Im Saarland und in NRW Galeria Karstadt Kaufhof klagt auf Öffnung

Essen/Saarlouis · Die Kaufhauskette geht in Nordrhein-Westfalen und im Saarland gerichtlich gegen die verordnete Schließung ihrer Filialen vor.

 Auch die Niederlassungen der Kaufhauskette in Saarbrücken bleiben vorerst geschlossen.

Auch die Niederlassungen der Kaufhauskette in Saarbrücken bleiben vorerst geschlossen.

Foto: Gerrit Dauelsberg

Kleine Läden machen wieder auf, große Geschäfte bleiben noch geschlossen, aber Autohäuser gehören zu den Ausnahmen. Die schrittweisen Ladenöffnungen sind für Bürger und auch für manche Händler schwer zu durchschauen – und landen nun vor Gericht: Die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof mit bundesweit rund 170 Standorten und mehr als 28 000 Mitarbeitern will sich nicht damit abfinden, dass ihre Türen weiter geschlossen bleiben sollen.

Das Unternehmen habe in einem Eilverfahren Klage gegen die Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen eingereicht, teilte das Oberverwaltungsgericht am Freitag in Münster mit. Zum Vorgehen in anderen Bundesländern wollte sich Galeria Karstadt Kaufhof zunächst nicht äußern. Auch im Saarland ist laut Oberverwaltungsgericht in Saarlouis jedoch ein Eilantrag der Kaufhauskette eingegangen, die hierzulande drei Filialen – davon zwei in Saarbrücken und eine in Neunkirchen – unterhält. Die Justiz muss nun Klarheit in den Dschungel der Regeln bringen. Das wird aber wohl erst in der kommenden Woche passieren.

Welche Geschäfte in Deutschland öffnen dürfen, entwickelt sich zunehmend zum Flickenteppich. Nach den neuen Vorgaben von Bund und Ländern dürfen Läden mit einer Fläche von bis zu 800 Quadratmetern ab Montag wieder öffnen, größere nicht – mit Ausnahme von Buchläden, Fahrradgeschäften und Autohäusern. Davon erhofft man sich ein bisschen mehr Normalität, ohne dass die Innenstädte direkt überquellen.

Mehrere Handelsketten und Verbände hatten allerdings bereits kritisiert, die Grenze sei unwirksam oder befördere eine willkürliche Wettbewerbsverzerrung. Mittlerweile mehren sich die Vorschläge aus der Branche, größeren Geschäften zumindest eine teilweise Öffnung auf verkleinerter Ladenfläche zu erlauben, wie es etwa Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und das Saarland bereits vorsehen. In Brandenburg dürfen ab kommendem Mittwoch auch kleinere Läden in Einkaufszentren wieder aufmachen.

NRW ist das nicht genug. Die dortige Landesregierung will zusätzlich Möbelhäusern und Babyfachmärkten erlauben, ihre Türen zu öffnen. Ein Sonderweg, der etwa den Möbel-Riesen Ikea freudig überraschte: Man prüfe nun mit den Behörden, welche Schutzmaßnahmen für die Öffnung nötig seien. „Wir streben eine möglichst zeitnahe Eröffnung unserer Einrichtungshäuser in NRW an, werden aber gleichzeitig höchste Sicherheits- und Hygieneauflagen gewährleisten“, sagte eine Ikea-Sprecherin. Ob schon am Montag wieder Kunden beim Möbel-Riesen ein- und ausgehen werden, war zunächst unklar.

Nach Angaben einer Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts Münster bezieht sich der Eilantrag von Karstadt auf die bisherige Regelung der Corona-Schutzverordnung, in der die 800-Quadratmeter-Regelung noch nicht enthalten war. Es sei aber möglich, dass die veränderten Vorgaben in das Verfahren einbezogen würden. Das Land hat Gelegenheit, dazu Stellung zu beziehen. NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) hielt sich vor Journalisten zunächst zurück: „Wir haben uns im Kabinett entschieden, das so umzusetzen. Wir wussten natürlich, dass es Abgrenzungsfragen geben würde.“ Immerhin sichere diese Regelung, dass nun Geschäfte wieder öffnen könnten, die für mehr als 80 Prozent des Einzelhandelsumsatzes stünden.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte am Freitag, es gebe im Föderalismus immer schwierige Abstimmungsfragen. Die Bürger müssten aber erwarten können, dass sich die Politik auf gemeinsame Richtlinien verständige. Den Ländern gab Altmaier einen Seitenhieb aus Berlin mit: Er setze darauf, dass in weiteren Beratungen mit den Ministerpräsidenten in Zukunft gemeinsamen Lösungen „vielleicht stärker Vorrang“ gegeben werde.

Dass ausgerechnet Karstadt Kaufhof rechtlich gegen den Flickenteppich vorgeht, ist wenig überraschend: Supermärkte und Drogerien durften durchgehend geöffnet bleiben – aber auch ein Kaufhaus verkauft Lebensmittel und Hygieneartikel, sodass die Schließung von Anfang an kontrovers diskutiert wurde. Zudem dürfte es für die angeschlagene Kaufhauskette existenz­entscheidend sein, wann die Häuser wieder öffnen dürfen: Karstadt Kaufhof hat angesichts der Corona-Krise Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. Dieses bewahrt in die Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger, ohne dass die Betriebe Insolvenz anmelden müssen.

Ob die Gerichte in Münster und Saarlouis der Kaufhauskette Recht geben, könnte Signalwirkung haben. Bislang wagen sich die Länder sehr unterschiedlich weit vor. In vergangenen Eilverfahren hat sich das Oberlandesgericht Münster hinter das Land Nordrhein-Westfalen gestellt: Sowohl ein Dortmunder Händler als auch ein Fitnessstudio in Bielefeld und ein Spielhallenbetreiber kamen mit ihrem Versuch nicht durch, die Schließungen anzufechten.

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