Corona-Krise nicht genutzt Saar-Firmen hängen bei der Digitalisierung hinterher

Saarbrücken · Von einem Digitalisierungsschub ist bei den saarländischen Unternehmen noch wenig zu spüren. Das geht aus einer Studie hervor, die Professor Markus Thomas Münter von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Saarland und die Standort-Fördergesellschaft Saaris erstellt haben.

  Von digitalen Arbeitsabläufen wie hier beim schwäbischen Antriebsbauer Wittenstein sind viele saarländische Unternehmen noch meilenweit entfernt.

Von digitalen Arbeitsabläufen wie hier beim schwäbischen Antriebsbauer Wittenstein sind viele saarländische Unternehmen noch meilenweit entfernt.

Foto: dpa/Bernd Weiaübrod

Von den 454 Unternehmen, die den Anfang März verschickten Fragebogen zu Corona und Digitalisierung zurückgesandt haben, waren 67 Prozent von anderen Sorgen geplagt – wie zum Beispiel mit Anträgen auf staatliche Hilfe oder Kurzarbeitergeld für ihre Mitarbeiter oder mit der Sicherung ihrer Liquidität. Sie gaben an, dass „ihre Geschäftstätigkeit durch Corona negativ oder stark negativ beeinträchtigt ist“. 16 Prozent der befragten Firmen hätten ihre Investitionen im Krisenjahr 2020 sogar komplett eingestellt.

Münter merkte auch an, dass 66 Prozent der Firmen angaben, ihre Digitalisierungsaktivitäten ausgebaut zu haben. „Damit war aber häufig nur das Einrichten von Homeoffice-Arbeitsplätzen gemeint oder die Möglichkeit anzubieten, Besprechungen auch per Videokonferenz abhalten zu können.“ Mit einer Digitalisierungsstrategie habe dies jedoch wenig zu tun. „Die meisten Unternehmen nutzen die Krise nicht als Katalysator für wirkliche Digitalisierung“, sagt der auf Volkswirtschaftslehre spezialisierte HTW-Hochschullehrer.

Saaris-Geschäftsführer Christoph Lang erläuterte, dass selbst Bauhandwerker bald nicht mehr ohne Tablet oder Notebook bestehen können. Für jedes Bauwerk werde künftig ein digitaler Zwilling hinterlegt (Fachjargon BIM – Building Information Modeling). Auf dieser Plattform würde der Baufortschritt bis ins Kleinste dokumentiert, und „wer an dieses Netzwerk nicht angeschlossen ist, hat auch als Dachdecker in Zukunft keine Chance mehr“, ist Lang überzeugt. In Zulieferbetrieben werde die Herstellung von komplexen Metallkonstruktion mit 3-D-Druckern an Bedeutung gewinnen, nannte der Saaris-Chef ein weiteres Beispiel für die Digitalisierung. Besonders bei kleinen Losgrößen lohne sich deren Herstellung mithilfe einer klassischen Werkzeugmaschine, die auf große Stückzahlen ausgerichtet ist, nicht mehr.

Wenn sich kleine und mittlere Firmen nicht mit den Möglichkeiten der Digitalisierung in ihren Betrieben befassen, „verlieren sie massiv an Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Münter. Zu diesen „kleinen Abgehängten“ zählt er rund 37 Prozent der befragten Unternehmen. Weitere 33 Prozent würden eine Corona-Überwinterungsstrategie fahren und auf die „Rückkehr ins normale Leben“ setzen. Allerdings ergreifen auch 25 Prozent „zahlreiche Digitalisierungsinitiativen“ und fünf Prozent „profitieren von einer guten Digitalstrategie“. 70 Prozent der Firmen hätten aber auch beklagt, dass sie sich „um ein schnelles Internet bemüht, aber nicht bekommen haben“.

Beratung zu Digitalisierung und Technologie-Transfer bietet etwa Saaris an (Sabine Betzholz-Schlüter, E-Mail:
sabine.betzholz-schlueter@saaris.de, Telefon: (0681) 9 52 04 74). Ratsuchende können sich auch an das „Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Saarbrücken“ wenden, Telefon (681) 85 78 73 50, E-Mail: info@komzetsaar.de.

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