Keine Einigung in Sicht Die IG Metall stellt sich auf eine lange Tarifrunde ein

Saarbrücken · Saar-Arbeitgeber in der Metall- und Elektroindustrie sehen auch nach den Warnstreiks keinen Raum für Lohnerhöhungen 2021.

 Die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie fordern vier Prozent mehr Geld.

Die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie fordern vier Prozent mehr Geld.

Foto: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Die IG Metall an der Saar sieht durch die Warnstreiks in zahlreichen großen Betrieben der Region erste Erfolge in der Tarifrunde für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie. Patrick Selzer, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Saarbrücken, verweist auf eine „sehr hohe Beteiligung. Diese zeigt, dass wir mit unseren Vorstellungen, die wir zuvor mit den Mitgliedern besprochen haben, die Gemütslage der Beschäftigten in den Betrieben treffen.“ Nach Streiks unter anderem bei ZF, Schaeffler und Thyssen-Krupp in der vergangenen Woche waren am gestrigen Montag die Beschäftigten von Ford-Saarlouis zum Warnstreik aufgerufen.

Allerdings rechnet Selzer noch mit einem längeren Tarifkonflikt bis hin zum Arbeitskampf. Das erste Signal habe gesessen. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 12. März terminiert. Der Gewerkschafter sieht bei den Arbeitgebern derzeit ein Problem, das den Konflikt erschwere. Man habe es auf der einen Seite mit Unternehmen zu tun deren Geschäfte gut laufen inklusive Umsatzanstieg und entsprechender Auftragslage. Dazu gehörten Betriebe wie ZF. Auf der anderen Seite sehe man Unternehmen, die wegen Lieferengpässen etwa durch fehlende Halbleiter auf Kurzarbeit und einen vorübergehenden Produktionsstopp umstellen mussten. Auf deren Chefetagen wachse der Druck wohl „erst so richtig, wenn die Produktion wieder hochläuft und die Beschäftigten vor Ort gebraucht werden“. Ein längerer Tarifkonflikt schade beiden Seiten. Deshalb appelliert der Gewerkschafter an die Arbeitgeber, in der kommenden Gesprächsrunde ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. Eine Nullrunde sei nicht verhandelbar. Zugleich stellt Selzer klar, dass es sich mit den von der IG Metall geforderten vier Prozent nicht um eine reine Entgelterhöhung handele, sondern um ein Volumen, mit dem man zugleich eine Tariferhöhung realisieren und eine Beschäftigungssicherung stemmen könne in Betrieben mit einer besonders angespannten Lage. Dies könne zum Beispiel eine Absenkung der Arbeitszeit mit einem Teil-Lohnausgleich sein.

Der Verband der Metall- und Elektroindustrie an der Saar (ME Saar) sieht dagegen weiterhin keine Chance auf eine kurzfristige Lohnerhöhung. Darüber könne erst 2022 verhandelt werden in Form einer Tabellenerhöhung im zweiten Halbjahr und eventuell auch einer Einmalzahlung im ersten Halbjahr 2022, war am Montag zu erfahren. Der Verband nennt als Grund in erster Linie die Corona-Krise, die viele Unternehmen an den Rand ihrer Existenz bringe. So sei die Produktion in der Branche seit Ende 2018 um 20 Prozent eingebrochen. Schon vor der Corona-Pandemie habe man einen Rückgang von fünf Prozent verkraften müssen. Corona selbst habe dann nochmals zu einem Rückgang der Produktion um 15 Prozent geführt. Das aktuell zu sehende Wachstum könne man daher nur als einen Nachholeffekt betrachten. Einige Unternehmen seien besonders stark von der Corona-Pandemie getroffen worden, bei anderen laufe es wieder gut, auch wenn sie einen großen Rückstand aufzuholen hätten. Der Verband plädiert deshalb als Lösung für eine automatische Differenzierung. Dann könnten Unternehmen beim Unterschreiten bestimmter Kennzahlen automatisch vom Tarifvertrag abweichen. Das erspare auch im Einzelfall umfangreiche und teure Nachverhandlungen.

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