätze „für die Gewerbesteuer auf den Prüfstand zu stellen“ und über eine Senkung nachzudenken. „Es ist erschreckend, wie die Mehrbelastung gestiegen ist“, sagt Klingen. Er beziffert sie für 2018 auf 50 Millionen Euro. Das bedeutet: Saar-Firmen bezahlen demnach in den hiesigen Städten und Gemeinden insgesamt 50 Millionen Euro mehr, als im Bundesdurchschnitt ähnlich große Kommunen verlangen würden. Diese Mehrbelastung ist im Laufe der Jahre immer weiter gestiegen. 2015 waren es noch 34,6 Millionen Euro. Insgesamt haben die saarländischen Städte und Gemeinden im vergangenen Jahr 508,9 Millionen Euro Gewerbesteuer eingenommen, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamts hervorgeht. Aus Sicht von Klingen verschlechtern die hohen Gewerbesteuersätze die Position der Saar-Firmen im Wettbewerb und dämpfen die Chancen für die Ansiedlung von Unternehmen.

„Das Saarland hat nach Nordrhein-Westfalen und Sachsen die höchsten Gewerbesteuerhebesätze in ganz Deutschland“, stellt auch FDP-Landeschef Oliver Luksic fest. Es sei ein klarer Wettbewerbsnachteil, wenn Unternehmen im Saarland im Schnitt knapp 60 Prozent mehr zahlen müssten als im Nachbarland Rheinland-Pfalz. „Das Land und die Kommunen müssen Anreize setzen, um durch Neuansiedlungen den Strukturwandel zu schaffen. Dazu gehört auch eine Senkung der Gewerbesteuersätze“, fordert Luksic.

Allein im vergangenen Jahr „haben 20 Kommunen ihre Hebesätze erhöht“, sagt Klingen. Der durchschnittliche, gewogene Hebesatz im Saarland betrage für das vergangene Jahr 445 Prozentpunkte. Gewogen bedeutet, dass bei der Berechnung des Durchschnitts die je nach Größe der Kommune unterschiedlichen Werte gewichtet werden. Der Bundesdurchschnitt betrug 2017 – neuere Werte liegen noch nicht vor – nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 402 Prozent. Im gesamten Saarland haben demnach 2018 nur vier Kommunen Hebesätze unter der Marke von 400 Prozent: St. Ingbert und Wallerfangen (beide 390) sowie Spiesen-Elversberg und Wadgassen (beide 395). Saarbrücken hat mit 490 Prozent nicht nur den höchsten Wert im Saarland, sondern gemeinsam mit München den höchsten Gewerbesteuersatz aller Landeshauptstädte in Deutschland, so Klingen.

Besonders ärgert ihn „die Schieflage zulasten der Wirtschaft“. So langen die saarländischen Kommunen bei der Grundsteuer B, die Hausbesitzer direkt und Mieter indirekt tragen, vergleichsweise vorsichtig zu. Bei dieser Steuer liegt die Belastung der Saarländer „acht Millionen Euro unter dem Bundesschnitt“, sagt Klingen. Der gewogene Hebesatz betrug im vergangenen Jahr im Saarland nach IHK-Angaben durchschnittlich 439 Prozent. Deutschlandweit waren es im Jahr 2017 nach Zahlen des Statistischen Bundesamts im Schnitt 470 Prozent. Zwar wurde die Grundsteuer seit 2014 deutlich stärker angehoben als die Gewerbesteuer, doch die Schieflage, wie sie die IHK beklagt, besteht weiter.

Er könne die Bürgermeister zwar verstehen, dass sie mehr Rücksicht auf die Bürger insgesamt nehmen, als auf die Unternehmer, sagt Klingen. Diese Steuerpolitik „tut den Kommunen jedoch nicht gut“. Klingen erklärt sich die immer wieder neuen Gewerbesteuererhöhungen auch damit, dass in den Stadt- und Gemeinderäten „die wirtschaftspolitische Einsicht nicht so ausgeprägt ist“, und „manchmal fehlt auch der Mut, eine wirtschaftsfreundliche Politik zu machen“.

Solch eine wirtschaftsfreundliche Politik mit niedrigeren Gewerbesteuersätzen wäre aus Sicht des IHK-Hauptgeschäftsführers gerade jetzt wichtig. Denn rosig ist die Lage der Saar-Wirtschaft nach seiner Einschätzung nicht. Viermal ist die Saar-Wirtschaft in diesem Jahrzehnt geschrumpft, während bundesweit immer Wachstum zu verzeichnen war. Gründe dafür sind laut Klingen die rückläufige Bevölkerungszahl und die schwächelnde Weltkonjunktur. In den vergangenen Jahren habe die Konjunktur auch darunter gelitten, dass die öffentliche Hand wenig investiert habe. Das werde sich, so hofft Klingen, ab dem kommenden Jahr ändern, wenn das Land Sanierungshilfen des Bundes bekommt und die Kommunen durch den Saarlandpakt entlastet werden. Darüber hinaus sei es aber wichtig, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der privaten Unternehmen zu verbessern, sagt Klingen. Kommunen brauchen nach seiner Auffassung unter anderem genügend Gewerbeflächen, eine gute Verkehrsanbindung, eine attraktive Ausstattung mit Schulen – und einen nicht überhöhten Gewerbesteuersatz.

Der Saarländische Städte- und Gemeindetag sieht die Sache anders. Verbandspräsident Jürgen Fried (SPD) hält die Höhe der Gewerbesteuer für einen weniger wichtigen Aspekt für Kommunen im Wettbewerb um Firmen. „In meiner 20-jährigen Erfahrung sind bei keiner einzigen Ansiedlung Gewerbesteuern angesprochen worden“, sagt der langjährige Neunkircher Oberbürgermeister. Andere Dinge seien viel wichtiger: zum Beispiel die Verkehrsanbindung, Betreuungsplätze für Kinder oder kulturelle Angebote. Auch seien die saarländischen Gemeinden auf die Steuern angewiesen. Sie kämen nur auf 70 Prozent des durchschnittlichen Einnahmeniveaus der bundesdeutschen Kommunen. Fried räumt aber ein, dass „die Gemeinden es nicht überreizen dürfen“. Und er sagt: „Ich wäre glücklicher, wenn die Hebesätze für die Gewerbesteuer niedriger wären“.

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