Kritik des Betriebsrats Focus-Bestellstopp sorgt für Spekulationen im Ford-Werk Saarlouis
Saarlouis · Wer einen neuen Ford Focus bestellen möchte, hat derzeit Pech. Die „Orderbank“ ist geschlossen – Kunden könnten also gar keine neue Autos des Modells bestellen, das im Ford-Werk Saarlouis produziert wird, kritisiert der Betriebsrat. Das sorgt bei der gebeutelten Belegschaft für erneute Spekulationen.
Zurzeit lässt die Ford-Führung keine neuen Focus-Bestellungen zu. Denn die Auftragsbücher seien voller, als derzeit von diesem Auto-Modell in Saarlouis vom Band laufen können. So lautet die Auskunft des Unternehmens, wie der Betriebsrat seine Belegschaft informiert. „Die Orderbank [...] bleibt weiterhin geschlossen.“
Und nicht nur beim Focus stockt es. Nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden Markus Thal gebe es „insbesondere beim Fiesta und anderen Ford-Modellen“ Schwierigkeiten an den Fließbändern, heißt es demnach seitens der Geschäftsführung.
Ford Focus: Annahmesperre für neue Bestellungen
Allein beim Focus, der im saarländischen Werk vom Band läuft, sei die Vorbestellliste so voll, dass die Produktionsleistung bis Jahresende ausgeschöpft sei, schreibt die Arbeitnehmervertretung an ihre Belegschaft. Die Bestellungen (Orders) gingen mittlerweile bis ins kommende Jahr. Lange Wartezeiten für Kunden sollten durch die Annahmesperre für neue Bestellungen vermieden werden.

Noch hoffnungsvolle Zeiten: Start der Serienproduktion der dritten Focus-Generation im Saarlouiser Ford-Werk am 6. Dezember 2010. Dabei damals Ford-Chef Bernhard Mattes (links) und Saar-Ministerpräsident Peter Müller (CDU). Heute steht das Aus für den Wagentyp im Saarland fest: 2025.
Foto: dpa/Oliver DietzeBetriebsratschef Thal beschreibt die Situation so: „Wer heute einen Focus frei bestellen könnte, würde diesen nicht vor spätem Frühjahr 2023 erhalten.“ Wartezeiten von mehreren Monaten wären dann die Regel. „Erst im April/Mai würde der Neuwagen ausgeliefert“, konkretisiert er auf SZ-Nachfrage.
Grund dafür seien weiterhin Lieferengpässe von Einzelteilen. Darum könne nicht in dem Tempo wie gewohnt das Modell vom Band laufen. Doch nicht nur das allein sei ausschlaggebend. So mache die Inflation dem Autobauer zu schaffen. Werde heute ein Auto bei der Bestellung bezahlt, könne die zurzeit schwer einzuschätzende Kostensteigerung das Ganze zu einem Zuschussgeschäft für den Konzern werden lassen.

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Bestellstopp sorgt für Spekulationen bei Ford Saarlouis: Kommt Focus-Produktionsende früher als gedacht?
Allerdings hält der Betriebsrat diesen Bestellstopp für einen Fehler. Thal: „Er bietet Raum für Spekulationen und sorgt damit für Verunsicherung sowohl bei der Belegschaft als auch bei den Kunden.“ Letztere hätten ohnehin mittlerweile das Vertrauen in Ford verloren.
Viele seien verunsichert, ob es sich überhaupt noch rentiere, das Modell zu bestellen. Zurzeit böten nur Händler den Wagen in den ihnen vorliegenden zwei, drei Ausstattungen an. Anderweitige Wünsche seien nicht möglich. „Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die befürchten, dass das Focus-Produktionsende früher kommt als offiziell bekannt gegeben.“
Thal plädiert deshalb dafür, die Orderbank, wie die Bestellliste im Fachjargon heißt, wieder zu öffnen. Das würde – auch bei längeren Lieferfristen – zumindest signalisieren, dass der Autotyp auch längerfristig noch zu haben ist.
Die gedrosselte Produktion wirke sich auf die komplette Zahl der Autos aus, die in diesem Jahr hergestellt werden sollen. Noch 117 000 statt der einst 195 000 Neufahrzeuge sollen es werden. Im kommenden Jahr sollen es wieder 143 000 sein, leitet der Betriebsrat entsprechende Informationen der Geschäftsführung weiter. Das seien jedoch nur grobe Pläne, weil die Versorgungslage mit Einzelteilen schwer abzuschätzen ist.