130 Menschen in der Region verlieren ihren Job Galeria Karstadt Kaufhof macht Filialen in Neunkirchen und Trier dicht (aktualisiert)

Saarbrücken · Die Kaufhauskette schließt zwei Niederlassung in der Region. Die beiden Filialen in Saarbrücken bleiben aber vom Kahlschlag verschont. Deutschlandweit trifft es 62 Standorte.

 Die Filiale der Galeria Karstadt Kaufhof am Stummplatz in Neunkirchen steht vor dem Aus.

Die Filiale der Galeria Karstadt Kaufhof am Stummplatz in Neunkirchen steht vor dem Aus.

Foto: B&K/Bonenberger/

Im Zuge ihres Sanierungsplans will die angeschlagene Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) die Filialen in Neunkirchen und Trier schließen. Das teilt die Gewerkschaft Verdi mit. Der saarländische Gewerkschaftssekretär Alex Sauer sprach von einem „rabenschwarzen Tag“ für die Beschäftigten. Laut Sauer arbeiten in Neunkirchen 60 und in Trier rund 70 Frauen und Männer direkt bei der Warenhauskette. Dazu komme aber noch eine ganze Reihe von Jobs, die an dem Konzern hingen. „Jeder Verlust eines solchen Standorts bringt nicht nur den Verlust von unmittelbaren Arbeitsplätzen, sondern bedroht auch noch weitere mittelbar Beschäftigte im Filialumfeld“, erklärt der Gewerkschaftssekretär. Die beiden Niederlassungen in Saarbrücken, wo insgesamt 260 Menschen (100 in der ehemaligen Kaufhof-, 160 in der früheren Karstadt-Niederlassung) beschäftigt sind, bleiben aber vom Kahlschlag bei der Kaufhauskette verschont.

Fabian Schulz, Hauptgeschäftsführer des saarländischen Handelsverbands (HDE), spricht von einem „herben Einschnitt“ – nicht nur für die betroffenen Mitarbeiter, sondern auch für die Stadt Neunkirchen. Die Entscheidung des Konzerns sei „besonders bitter, weil die Filiale vor der Corona-Krise auf einem guten Weg der Restrukturierung“ gewesen sei. Allerdings habe sich die gesamte Kaufhauskette schon vor der Krise in „schwierigem Fahrwasser“ befunden, sagt Schulz. „Corona macht kranke Unternehmen kränker.“ Er hoffe, dass der „Leerstand in Neunkirchen bald wieder besetzt werden kann“, sagt der HDE- Hauptgeschäftsführer. „Ich gehe davon aus, dass das spätestens nach der Krise gelingen kann.“

Dass die beiden Niederlassungen in Saarbrücken erhalten bleiben, stimmt Schulz zuversichtlich. „Das sind zwei gewachsene Gebäude, die zum Saarbrücker Stadtbild dazugehören“, sagt er. „Sie sind zumindest vor der Krise gut genutzt worden, sonst wäre für sie jetzt mit Sicherheit auch die Schließung verkündet worden.“

Insgesamt will Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern 62 seiner 172 Warenhäuser schließen. 5317 von 28 000 Mitarbeitern verlieren dadurch nach Angaben des Gesamtbetriebsrates ihre Arbeit. Allein in Berlin sollen sechs der elf vorhandenen Kaufhäuser dicht gemacht werden, in Hamburg vier, in München drei, in Dortmund, Düsseldorf, Essen und Nürnberg zwei Geschäfte. Doch trifft es auch vielen kleinere Kommunen wie Lübeck, Landau oder Worms. Neben den Warenhäusern und zwei Schnäppchencentern werden nach Angaben des Gesamtbetriebsrats auch 25 Reisebüros geschlossen. Noch offen ist weiterhin das Schicksal der Karstadt-Sports-Häuser. Hier gelten mehr als zwei Drittel der rund 30 Filialen als gefährdet.

Die Geschäftsführung von Galeria Karstadt Kaufhof bezeichnete die Maßnahmen als unvermeidlich. „Wir wissen, was dies für die betroffenen Mitarbeiter bedeutet. Aber dieser Schritt ist ohne Alternative, weil diese Filialen den Gesamtbestand des Unternehmens gefährden“, sagte der GKK-Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz. Letztlich gehe es darum, Galeria Karstadt Kaufhof und damit viele Tausend Arbeitsplätze zu sichern. Ursprünglich hatte die Geschäftsführung sogar bis zu 80 Geschäfte dicht machen wollen.

Galeria Karstadt Kaufhof war spätestens durch die pandemiebedingte Schließung aller Filialen in eine schwere Krise geraten und hatte Anfang April Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Die Warenhauskette rechnet durch die Pandemie und den durch sie ausgelösten Konjunkturabschwung bis Ende 2022 mit Umsatzeinbußen von bis zu 1,4 Milliarden Euro.

Der vom Unternehmen mit dem Gesamtbetriebsrat und der Gewerkschaft Verdi ausgehandelte Sozialplan und Interessenausgleich sieht unter anderem vor, dass die gekündigten Mitarbeiter für mindestens sechs Monate in eine Transfergesellschaft wechseln können. Der österreichische GKK-Eigentümer René Benko habe dafür einen Millionenbetrag zur Verfügung gestellt, berichtete der Gesamtbetriebsrat.

Die Gewerkschaft Verdi hofft jedoch nach wie vor, die Zahl der Schließungen noch weiter senken zu können. „Wir werden mit aller Kraft für den Erhalt der Standorte und die Zukunft der Beschäftigten kämpfen“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. „Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“ Auch für Neunkirchen sieht die Gewerkschaft laut Alex Sauer noch einen „letzten Strohhalm“. Die Verhandlungen mit dem Vermieter des Gebäudes seien noch nicht abgeschlossen, „das wäre natürlich eine Möglichkeit für die Politik, hier regulierend einzugreifen“, sagt Sauer.

Landeswirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) hat bereits Hilfe angekündigt: „Wir werden das Unternehmen nicht aus der Verantwortung lassen“, sagte Rehlinger. „Nichts geht ohne Einbindung der Arbeitnehmervertretung und sozialverträgliche Pläne.“

Für Samstag kündigte der Gesamtbetriebsrat eine Demonstration von GKK-Beschäftigten vor der Hamburger Zentrale des Immobilienriesen ECE an. Die Arbeitnehmer verlangen von dem Konzern Zugeständnisse bei der Miete für die von ihm vermieteten Warenhausimmobilien.

Als Erfolg wertete die Gewerkschaft auch, dass der vom Unternehmen ursprünglich geplante Abbau von zehn Prozent der Stellen in den verbleibenden Filialen vom Tisch sei. Dadurch seien rund 1000 Arbeitsplätze gerettet worden. Außerdem bleibe der im Dezember 2019 vereinbarte Integrationstarifvertrag in Kraft.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) forderte, bei der Sanierung auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Eigner und Gläubiger seien in der Pflicht, keine „radikalen Abbaupläne“ zu verfolgen, sondern in den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu investieren.

Handelsexperten sind allerdings unsicher, ob die Einschnitte wirklich reichen werden, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein sagte: „Galeria Karstadt Kaufhof will mit 110 Warenhäusern weitermachen. Die meisten Experten gehen aber davon aus, dass auf Dauer nur rund 80 Warenhaus-Standorte überlebensfähig sind. Das dürfte deshalb noch nicht das Ende des Warenhausschrumpfens sein. Da ist durchaus noch Luft nach unten.“ Der Konzern habe den Erfolg des Online-Geschäfts verschlafen. Insofern sei es kein Zufall, dass die Schließungspläne ausgerechnet an dem Tag bekannt gegeben würden, an dem Amazon 25 Jahre alt werde.

Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg bewertete die umfangreichen Schließungen als „Zeichen der Ratlosigkeit“ und fügte hinzu: „Jetzt haben sie sich noch einmal Luft verschafft. Aber wie lange das trägt, ist durchaus die Frage.

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