Betriebsrat erklärt Neuer Investor soll Ford-Werk in Saarlouis schon bis Ende des Jahres übernehmen
Update | Saarlouis · Es gibt wieder Hoffnung für die Ford-Beschäftigten im Werk in Saarlouis. Ein neuer Investor ist gefunden – und er soll schon recht bald übernehmen, wenn nun alles glatt läuft. Alle Informationen zum großen Tag bei Ford Saarlouis hier im Überblick.
Ford hat einen Investor für sein Werk in Saarlouis gefunden. Entsprechende Informationen bestätigte die IG Metall unserer Zeitung. Die Lösung mit ihren Auswirkungen wurde der Ford-Belegschaft am Freitag in einer Betriebsversammlung erläutert. Demnach wurde in dieser Woche mit einem industriellen Großinvestor eine Absichtserklärung (Letter of Intent, kurz: LOI) geschlossen, um das Werksgelände auf dem Saarlouiser Röderberg zu übernehmen.
Werk in Saarlouis: Was Ford zu dem neuen Investor mitteilt
„Dies ist eine hervorragende Grundlage für weitere Verhandlungen mit dem Potenzial rund 2500 Arbeitsplätze in Saarlouis zu schaffen“, sagte Ford-Werke-Chef Martin Sander zu den erfolgreichen Verhandlungen in einer Mitteilung.
Das Ziel sei nach wie vor, das Werk umzugestalten und Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen. Den Namen des Investors nannte Ford zunächst nicht. Es sei ein „internationaler Großinvestor“.
Neuer Investor soll laut Betriebsrat schon bis Ende 2023 übernehmen
Markus Thal, Betriebsratschef von Ford in Saarlouis, zeigt sich mit den erzielten Ergebnissen zufrieden. Bis Ende September sollen weitere Details geklärt sein. „Bis September wird der Investor vor Ort nach Saarlouis kommen und sich das Werk noch einmal anschauen. Bis Ende September wollen wir auch die möglichen Rahmenbedingungen für die Beschäftigten klären, möglicherweise auch Strukturen für eine Mitbestimmung. Ausdrückliches Ziel ist es, bis Ende September einen verbindlichen Vertrag mit dem Investor abzuschließen“, so Thal.
„Weiteres Ziel ist es, bis zum Jahresende eine Übernahme durch den neuen Investor herbeizuführen. Bereits zum heutigen Tag legt sich Thal in einem Punkt fest: „So weit wir heute waren wir noch nie. Wir haben die größte Chance, die wir bisher hatten. Der Investor steht an der Türschwelle. Und jetzt müssen wir es noch hinbekommen, dass er auch durchgeht.“
Mindestens 2 500 Arbeitsplätze sollen durch den Investor langfristig am Standort Saarlouis entstehen, so die bisherigen Verlautbarungen. Auch die Landesregierung unterstützt die Neuansiedlung. Ebenfalls sind nach Angaben der IG Metall belastbare Vereinbarungen zwischen der Gewerkschaft und Ford unterzeichnet worden, die die Begleitung der weiteren Umsetzung der Investorenlösung festschreiben.
BYD wurde immer wieder genannt: Wer ist der Investor?
Das US-amerikanische Medienunternehmen Bloomberg hatte Anfang Juni berichtet, dass ein Angebot von BYD komme. BYD ist ein großer chinesischer Mischkonzern, der unter anderem Akkumulatoren für Mobiltelefone herstellt. Wie SR und Handelsblatt übereinstimmend berichten, soll BYD allerdings nicht der Großinvestor sein, mit dem jetzt die Absichtserklärung geschlossen wurde. Laut Handelsblatt ist der chinesische Autobauer jedoch nach wie vor im Rennen.
Zwei kleinere chinesische Autohersteller seien ebenfalls an dem Werk interessiert, hatte Bloomberg zudem gemeldet und sich dabei auf nicht namentlich genannte Quellen bezogen. Ford soll zudem zusammen mit dem Saar-Wirtschaftsministerium Gespräche mit einem deutschen Hersteller von Solarkomponenten führen, hieß es in dem Bloomberg-Artikel.
Rehlinger: „Wenn ich den Namen hier nenne, kann es sein, dass die Vereinbarung platzt!“
Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) äußerte sich am Freitag – sie sprach zu den Ford-Mitarbeitern direkt auf der Betriebsversammlung. Laut Teilnehmerangaben sprach sie von „einem Meilenstein auf dem Weg zu einem Zukunftspakt für den Standort Saarlouis“. Mit dem Großinvestor sei man sich „dem Grunde nach einig“. Einige Details müssten aber noch verhandelt werden. Dabei ginge es allerdings nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie.
Oftmals Tag und Nacht hätten sie, Wirtschaftsminister Barke und dessen Staatssekretärin mit Investoren verhandelt. Rehlinger bat außerdem um Verständnis dafür, dass der Name des Investors noch nicht genannt wird. „Wenn ich den Namen hier nenne, kann es sein, dass die Vereinbarung platzt“, betonte die Ministerpräsidentin. Das Land habe ein „finanziell werthaltiges Paket auf den Tisch gelegt, um diese Ansiedlung für Arbeitsplätze am Standort Saarlouis hinzubekommen.“ Zur SZ sagte Rehlinger jedoch auch: „Dies ist heute ein wichtiger Tag, weil wir einen Meilenstein auf dem Weg zum Zukunftspakt für den Standort Saarlouis erreicht haben, aber noch nicht der Tag, an dem wir die Sektkorken knallen lassen.“ Das ganze Statement von Anke Rehlinger zum Investor bei Ford Saarlouis lesen Sie hier.
Wirtschaftsminister Barke spricht von Meilenstein
Auch Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) hat sich gegenüber der Saarbrücker Zeitung geäußert. „Wir haben einen Meilenstein auf dem Weg zur Zukunftssicherung des Ford-Standortes erreicht. Mit den unterzeichneten Absichtserklärungen seitens des Landes, Ford und dem Investor ist die Grundlage für weitere intensive Verhandlungen geschaffen. Jetzt geht es um Detailfragen zur Ausgestaltung – nicht mehr um die grundsätzliche Frage, ob überhaupt Interesse besteht.“
Barke weiter: „Wir hatten intensive Verhandlungen hinter uns – und werden sie weiter haben. Wir werden uns mit allem was wir haben reinhängen. Denn es besteht von uns und auch von Investorenseite die große Bereitschaft – auch aufgrund unserer Verantwortung gegenüber den Beschäftigten - das gemeinsame Projekt über die Ziellinie zu bekommen.“
Ford-Betriebsrat zeigt sich zufrieden mit nach Ankündigung
Der Ford Betriebsrat hat mittels einer Betriebsvereinbarung zudem eine Regelung bezüglich Mindestleistungen für den Fall abgeschlossen, dass Beschäftigte zukünftig keine Beschäftigungsmöglichkeit beim neuen Investor bekommen. Und auch nicht von den 1000 Ford-Arbeitsplätzen profitieren, die das Unternehmen bereits in einer Betriebsvereinbarung bis zum Jahr 2032 zugesichert hat. Markus Thal, Betriebsratsvorsitzender von Ford-Saarlouis, ist mit der gefunden Lösung in einer Stellungnahme sehr zufrieden.
„Dies war ein gewaltiger Kraftakt. Wir sind noch nicht am Ziel, aber der Weg ist ein guter. Wir bleiben auch weiterhin auf der Spur, dass wir hier für Arbeitsplätze angetreten sind und eben nicht für die schnelle Abwicklung des Standortes. Diesem Ziel sind wir heute ein gutes Stück nähergekommen“, so Thal. Die IG Metall Betriebsräte und Vertrauensleute sowie die ganze Belegschaft hätten durch den erzeugten Druck, insbesondere in den letzten Tagen, den Ford Konzern dazu bewegt, dass mit Hochdruck eine Investorenlösung verfolgt wurde.

Produktion bei Ford in Saarlouis steht in großen Teilen still
„Ford hat ein Interesse daran, dass das funktioniert“
Ford selbst habe in den Verhandlungen die Suche nach dem neuen Investor unterstützt, sagte Thal im Gespräch mit der SZ. „Wir sind uns darüber im Klaren, dass das von Ford so bleibt“, betont er Betriebsratschef. „Aus allem, was uns bisher vorliegt, können wir erkennen, dass Ford ein Interesse hat, dass das funktioniert.“
Der neue Investor solle von Anfang an seine Arbeit machen können. Zugleich müsse man sich weiter darauf konzentrieren, dass es auch Sicherheiten für die Belegschaft gibt. „Dies alles, damit wir nicht in zwei Jahren noch einmal da stehen. Ford muss da noch gewisse Sicherheiten bieten“, so Thal. Denn nur so könne ein Neuanfang auch gelingen.
Bisher sei klar, dass ein neuer Investor rund 2500 Beschäftigte übernehmen könnte. „Wir wissen ja auch noch nicht genau, was aus den 1000 Beschäftigte wird, denen Ford eine Beschäftigungsgarantie bis ins Jahr 2032 gegeben hat. Werden die alle von einem neuen Investor übernommen? Oder bleiben welche übrig?“ Es müsse jetzt auch geprüft werden, wenn der Investor das ganze Werk übernimmt, wofür die 1000 Beschäftigten gebraucht werden. „Wir prüfen also auch, wie viele der 1000 Arbeitsplätze bereits in den 2500 Jobs drinstecken, die ein Investor schaffen will.“
Bis September soll es auch hier Klarheit gegen. Zu klären bleibe ebenfalls, unter welchen Bedingungen Beschäftigte abgefunden werden, die bei einem neuen Investor keinen Arbeitsplatz bekommen. Hierzu stellt Betriebsratschef Thal bereits klar, dass auch hier eine dauerhafte Lösung gefunden wird, auch finanziell. Es gelte das, was heute schon im Unternehmen an Regelungen Gültigkeit hat. Hier sei ein Kriterium zum Beispiel die Zeit der Zugehörigkeit zum Unternehmen, der Familienstand und Weiteres. Thal spricht hier finanziell von einer „Abfanglinie“, unter die keiner fallen werde.
Wie lange bleibt der Ford-Investor unbekannt?
Wer der neue Investor ist, könnte daher noch einige Zeit unklar bleiben. Die Beteiligten an dem Deal hätten Stillschweigen vereinbart, berichtet das Handelsblatt und verweist dabei auf Insider. Der Kaufinteressent könnte abspringen, wenn sein Name bekannt würde, befürchte man im Saarland. Auch deshalb bleibe Ford weiterhin mit anderen möglichen Investoren im Gespräch.
Vergangene Woche hatte Ford-Deutschland-Chef Sanders auf einer Betriebsversammlung mitgeteilt, dass eine Vereinbarung kurz vor Abschluss sei. Den anwesenden Mitarbeitern war diese Aussage nicht ausreichend – sie buhten Sanders aus. Die Betriebsversammlung musste abgebrochen werden.
Ford-Mitarbeiter gehen mit hohen Erwartungen in Betriebsversammlung: „Das ist die absolute Hölle“
Kurz vor Beginn der Ford-Betriebsversammlung waren Dutzende Mitarbeiter mit ernstem Blick und schnellem Schritt zum Tor Eins des Werksgeländes geströmt. Ein Mann erzählte den Reportern der SZ vor Ort, dass er mit Vorfreude und Skepsis zur Versammlung geht. Die Hoffnung auf eine positive Meldung sei groß, aber: „Das war in den letzten Jahren schon öfter so, aber meist entsprachen unsere Erwartungen nicht der Realität.“
Nach der Ankündigung - wie auch immer die dann aussieht - müsse klar sein, dass noch mehr Arbeitsplätze am Standort Saarlouis gesichert sind. Alles andere würde die Belegschaft nicht zufriedenstellen und „den Unmut im Werk weiter steigern“. Dass großer Druck auf das Unternehmen herrscht, zeigte auch die Aussage eines anderen Mitarbeiters. Er stellte klar: „Wenn wir wieder nur vertröstet werden, müsste man andere Wege einschlagen.“
Dirk Mayan hoffte derweil auf eine weitere Zukunft für sich und die Kollegen. „Das ist die absolute Hölle“, schilderte Mayan die Ungewissheit für die Ford-Beschäftigten in den letzten Jahren. „Wir haben alle Familien, Eltern und Großeltern, um die man sich kümmern muss. Was ist da wichtiger als ein fester Arbeitsplatz?“ Mitarbeiter wie Michael Betzholz haben daraus bereits ihre Konsequenzen gezogen: „Ich bekomme eine Abfindung und höre Ende des Jahres auf. Ursprünglich habe ich mir das auch anders vorgestellt“, erzählte er der SZ vor Ort.