Betriebsrat verkündet Paukenschlag Ford führt Standort in Saarlouis über 2025 hinaus fort – Abfindungsmodell startet

Update | Saarlouis · Wie geht es weiter im Ford-Werk Saarlouis? Heute fand eine Betriebsversammlung statt. Der Betriebsrat verkündete im Nachgang einen echten Paukenschlag.

Die Betriebsversammlung bei Ford Saarlouis.

Die Betriebsversammlung bei Ford Saarlouis.

Foto: Ruppenthal

Ford Saarlouis will ein Abfindungsmodell für Beschäftigte auflegen. Das wurde nach SZ-Informationen heute auf der Betriebsversammlung in Saarlouis verkündet.

Personalbestand bis Ende 2023 soll um 650 Stellen sinken

Es soll in einem ersten Schritt für Mitarbeiter ab 55 Jahren eine Abfindungslösung geben, Interessenten können sich bis Ende April melden, wenn sie das Angebot annehmen wollen. In einer möglichen zweiten Stufe sollen sich dann Mitarbeiter über 50 Jahren bis 31. Mai melden können. Bis 30. Juni können so insgesamt 400 Beschäftigte das Werk verlassen.

Bis Ende des Jahres soll der Personalbestand insgesamt um bis zu 650 Stellen reduziert werden. Darüber hinaus soll es zeitnah Regelungen über Prämien und Zahlungen geben, die jene Kollegen erhalten, die zum Ford-Standort nach Köln wechseln. Dort soll Ende 2023 das erste vollelektrische Volumenmodell vom Band laufen.

„Diese Einigung ermöglicht unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, das Unternehmen mit attraktiven und freiwilligen Programmen vorzeitig zu verlassen“, sagte Ford-Sprecher Marko Belser der Deutschen Presse-Agentur.

1000 Ford-Arbeitsplätze in Saarlouis bis 2032 gesichert

Der Betriebsrat verkündete nach der Betriebsversammlung außerdem einen echten Paukenschlag: „Dank unserer gemeinsamen Solidarität ist es gelungen, dass Ford jetzt weiterhin den Standort Saarlouis über 2025 hinaus fortführt.“ Demnach hat der Autobauer in einer Betriebsvereinbarung 1000 Ford-Arbeitsplätze in Saarlouis bis 2032 zugesichert. Für diese gelte eine Beschäftigungsgarantie.

Zur Einordnung: Noch im Oktober hatte Martin Sander, Vorsitzender der Geschäftsführung der Ford-Werke, nur 500 bis 700 Arbeitsplätze nach 2025 zugesichert.

Wie sollen diese nun 1000 Ford-Arbeitsplätze aussehen, die es auch nach 2025 geben soll? Im Zuge der Betriebsvereinbarung seien bereits entsprechende Maßnahmen und Initiativen festgehalten worden, teilte der Betriebsrat weiter mit. „Zusätzlich wurde der Vorrang einer Investorenlösung hier klar geregelt.“ Sollte also einer oder mehrere Investoren Flächen und/oder Personal benötigen, die einen Teil der Ford-internen Initiativen darstellt, so werde dem Investor Vorrang eingeräumt, solange es sich um gute und ähnlich viele Arbeitsplätze handelt. Im Klartext: Denkbar also, dass ein neuer Investor die 1000 Arbeitsplätze übernehmen könnte.

„Der Plan für das Ford Werk in Saarlouis ist unverändert“, sagt Ford-Sprecher Belser. Nach 2025 sollen in Saarlouis keine Ford-Fahrzeuge mehr gefertigt werden. Ford führe aktive Gespräche mit mehreren Investoren, die Interesse haben, das Werk in Saarlouis zu übernehmen. Belser: „Falls eine solche Lösung nicht bis 2025 gefunden wird, wird Ford am Standort Saarlouis Beschäftigung in ausgewählten Bereichen weiter sicherstellen.“

Tägliche Produktion bei Ford Saarlouis wird verringert

Außerdem soll die tägliche Produktion am Standort Saarlouis „in Kürze“ um jeweils 100 Fahrzeuge pro Schicht reduziert werden, das heißt, statt 800 würden dann noch 600 Autos am Tag gebaut.

Suche nach Investor geht weiter: „Zweite Hälfte eines Marathons“

Für den Betriebsrat geht der Kampf um die Arbeitsplätze weiter. Aktuell sei er zufrieden mit dem, was man erreicht habe, sagte Betriebsratschef Markus Thal. „Aber natürlich müssen wir dafür kämpfen, für alle Beschäftigten eine gute Lösung zu finden. Viele Arbeitsplätze gehen nur mit einem Investor.“ Doch konkrete Verträge dazu lägen noch nicht vor. Bei der Suche nach einem Investor befinde man sich in der „zweiten Hälfte eines Marathons“, teilte der Betriebsrat in einem Schreiben an die Belegschaft mit. Der Betriebsratschef kündigte gegenüber der dpa an: „Wenn bis zum 22. Juni nichts passiert, gehen wir am 23. Juni in die Urabstimmung!“ Schon jetzt sei man dabei, einen Arbeitskampf vorzubereiten.

Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) zeigte sich am Mittwoch überzeugt, „dass wir eine gute Nachfolgelösung finden werden“. Nach vielen Gesprächen mit potenziellen Investoren habe sich mittlerweile die Spreu vom Weizen getrennt und man führe „konkrete, intensive Verhandlungen mit ernsthaften Interessenten“. Das Ziel bleibe unverändert: „Wir wollen die bestehende Infrastruktur nachhaltig nutzen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Belegschaft durch die Schaffung einer hohen Anzahl qualifizierter Industriearbeitsplätze maximieren und Arbeitsplätze der Zukunft schaffen.“

Ende Juni 2022 hatte der US-Autobauer bekanntgegeben, dass die Modelle für neue Elektroautos künftig in Valencia und nicht im Saarland gebaut werden sollen. Damit ist der Standort in Saarlouis mit seinen rund 4500 Mitarbeitern nur bis Mitte 2025 gesichert - dann läuft dort die Herstellung des Verbrenner-Modells Ford Focus aus. Die Suche nach einem oder mehreren Investoren läuft.

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