Unternehmen in Eppelborn feiert rundes Jubiläum Juchem wird 100 – dabei wollte der Gründer ursprünglich etwas anderes machen

Eppelborn · Schrot und Korn ist das Geschäft der Juchem-Gruppe. Deren Gründer Franz Juchem wollte beruflich eigentlich etwas ganz anderes machen.

 Die Geschäftsführung v.l..: Thilo Resch (Megro Großrosseln), Thorsten Maas (Juchem GmbH in Eppelborn) Susanne Juchem ( geschäftsführende Gesellschafterin) und Jürgen Becker (Juchem Food Ingredients GmbH). Es fehlt der Generalbevollmächtigte Daniel Janczak.

Die Geschäftsführung v.l..: Thilo Resch (Megro Großrosseln), Thorsten Maas (Juchem GmbH in Eppelborn) Susanne Juchem ( geschäftsführende Gesellschafterin) und Jürgen Becker (Juchem Food Ingredients GmbH). Es fehlt der Generalbevollmächtigte Daniel Janczak.

Foto: Engel

Die Geschichte der Eppelborner Firmengruppe Juchem beginnt mit einer Verweigerung. Franz Juchem, der Gründer des Unternehmens, das dieses Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, sollnach dem Willen seiner Mutter Maria eigentlich Bergmann werden. Doch ihr Junge hat dazu überhaupt keine Lust. Er steigt auf dem Eppelborner Bahnhof zwar in den Zug, der ihn zur Grube Maybach in Friedrichsthal bringen soll. Auf der anderen Seite verlässt er ihn gleich wieder und geht zu seinem älteren Bruder Johann, der Hufschmied ist und nebenher einen Maschinenhandel betreibt. Dort lernt er den Beruf des Kaufmanns.

Franz Juchem ist ehrgeizig, will sein eigener Herr sein. 1921 gründet er einen Landhandel, den er anfangs mit seinem Bruder betreibt. Dort verkauft er Futter, Haushaltsgeräte, Kunstdünger und Baustoffe – eigentlich alles, was die Menschen im Herzen des damaligen, vom Völkerbund verwalteten Saargebiets so brauchen. Sein erstes Warenlager legt er im Bachmichl-Haus in Eppelborn an, das die Juchems seit Generationen bewohnen und das zur Keimzelle des Familienunternehmens werden sollte. Dort richtet der junge Firmenchef eine Schrotmühle ein. Um Backmehl herzustellen, kauft er 1935 die Lothringer Mühle in Lebach.

Schrot und Korn gehören immer noch zur DNA der Juchem-Gruppe, bei der heute die Produktion von Grundstoffen aus Getreide und Fettpulver im Mittelpunkt steht. Diese Zutaten werden von der europäischen Lebensmittel-Industrie verarbeitet. In dritter Generation steht Susanne Juchem als geschäftsführende Gesellschafterin an der Spitze der Gruppe, die 240 Frauen und Männer beschäftigt. Wer in sein Frühstücksbrötchen beißt, eine Pizza zerteilt oder sich ein Stück Torte auf der Zunge zergehen lässt, macht sich selten Gedanken, woher die Zutaten kommen. Die Antwort: von hier. „Durch Juchem ist das Saarland in aller Munde“, sagt die 52-jährige Chefin, deren Firma pro Jahr mehr als 150 000 Tonnen davon liefert. Mit weiteren Zahlen – zu Erlösen und Erträgen – hält sie sich zurück.

Am 5. Dezember 1934 wird ihr Vater Franz Josef Juchem geboren. Dessen Vater Franz nimmt ihn früh zu Lieferfahrten mit – zum Eingewöhnen. Nach der Volksschule unter Kriegsbedingungen wechselt Juchem Junior ins Wendalinus-Gymnasium nach St. Wendel, lebt im Internat der Steyler Missionare. Die nächste Station ist eine Müllerschule in Braunschweig, wo der angehende Unternehmer das Familienhandwerk von der Pike auf lernt.

Mitte der 1950er ist seine Ausbildung beendet. Er ist voller Tatendrang und will sein neu erworbenes Wissen rasch anwenden, trifft aber auf ein eingespieltes Team, in dem jeder weiß, was er zu tun hat. Ein junger Spring-Ins-Feld mit theoretischen Flausen im Kopf passt nicht ins Bild. Doch Juchem setzt sich durch, verhandelt mit den Bäckern über Mehllieferungen und begleitet seinen Vater zu den Getreidebörsen. 1957 macht er sein erstes eigenes Geschäft, kauft eine Mühle im lothringischen Dieuze.

Ende der 1950er Jahre übernimmt Franz Josef Juchem die Unternehmensleitung. Er stellt ein Team von Fachleuten zusammen, das sich mit der Entwicklung neuer Produkte rund um Getreide, Mehl, Futter und Fett beschäftigten soll. Sie schaffen es, tierische und pflanzliche Fette in Trockenpulver umzuwandeln. Bei diesem so genannten Frijet-Verfahren, das sich die Firma patentieren lässt, wird das warme Fett über Düsen in kleinste Tröpfchen zerstäubt und in eine Kristallisationskammer gesprüht. Dort kommen die Fetttropfen mit kalter Luft in Berührung und erstarren. Es entsteht ein Pulver, das dem Tierfutter, aber auch Backmischungen beigegeben werden kann. Auch privat läuft es bei Franz Josef Juchem rund. 1962 heiratet er seine Jugendliebe Waltraud. Im gleichen Jahrzehnt werden die Töchter Andrea und Susanne geboren.

Die Gruppe entwickelt sich gut. Neben Getreiden und Fetten kommen der Handel mit Eiern und die Herstellung von Schaumküssen hinzu. Franz Josef Juchem wird zu einer anerkannten Unternehmerpersönlichkeit. Saar-Ministerpräsident Peter Müller (CDU) verleiht ihm den seltenen Ehrentitel Ökonomierat. Selbstredend ist er auch Träger des Bundesverdienstkreuzes. Sein Name hat Gewicht in der Zunft.

Das Wachstum ist des Müllers Lust, kann aber auch zur Last werden. Mitte der 2000er Jahre beginnt die Konsolidierung. Landhandel und Schaumkuss-Fertigung werden verkauft. Das Unternehmen konzentriert sich auf seine Kernkompetenzen: Mischfutter, Fette, Fertigmehle und Backmischungen. Das dafür benötigte Mehl wird in den eigenen Mühlen gemahlen. Zur Gruppe gehören heute die Bliesmühle in Breitfurt sowie die Mühlen in Lebach (Franz Juchem) und Großrosseln (Megro). Am Firmensitz in Eppelborn werden das Fettpulver, Backmittel und andere Lebensmittel-Zusatzstoffe hergestellt. Dazu gehören Lecithine und Emulgatoren, die dafür sorgen, dass sich Fette und Wasser bei der Lebensmittel-Produktion besser mischen. „Die Backschwestern“ verkaufen die eigenen Kuchen- und Brot-Backmischungen unter diesem Markennamen. In Dieuze hat heute die Vertriebsfirma Elca ihren Sitz, die den französischen Markt betreut.

Während Vater Franz Josef als starke Unternehmerpersönlichkeit die Weichen des Unternehmens am liebsten selbst stellte, setzt Tochter Susanne auf Teamarbeit. Sie hat die früheren Bereichsleiter zu Geschäftsführern befördert. „Ich bevorzuge ein kollegiales Führungsprinzip“, sagt sie. Außerdem setzt sie auf Partnerschaften. An den Mühlen in Breitfurt und Lebach sind inzwischen die Deller Mühlen aus der Pfalz beteiligt. „Wir brauchen Partner, um stark zu bleiben“, davon ist die Chefin überzeugt.

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