Saarländische Stahlindustrie Rekordjahr 2022 für Dillinger und Saarstahl

Dillingen · Die 2022 erzielten Rekorde in der saarländischen Stahlindustrie sind mit die besten Ergebnisse in der Unternehmensgeschichte überhaupt. Jetzt richten sich alle Augen auf den in Kürze erwarteten Startschuss für den Umbau der Produktion hin zu Grünem Stahl.

 Grün beherrscht jetzt schon den optischen Auftritt von Dillinger und Saarstahl. Vorstandschef Karl-Ulrich Köhler, Arbeitsdirektor Jörg Disteldorf und Finanzvorstand Markus Lauer (von rechts) konnten am Mittwoch in der Bilanz-Pressekonferenz Rekordergebnisse verkünden.

Grün beherrscht jetzt schon den optischen Auftritt von Dillinger und Saarstahl. Vorstandschef Karl-Ulrich Köhler, Arbeitsdirektor Jörg Disteldorf und Finanzvorstand Markus Lauer (von rechts) konnten am Mittwoch in der Bilanz-Pressekonferenz Rekordergebnisse verkünden.

Foto: Ruppenthal

Nichts wird dem Zufall überlassen. Alles deutet darauf hin, dass Großes bevorsteht. Schon das optische Erscheinungsbild ist bewusst gewählt. Voll und ganz abgestimmt auf die größte Herausforderung, vor der die saarländische Stahlindustrie jemals stand. So ist der Lokschuppen Dillingen als Veranstaltungsort für die gemeinsame Jahrespressekonferenz von Dillinger und Saarstahl als größtem Arbeitgeber im Saarland komplett in grünes Licht getaucht.

Einen neuen Auftritt für die Präsentation der Jahresergebnisse gibt es auch schon. Alles steht unter dem Motto „Pure Steel + Zukunft machen wir“. Die gesamte Power, vom Vorstand mit seinem Vorsitzenden Karl-Ulrich Köhler über Finanzvorstand Markus Lauer, Arbeitsdirektor Jörg Disteldorf bis hin zu den Belegschaften, Betriebsrat sowie Mitbestimmung sind nur noch auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet: einen erfolgreichen Start des größten Umbau-Projektes in der Geschichte der saarländischen Stahlindustrie. Hin zu grünem Stahl.

3,5 Milliarden Euro fließen in den Umbau

Karl-Ulrich Köhler ist deutlich anzumerken, dass er am liebsten schon morgen mit der Umsetzung beginnen würde. Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitungen längst auf Hochtouren. Das gilt auch für die Beteiligung an Planungen für ein regionales Wasserstoff-Versorgungsnetz, das die beiden Stahlstandorte Dillingen und Völklingen als Voraussetzung für die Produktion von Grünem Stahl benötigen. Schon in diesem Jahr sollen erste bauliche Veränderungen auf den Weg gebracht werden. Beide Unternehmen gehen mit 150 Millionen Euro in Vorleistungen. Der Zeitplan ist äußerst ehrgeizig gestrickt. Auch in der Erwartung, dass Berlin und Brüssel jetzt endlich grünes Licht geben für das „Riesenprojekt“, wie es Köhler in der Bilanz-Pressekonferenz selbst nennt. 3,5 Milliarden Euro fließen in den Umbau und die komplette Umstellung der Produktion, den Bau neuer Anlagen sowie alle Vorbereitungen zum geplanten Start der Produktion von Grünem Stahl „made in Saarland“. Doch es fehlt eben noch das Startsignal aus Berlin und Brüssel.

Hoffnungsvolle Signale aus Berlin und Brüssel

Dennoch hat Köhler, der erstklassig vernetzt ist, bereits erste hoffnungsvolle Zeichen erhalten. „Wir haben deutlich hoffnungsvolle Signale von den Beteiligten in der Erarbeitung unserer Förderanträge erhalten. Wir haben Details zu Erklärungsfragen beantwortet und warten jetzt auf Grünes Licht für die Erteilung des vorzeitigen Maßnahmenbeginns. Damit sind wir dann in der Lage, die notwendigen Baufeldvorbereitungen in Angriff zu nehmen, für die wir Investitionsmittel in der Größenordnung von 150 Millionen Euro ja bereits freigegeben haben. Die werden schon ausgegeben in zahlreichen Arbeitsprojekten, aber auch schon konkret für vorzeitig genehmigte Maßnahmen“, erläutert Köhler.

60 Prozent Förderung unverzichtbar

Der Vorstandschef legt größten Wert darauf, dass der Bund und die EU im Rahmen der 3,5 Milliarden Euro, die zur Umstellung der gesamten Produktion benötigt werden, wie geplant, 60 Prozent als Förderbeitrag beisteuern. Sonst sei das gesamte Projekt in ernsthafter Gefahr. Jeder müsse wissen, dass man die Umstellung auf Grünen Stahl nicht unter allen Voraussetzungen umsetzen könne. Die Alternative könne aber auch niemand wollen: ein dann unvermeidbares Sterben der saarländischen Stahlindustrie spätestens ab dem Jahr 2030. Dieses Datum hat die Politik im Bund und auf EU-Ebene wegen der Klimaziele zum finalen Datum für die heute herkömmliche Stahlproduktion erklärt. Intern habe man bis jetzt alles getan, was möglich ist, um die kommende Herausforderung auf allen Ebenen erfolgreich zu bewältigen.

Umsatzsprünge trotz schwieriger Rahmenbedingungen

Rückenwind geben dem Vorstandschef neben den Belegschaften auch die wirtschaftlichen Ergebnisse, die in jüngster Zeit erzielt werden konnten. So blicken sowohl Dillinger als auch Saarstahl auf ein Rekordjahr 2022 zurück. Nicht nur das. 2022 war zugleich eines der erfolgreichsten Jahre in der Unternehmensgeschichte überhaupt. Dies alles trotz aller Folgen der Corona-Krise, zeitweisen Lieferproblemen wegen Engpässen in der Halbleiter-Chipherstellung für Autos sowie dem Russland-Ukraine-Krieg.

Alleine die Dillinger Gruppe, zu der die Aktien-Gesellschaft der Dillinger Hüttenwerke mit ihren Tochtergesellschaften gehört, konnte einen großen Umsatzsprung machen von 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 3,4 Milliarden Euro. Bei der Saarstahl AG mit ihren Tochtergesellschaften sieht es ähnlich aus. Hier stieg der Konzernumsatz von 2,8 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 3,6 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2022 an.

Das EBITDA, also Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, stieg in der Dillinger Gruppe von 201 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 513 Millionen Euro an, im Saarstahl-Konzern von 282 Millionen Euro 2021 auf 417 Millionen Euro im Jahr 2022.

Dillinger stark auf erneuerbare Energien konzentriert

Dennoch entwickelten sich die Märkte gerade in jüngster Zeit deutlich unterschiedlich. Dillinger hat als Unternehmen seine Kompetenz und seine Produkte frühzeitig sehr stark auf das Geschäft mit erneuerbaren Energien konzentriert. Auch das passt zum Klimawandel. So werden zum Beispiel wesentliche Teile für die Fundamente von Offshore-Windparks, etwa in der Nordsee, vom Werk Nordenham hergestellt, das zu Dillinger gehört.

Seit Ende 2022 Kurzarbeit bei Saarstahl

Saarstahl bewegt sich dagegen derzeit in einem deutlich schwierigeren Fahrwasser. Wegen der Unsicherheiten in der Frage, welche Technologie sich bei Autos in den kommenden Jahren durchsetzt, reagieren nicht nur zahlreiche mögliche Autokäufer verunsichert, sondern die Autoverkäufe gehen zurück. Da die Autoindustrie jedoch zugleich Hauptabnehmer der Produkte von Saarstahl ist, musste zum Jahresende 2022 zunächst einmal Kurzarbeit angemeldet werden. Wie lange die noch dauern wird, dazu wollte Köhler in der Bilanz-Pressekonferenz noch keine konkreteren Angaben machen. Dazu sei der Markt gegenwärtig noch zu unsicher. Man sei jedoch vorbereitet, sobald die Autoverkäufe wieder anziehen.

Gute Nachrichten aus der Saarstahl-Schmiede

Erfreuliches gibt es aus der Saarstahl-Schmiede zu berichten, die lange Jahre das „Sorgenkind“ von Saarstahl war. Damals hervorgerufen durch das Reaktorunglück im japanischen Fukushima, das in der Folge auch zum Stillstand im Turbinenbau geführt hat, einst Haupt-Geschäftsfeld der Saarschmiede. Mittlerweile seien zum Hauptgeschäft jedoch weitere Geschäftsfelder hinzugekommen. Wie zu hören ist, stehe die Schmiede kurz davor, schwarze Zahlen zu schreiben.

Große Sorgen bereiten dem Vorstand dagegen die zuletzt ausufernden Preise für Rohstoffe und Energie in Verbindung mit der hohen Inflation. Trotz dieses schwierigen Umfeldes sei es jedoch gelungen, die Preise für die Produkte der Unternehmen stabil zu halten. Vorausblickend auf das Geschäftsjahr 2023 formulierte Köhler einen vorsichtigen Optimismus: „Flexibilität und Kostenbewusstsein sind unsere besonderen Stärken. Wir sind bereit für die nächsten Meilensteine. Und konzentrieren jetzt alle Kräfte darauf, den Umbau zum Grünen Stahl voranzubringen.“

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