Entscheidung gefallen IG-Metall-Tarifstreit – Saarland übernimmt den Tarifabschluss aus Baden-Württemberg

Saarbrücken · Mitten in der Nacht kam der Durchbruch: IG Metall und Arbeitgeber einigen sich in Ludwigsburg auf einen Pilotabschluss für Millionen Beschäftigte.

Update 22. November: Die Tarifgemeinschaft „M+E Mitte“ (Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen) und die IG Metall Mitte haben sich am heutigen Dienstag, 22. November, für die 380 000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland auf die Übernahme des Pilotabschlusses aus Baden-Württemberg geeinigt.

Update: Im Tarifkonflikt der Metall- und Elektroindustrie gibt es eine Einigung. Vorgesehen sind Lohnsteigerungen von 5,2 Prozent zum Juni 2023 und noch mal 3,3 Prozent ab Mai 2024 bei einer Laufzeit von 24 Monaten, wie die Gewerkschaft IG Metall und Arbeitgeber am frühen Freitagmorgen in Ludwigsburg mitteilten. Dazu kommen steuerfreie Einmalzahlungen von insgesamt 3000 Euro. Das Ergebnis gilt als Pilotabschluss, der im Kern auch in anderen Bezirken umgesetzt werden soll. In der Branche sind bundesweit rund 3,9 Millionen Menschen beschäftigt.

IG-Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelberger sagte nach den zwölfstündigen Verhandlungen: „Wir haben hart gerungen und verhandelt, am Ende liegt aber ein akzeptabler Kompromiss auf dem Tisch. Die Kolleginnen und Kollegen bekommen nun endlich die dauerhafte prozentuale Entgelterhöhung, die ihnen zusteht.“

Südwestmetall-Verhandlungsführer Harald Marquardt sprach von einem aus seiner Sicht „schmerzhaften Kompromiss“, der nur tragbar sei, weil mit der langen Laufzeit Planungssicherheit für die Betriebe bestehe. Außerdem seien Entlastungsmöglichkeiten für Firmen in Not enthalten.

Die IG Metall war Mitte September mit ihrer höchsten Forderung seit 2008 in die Gespräche gegangen: Acht Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von einem Jahr. Die Arbeitgeber hatten im Laufe der Tarifverhandlungen 3000 Euro als Einmalzahlung angeboten. Dazu hatten sie eine unbezifferte Erhöhung der Gehaltstabellen bei einer Laufzeit von 30 Monaten in Aussicht gestellt.

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Die Beschäftigten erhalten eine steuer‐ und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro , Azubis 1.100 Euro
  • Die Prämie wird in zwei Tranchen gestückelt. Sie sind 2023 und 2024 jeweils bis zum 1. März auszuzahlen (von der ersten Tranche 750 Euro spätestens im Januar; die Unternehmen bekommen jedoch die Möglichkeit, die Auszahlung jeweils vorzuziehen oder nach hinten zu schieben und so die Kostenbelastung ggf. in ein anderes Kalenderjahr zu verschieben)
  • Die Tarifentgelte werden zum 1. Juni 2023 um 5,2 Prozent und zum 1. Mai 2024 um 3,3 Prozent erhöht.
  • Das im Juli ausgezahlte tarifliche Zusatzgeld (T‐ZUG B) in Höhe von künftig rund 600 Euro kann sowohl 2023 als auch 2024 automatisch differenziert, also zeitlich geschoben, gekürzt oder gestrichen werden
  • Die Tarifparteien haben sich gemeinsam auf einen Prozess verständigt, der sicherstellt, dass jederzeit schnell und flexibel auf eine mögliche Energienotlage während der Laufzeit des Tarifvertrags reagiert werden kann
  • Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten (vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. September 2024) und gibt den Unternehmen damit Planungssicherheit für das gesamte Jahr 2023 und weite Teile von 2024

Update: Für Donnerstag (17. November) waren weitere Streiks angekündigt, wie IG-Metall-Verantwortliche mitteilen. Im Saarland gilt dies beispielsweise für Hager in Blieskastel. In der Pfalz werden bei Kubota in Zweibrücken sowie in Speyer mit Arbeitsniederlegungen gerechnet.

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Am selben Tag kommen die Verhandlungsführer der Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur fünften Tarifrunde zusammen. Die Gewerkschaft fordert acht Prozent mehr Gehalt bei einer Laufzeit von einem Jahr. Der Metallverband bietet hingegen bislang 3000 Euro Einmalzahlung für 30 Monate.

Es wird für möglich gehalten, dass am Donnerstag im Verhandlungsbezirk Südwest (Baden-Württemberg) ein Pilotabschluss erzielt wird, den in der Regel die übrigen Bezirke übernehmen. Das Saarland gehört mit Rheinland-Pfalz und Hessen zum Metall-Bezirk Mitte. Hier gab es beim letzten Treffen keine Einigung, aber erste Annäherungen.

Ursprungstext: Keine Einigung, aber erste Annäherungen am 10. November

Die Fronten zwischen IG-Metall und Arbeitgeberseite sind verhärtet. IG-Metall-Verhandlungsführer Jörg Köhlinger warf der Arbeitgeberseite nach der gescheiterten vierten Verhandlungsrunde für die „M+E Mitte“ (Saarland, Rheinland-Pfalz, Hessen) am 10. November „Ignoranz und Hartherzigkeit“ vor. Für die Arbeitgeberseite mahnte deren Verhandlungsführer Oliver Barta, die Unternehmen bräuchten einen „Abschluss, der für sie auch zu schultern ist“.

„Sachlich, fair, auch hart“

Oswald Bubel, Verhandlungsführer des Verbands der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes (ME Saar), beschrieb die Verhandlungen als „sachlich, fair, auch hart“.

Er bedauerte, dass die IG Metall weiterhin nicht eingehe auf das vor 14 Tagen von Unternehmerseite bereits unterbreitete Fünf-Punkte-Programm (30 Monate Laufzeit, steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro, Ausnahmen bei der Entgeltanpassung für bedrängte Betriebe, Variabilisierung von Sonderzahlung je nach Betriebslage sowie Behandlung dieser vier Punkte als Gesamtpaket). „Das ist für uns ein Gesamtangebot, das wir als solches verhandeln möchten.“ Das habe die IG Metall abgelehnt.

Annäherung beim Inflationsausgleich

Die Forderungen der Gewerkschaft – acht Prozent mehr Lohn und zwölf Monate Laufzeit – würden „die wirtschaftliche Belastbarkeit der Unternehmen bei Weitem übersteigen“, erklärte Bubel. Diese seien durch höhere Energie- und Materialkosten und Lieferengpässe nachhaltig belastet.

Gleichwohl habe es bei der vierten Runde am Donnerstagmittag im Saarbrücker Intercityhotel erste Annäherungen gegeben. Etwa, was die Splittung der Inflationsausgleichszahlung in einen sofort auszahlbaren Teilbetrag und zeitlich gestreckte Restzahlungen angehe. Bubel warb um Verständnis dafür, dass die Unternehmen Planbarkeit bräuchten und daher eine Laufzeit von 30 Monaten notwendig sei. Dann könne man auch über eine Erhöhung der Entgelttabellen diskutieren.

Die Geduld der Gewerkschaft sei jedoch „endlich“

IG-Metall-Verhandlungsführer Köhlinger monierte, dass die Gegenseite „kein prozentuales Angebot vorlegt und stattdessen glaubt, mit uns über Laufzeiten reden zu können“. Die Geduld der Gewerkschaft sei jedoch „endlich“. Bubel wiederum stellte mit Blick auf Warnstreiks klar: „Wir möchten uns nicht erpressen lassen. Da hilft auch nicht der Streik als Waffe.“

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