„Es wird nie wieder so sein wie vorher“ Nach Ford-Entscheidung für Werk in Valencia: Mehr Kranke und weniger Autos in Saarlouis

Saarlouis · Im Ford-Werk Saarlouis herrscht nach der Entscheidung des Konzerns für Valencia als E-Auto-Standort Wut und Perspektivlosigkeit. Das beeinflusst nach Angaben des Betriebsrates auch die aktuelle Produktion.

Ford: Nach Abfuhr für Saarlouis: Mehr kranke Mitarbeiter und weniger Autos
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Der Betriebsrat des Saarlouiser Ford-Werks spricht mehr als zwei Monate nach der Entscheidung des Ford-Europa-Managements, ab Mitte 2025 keine Fahrzeuge mehr im Saarland bauen zu wollen, von einem „Schlag ins Gesicht“. „Hier im Werk hat sich alles verändert und es wird nie wieder so sein wie vorher“, schreibt der Betriebsratsvorsitzende von Ford Saarlouis, Markus Thal, am Mittwoch (31. August) in einer Mitteilung an die Belegschaft, die der SZ vorliegt. „Es kann in dieser Situation auch niemanden verwundern, dass auch die geplanten Fertigungszahlen in den Keller und die Krankenstände in die Höhe gingen. Es ist schwer vorstellbar, dass eine belogene, betrogene und verarschte Belegschaft ohne eine belastbare Perspektive einfach so weiterarbeitet“, so Thal.

Die Entscheidung Ford Europa gegen Saarlouis sei weiterhin „wirtschaftlich nicht nachvollziehbar“. Das Konzept des Saarlouiser Werkes sei auch nach Sichtung weiterer Unterlagen im Rahmen des Wirtschaftsausschusses „eindeutig besser“.

Noch kein Plan B für Ford-Werk Saarlouis

Der Saarlouiser Betriebsrat wisse, dass das Ford-Management derzeit noch keinen „belastbaren und nachhaltigen“ Plan B für Saarlouis habe. „Das ist ein klares Versäumnis und auch Managementversagen. Eine Entscheidung gegen ein Werk zu treffen und keine Antwort für die Zukunft zu haben, ist eigentlich unfassbar und unerhört“, schreibt Thal. Der Saarlouiser Betriebsrat wolle keinen „Schnellschuss“ für das Werk, sondern erwarte ein „belastbares Zukunftskonzept“ vom Ford-Management.

Das Ford-Management plane bis Ende September, die internen Möglichkeiten unter dem Dach des US-Autobauers zu untersuchen und zu bewerten. Parallel fänden erste Gespräche und Besuche mit möglichen Investoren statt. Falls Ende September das Ford-Management zu dem Ergebnis komme, es gebe keine Ford-interne Alternative, sondern nur externe Lösungen, wäre dies ein erneuter „heftiger Schlag ins Gesicht der Belegschaft“. Das wolle der Saarlouiser Betriebsrat „auf keinen Fall“ akzeptieren.

Ford im Saarland: 50 Jahre - Saarlouis und das Ford-Werk - Firmen-Porträt
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Mehr als 50 Jahre: Saarlouis und sein Ford-Werk

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Auf der nächsten Betriebsversammlung am 5. Oktober erwarte der Saarlouiser Betriebsrat, dass das Ford-Management ein oder mehrere „belastbare beschäftigungsintensive“ Geschäftsmodelle für Ford-interne Lösungen präsentiert.

Bis Ende des Jahres wolle das Ford-Management ein Zukunftskonzept entwickeln und bis Ende des ersten Quartals 2023 mit allen wesentlichen Akteuren – wie dem Betriebsrat und der saarländischen Landregierung – vereinbart haben.

Auch der Betriebsrat sei stark an einem „zügigen Prozess“ interessiert, denn die Saarlouiser Belegschaft benötige „Transparenz, Perspektiven und Sicherheit“ im Hinblick darauf, was in den kommenden Monaten und Jahren geschehen werde. „Wir brauchen zeitnah eine Antwort, wie es nach 2025 weitergeht. Es kann jedoch nicht darum gehen, hier nur schnell fertig zu werden“, betont Thal.

Eine sogenannte Taskforce „Zukunft Saarlouis“ habe mittlerweile die Arbeit aufgenommen. Neben einer Ford-internen Lösung beschäftigt sie sich auch mit zwei externen Lösungswegen: die Suche nach einem anderen Automobilhersteller oder einem Industrieunternehmen, die das Werk oder Teile davon über Mitte 2025 weiterbetreiben.

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