Niedergang der Autoindustrie Ford in Saarlouis – „Die Zeit“-Reportage schildert wie groß der Frust im Werk ist

Saarlouis · Menschen in Saarlouis kämpfen weiter um ihre Jobs. Viele sind seit Jahrzehnten mit Ford verbunden. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ schildert die Lage vor Ort aus überregionaler Sicht.

 Mit diesem Aufkleber bekunden die Beschäftigten des Ford-Werkes ihre aussichtslose Lage zum Niedergang ihres Automobilwerkes in Saarlouis.

Mit diesem Aufkleber bekunden die Beschäftigten des Ford-Werkes ihre aussichtslose Lage zum Niedergang ihres Automobilwerkes in Saarlouis.

Foto: Aline Pabst

Das Aus des Werkes von Ford in Saarlouis scheint unausweichlich. Spätestens nach Bekanntgabe, dass der künftige Ford-Elektrowagen in Spanien statt im Saarland gebaut wird, geht es nur noch um Schadensbegrenzung. Wie viele Jobs werden erhalten bleiben? Findet sich ein Investor?

Und: Was wird aus den Menschen, deren Familien oftmals eng mit der Entwicklung des Autobauers verbunden sind? Nachdem die SZ bereits viele Betroffene hat zu Wort kommen lassen, berichten auch überregionale Medien über die Situation der Menschen vor Ort.

Ford im Saarland: 50 Jahre - Saarlouis und das Ford-Werk - Firmen-Porträt
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Mehr als 50 Jahre: Saarlouis und sein Ford-Werk

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Foto: BeckerBredel

Wie sich Ford-Mitarbeiter nach der Management-Entscheidung gegen das Saarland fühlen

So auch die Wochenzeitung „Die Zeit“. Sie zeichnet zum einen das Bild eines Mitarbeiters, dessen Familie in mehreren Generationen Lohn und Arbeit bei dem US-amerikanischen Konzern in Saarlouis fand. Zum anderen zeigt der Beitrag, wie hart lokale Politiker mit der Entscheidung der Konzernspitze umgehen, sich von der Region abzuwenden.

Abermals wird deutlich, wie sehr sich die Beschäftigten durch die Manager verraten fühlen. Zwar sei den Menschen bewusst, dass sie mit der Situation klarkommen müssen. Am eklatanten Fehler, die Entwicklung an die Elektromobilität in Europa verschlafen zu haben, tragen jedoch allein die Manager Schuld.

Den Angestellten werde mit dem absehbaren Ende der Ford-Produktion, spätestens 2025 „die Identität buchstäblich unter dem Hintern weggezogen“. Es gehe um hervorragend ausgebildete Kollegen, die jetzt befürchten, ihre Arbeit zu verlieren. Ungewiss, ob ein künftiger Investor die Produktionsstätte übernimmt. Ungewiss, wie viele Stellen überhaupt gerettet werden können. Es gehe um 9000 Job bei Ford selbst als auch bei den Zulieferern.

 Die Wochenzeitung Die Zeit berichtet Mitte Dezember 2022 mit einer Reportage über das absehbare Ende des Ford-Werkes in Saarlouis und wie die Menschen damit umgehen.

Die Wochenzeitung Die Zeit berichtet Mitte Dezember 2022 mit einer Reportage über das absehbare Ende des Ford-Werkes in Saarlouis und wie die Menschen damit umgehen.

Foto: Die Zeit/Screenshot: Matthias Zimmermann (hgn)

Anti-Ford-Aufkleber und Ford-Tattoo

Äußerer Ausdruck des Frusts über die Ford-Entscheidung gegen das Saarland ist ein von der IG-Metall verteilter roter Anti-Ford-Aufkleber. Darunter verstecken viele Ford-Fahrer das klassische blaue Emblem des Autobauers mit der geschwungenen Schrift. Auf dem Sticker ist zu lesen: „Ohne Saarlouis mein letzter Ford.“

Ganz so einfach ist das nicht zu überdecken, was sich ein Noch-Ford-Mitarbeiter groß auf den Unterarm tätowieren ließ: das Logo von Ford. Als er sich dazu entschied, rechnete niemand damit, dass Saarlouis einmal ohne Ford auskommen muss.

So sieht ein Journalist der Wochenzeitung „Die Zeit“ das Saarland

Doch jetzt erwischt der Strukturwandel „diese etwas entlegene Hügellandschaft ganz im Westen der Republik, direkt an der Grenze zu Frankreich, in der hinter jeder Kurve irgendwo ein alter Schornstein hervorragt“, wie der Zeit-Autor die Region beschreibt. Und fügt seinem Eindruck hinzu, der wohl bei einigen ein Schmunzeln abtrotzen wird: „Wo die Menschen einen nuscheligen Dialekt sprechen, der ein bisschen wie Französisch klingt.“

Anschießend wird es wieder ernst. Mit harten Worten geißelt Landrat Patrick Lauer (SPD) das Ford-Management: „Die haben den Umbruch in Europa nicht verstanden, dass hier etwas grundsätzlich in Bewegung geraten ist, vor allem in den vergangenen zwei Jahren.“ Und meint damit die offensichtlich aus den Augen verlorene Elektromobilität.

Gleich darauf lobt er die eigene, sozialdemokratische Landesregierung. Sie setze sich mit grünem Wasserstoff und 3,5 Milliarden Euro dafür ein, den Strukturwandel hinzubekommen. Mit der Stahlindustrie, die selbst ein milliardenschweres Investitionsprogramm ankündigte.

Ob das gelingt, bleibe abzuwarten, resümiert der Zeit-Journalist. Und zieht eine Parallele: So wie das Saarland jetzt mit dem Strukturwandel ohne Verbrennermotoren bei Autos und neu aufgestellter Schwerindustrie zu kämpfen hat, sei es nach der Wende Ostdeutschland ergangen. Die von Kanzler Helmut Kohl versprochenen „blühenden Landschaften“ lassen dort vielerorts immer noch auf sich warten.

Hier geht’s zum Beitrag der Wochenzeitung Die Zeit zu Ford im Saarland.

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