Fernwärme-Kosten explodieren Gaskrise spitzt sich zu und trifft erste Kunden im Saarland massiv

Saarbrücken/Brüssel · Die Menge des über die Ostseepipeline Nord Stream 1 gelieferten Gases ist am Mittwoch wie angekündigt weiter gesunken. Das geht aus vorläufigen Netzdaten hervor. Die sich zuspitzende Krise hat auch bereits Auswirkungen im Saarland.

Gas: Krise spitzt sich zu und trifft erste Kunden im Saarland massiv​
Foto: dpa/Jens Büttner

Nach entsprechenden Ankündigungen ist die Menge des über die Ostseepipeline Nord Stream 1 gelieferten russischen Erdgases am Mittwochmorgen gesunken. Das geht aus vorläufigen Netzdaten der beiden Anschlusspunkte im vorpommerschen Lubmin hervor. Dort kamen demnach zwischen 8.00 und 9.00 Uhr gut 17 Millionen Kilowattstunden an. Zwischen 6.00 und 7.00 Uhr waren es mehr als 27 Millionen.

Die Liefermenge dürfte weiter sinken. Für den weiteren Tag waren laut Nord-Stream-1-Website gut 14 Millionen Kilowattstunden pro Stunde angekündigt. Der russische Konzern Gazprom hatte angekündigt, die Auslastung von Nord Stream 1 von 40 Prozent auf 20 Prozent zu drosseln.

Russland macht wie bei der Drosselung im Juni technische Probleme im Zusammenhang mit Sanktionen verantwortlich, die der Westen nach dem Angriff auf die Ukraine gegen Moskau verhängt hatte. Unter anderem die Bundesregierung hält das für vorgeschoben und sieht politische Gründe.

EU-Staaten einigen sich auf Notfallplan

Einen Tag vor der angekündigten erneuten Reduzierung der russischen Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 ab diesem Mittwochmorgen haben sich die EU-Staaten auf einen umfangreichen Notfallplan zur sofortigen Drosselung des Verbrauchs verständigt. Damit wollen sie auf einen kompletten Gas-Stopp vorbereitet sein. Bereits jetzt hat die Krise derweil Auswirkungen auf Fernwärme-Kunden im Saarland, die bei ihren Abschlägen zum Teil enorme Preissteigerungen in Kauf nehmen müssen.

Die bei einem Sondertreffen der EU-Energieminister getroffene Einigung vom Dienstag sieht vor, den nationalen Konsum im Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. März 2023 freiwillig um 15 Prozent zu senken. Zudem soll die Möglichkeit geschaffen werden, bei weitreichenden Versorgungsengpässen einen Unionsalarm auszulösen und verbindliche Einsparziele vorzugeben. Im Vergleich zu Planungen der EU-Kommission sind dafür allerdings deutlich mehr Ausnahmemöglichkeiten vorgesehen, und auch die Hürden für die Einführung von verbindlichen Einsparzielen wurden erhöht. EU-Energiekommissarin Kadri Simson warnte deswegen bei einer Pressekonferenz, dass die Einsparziele nach einer ersten Kalkulation nur ausreichen werden, um im Fall eines Stopps russischer Lieferungen sicher durch einen normalen Winter zu kommen. Für einen kalten Winter wird es ihr zufolge bei einem Lieferstopp noch im Juli nicht reichen.

Auswirkungen der Gaskrise auch bereits im Saarland

Energiekonzerne erhöhen unterdessen bereits die Abschlagszahlungen für ihre Kunden. Im Saarland etwa klagen mehrere private Fernwärme-Abnehmer über exorbitante Preissteigerungen. Die Essener Steag GmbH, die – größtenteils über den Fernwärmeverbund Saar (FVS), den sie gemeinsam mit der Stadtwerke Saarbrücken Netz AG betreibt – 14 000 Kunden im Saarland beliefert, bestätigte der SZ die drastischen Erhöhungen: „Wir haben zum 1. August 2022 den Abschlag um 50 Prozent erhöht“, teilte Steag-Sprecher Daniel Mühlenfeld mit. Das sei „nicht zuletzt im Interesse der Kundinnen und Kunden, denn diese Maßnahme verhindert entsprechend hohe Nachzahlungen bei der späteren Endabrechnung“.

Weiter zugespitzt hat sich die Gaskrise durch die Ankündigung des russischen Gazprom-Konzerns, die Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1 ab diesem Mittwoch erneut deutlich zu drosseln. Man müsse sich innerlich darauf einstellen, dass weniger oder irgendwann gar kein russisches Gas komme, sagte Bundesenergieminister Robert Habeck (Grüne). „Sollte es anders kommen, werden wir überrascht sein. Aber wir sollten nicht mehr überrascht sein, dass Putin den Gashahn zudreht.“