Ministerpräsidentin Rehlinger besucht Werk in Homburg Bosch will mehrere Milliarden Euro in Wasserstoff-Infrastruktur investieren

Homburg · Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft, und das Bosch-Werk in Homburg will in diesem Markt ganz vorne dabei sein. Dazu sollte aus Bosch-Sicht auch die saarländische Landesregierung einen Anteil leisten.

Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) besuchte am Montag das Boschwerk in Homburg. Unser Bild zeigt sie beim Betanken eines mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugs. Behilflich sind dabei der kaufmännische Werksleiter Oliver Frei (links) sowie der Wasserstoff-Experte Frank Kruchten von Bosch (rechts).

Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) besuchte am Montag das Boschwerk in Homburg. Unser Bild zeigt sie beim Betanken eines mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugs. Behilflich sind dabei der kaufmännische Werksleiter Oliver Frei (links) sowie der Wasserstoff-Experte Frank Kruchten von Bosch (rechts).

Foto: Engel

Das Bosch-Werk in Homburg verfügt schon heute über mehrere Photovoltaik-Anlagen. Dort wird der Sonnenstrom gewonnen, der grünen, weil umweltfreundlich erzeugten Wasserstoff herstellen kann, indem er in einem Elektrolyseur Wasser in seine Bestandteile Wasser- und Sauerstoff aufspaltet. Die bei Bosch aufgebaute Anlage besteht darüber hinaus aus einem Speicher, einem Verdichter einer Tankstelle und einer dezentralen Brennstoffzelle. In dieser wird die Energie des Wasserstoffs mithilfe eines chemischen Verfahrens in Strom umgewandelt, und am Ende entsteht wieder Wasser. Dieses Bosch-Kompetenzzentrum Wasserstoff wird vom Bundeswirtschaftsministerium mit einer Million Euro gefördert. Wissenschaftlicher Begleiter ist das Saarbrücker Institut für Zukunftsenergiesysteme (IZES).

Mit dem Elektrolyseur werden im Bosch-Werk derzeit rund 20 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr erzeugt. Er wird unter anderem in der Härterei einsetzt, in der Stahlteile noch einmal erhitzt werden, um sie widerstandsfähiger gegen Verschleiß zu machen. Außerdem treibt er Flurförderer wie Elektrokarren oder Stapler an – allerdings auch Autos und demnächst den Werksbus. Darüber hinaus können mit dem bei Bosch erzeugten Wasserstoff Lastspitzen beim Strombedarf abgedeckt werden, teilt das Unternehmen mit.

Neue Geschäftsfelder aus dem Bereich der Wasserstofftechnologie bei Bosch in Homburg

Zudem hat Bosch in Homburg bereits „neue Geschäftsfelder aus dem Bereich der Wasserstofftechnologie erschlossen“, sagte der kaufmännische Werksleiter Oliver Frei. „Produkte für mobile Brennstoffzellen und Wasserstoff-Tanksysteme laufen bereits oder gehen demnächst in Serie.“ Rund 300 Mitarbeiter seien schon in dieser Sparte beschäftigt.

„Unser Ziel ist es, dass das Saarland eine führende Rolle in der Produktion, bei der Nutzung und beim Transport von Wasserstoff einnimmt“, betonte Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD). Eine wichtige Voraussetzung dafür sei geschaffen, „weil wir mit der saarländischen Stahlindustrie schon einen großen Abnehmer haben, der mithilfe von Wasserstoff Stahl herstellen will, bei dessen Produktion kaum noch das Klimagas Kohlendioxid freigesetzt wird“. Wichtig sei, „dass das Saarland an das geplante europäische Wasserstoffnetz angeschlossen wird“, so Rehlinger.

Welche Firmen im Saarland schon über 100 Jahre alt sind
13 Bilder

Welche Firmen im Saarland schon über 100 Jahre alt sind

13 Bilder
Foto: BeckerBredel

Der Bosch-Konzern will massiv in den Auf- und Ausbau seiner Wasserstoff-Infrastruktur investieren. Das kündigte Uwe Gackstatter an, der im Vorstand für den Bereich Bosch Mobility zuständig ist. „Wir wollen bis 2024 eine Milliarde Euro in mobile Brennstoffzellen und 500 Millionen Euro in dezentrale Brennstoffzellen investiert sowie weitere 500 Millionen Euro bis 2030 in die Wasserstoff-Elektrolyse“, betonte er. Der Bosch-Unternehmensbereich rund um die Mobilität, den Gackstatter betreut, erwirtschaftete im vergangenen Jahr nach vorläufigen Zahlen rund 52,6 Milliarden Euro und steuert damit bis zu 60 Prozent zum Konzern-Erlös bei.

Bosch fordert politische Weichenstellung im Saarland

Allerdings müssten jetzt auch die richtigen politischen Weichen gestellt werden, „um den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur durch private und öffentliche Investitionen deutlich zu beschleunigen“, sagte der frühere kaufmännische Leiter des Homburger Werks. Dazu gehöre eine Tankstellen-Infrastruktur, aber auch die Möglichkeit, Wasserstoff zum Heizen zu nutzen. Eine wichtige Voraussetzung ist für ihn auch, dass die politische Diskussion um die Mobilität der Zukunft technologieoffen geführt wird. Die reine Fokussierung auf Elektro hält er für einen Fehler. „Rund 40 Prozent der künftigen Transportleistungen können nicht mit batteriegetriebenen Fahrzeuge bewältigt werden.“ Außerdem „darf es beim Umbau von Industrie und Verkehr hin zu Klimaneutralität nicht zu strukturellen Brüchen kommt“. Der Wandel brauche Zeit.

„Wasserstoff kann gespeichert werden und ist transportfähig“, erinnerte Stefan Hamelmann, technischer Leiter des Homburger Werks. „In Verbindung mit einem schnellen Strukturaufbau kann grüner Wasserstoff zum Energieträger der Zukunft werden.“ Diese Auffassung vertrat auch Gackstatter und machte dies symbolisch deutlich, als er eine Flasche mit Champagner und eine mit Wasser hochhielt. Skeptiker einer umfassenden Wasserstoffwirtschaft bezeichnen Wasserstoff gerne als „Champagner der Energiewende“, weil er (noch) knapp und teuer ist, vor allem, wenn er mit Strom aus Sonne oder Wind erzeugt wird. Seine universelle Einsetzbarkeit „wird ihn jedoch zum Tafelwasser der Energiewende machen“, ist der Bosch-Manager überzeugt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort