Große Pläne beim DGB Gewerkschaftsbund Saar macht gegen Tarifflucht mobil

Saarbrücken · Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) will nicht mehr länger zusehen und nur beklagen, dass die Flächentarifverträge ausgehöhlt werden. „Das Thema Tarifbindung werden wir in den nächsten Wochen mit zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen in die Öffentlichkeit tragen“, sagt Bettina Altesleben, Regionalgeschäftsführerin des DGB Saar.

Denn die Entwicklung sei gravierend. Der Anteil der Beschäftigten in Westdeutschland, die noch der Tarifbindung unterliegen, „ist seit dem Jahr 2000 von 70 auf 56 Prozent zurückgegangen“.

Die Tarifbindung ist das zweite Thema, das der DGB im Rahmen seiner Zukunftsdialog-Reihe („Reden wir über...“) anstößt. Während des Sommers stand „Bezahlbar wohnen ist die halbe Miete“ mit Veranstaltungen rund um die Wohnungspolitik auf der Agenda. Im kommenden Jahr sollen die Themen Renten und Zukunftsinvestitionen angepackt werden.

Um beim Zerfasern der Tarifbindung gegenzusteuern, „muss deutlich gemacht werden, dass Tarifverträge keine abstrakten Regelwerke sind, die in nächtlichen Marathonsitzungen ausgehandelt werden, sondern dass sie jeden Arbeitnehmer etwas angehen“, sagt die Gewerkschafterin. „Ein Tarifvertrag regelt die persönliche Situation eines Einzelnen in der Arbeitswelt.“ Doch es fehle vor allem in kleinen Firmen oft der Mut, dieses Problem anzusprechen, „weil die wenigen, die gewerkschaftlich organisiert sind, Repressalien ihres Chefs befürchten“, sagt Altesleben. „Auch ihnen wollen wir mit unseren Aktionen den Rücken stärken.“

Doch der DGB will auch beim Land und den Kommunen nachfassen und fragen, wie sie es mit dem Saarländischen Tariftreuegesetz (STTG) halten, das seit 2013 gilt und das unter anderem eine verbindliche Lohnuntergrenze (Mindestlohn) von 9,19 Euro brutto vorschreibt. Allgemein gelte das STTG als sehr fortschrittlich, „doch seine Vorschriften greifen erst ab einem Auftragswert von 25 000 Euro“, so die DGB-Frau. „Wir wollen herausbekommen, nach welchen Vorgaben Ausschreibungen laufen, bei denen dieser Schwellenwert unterschritten wird.“

Der DGB will bei seinen Zukunftsdialogen neue Aktionsformen ausprobieren, „weil auch wir uns auch fragen, ob wir die Menschen noch erreichen“. So hat sich der Gewerkschaftsbund einen aufblasbaren Swimmingpool angeschafft, in dem grüne und rote Magnetfische schwimmen, die Betriebe mit (grün) und ohne (rot) Tarifbindung symbolisieren. „Wenn die Leute anfangen, die Fische herauszuangeln, wird ihnen erstmals bewusst, wie wenige grüne Fische dort noch herumschwimmen.“

Zudem soll es Aktionen vor den Betrieben geben, „die sich zur Tarifflucht entschlossen haben“, sagt Altesleben. Oder es sollen Spaziergänge zwischen den Firmen organisiert werden, die noch eine Tarifbindung haben – „wenn die Wege zu lang werden, nehmen wir das Fahrrad.“ Die Aktionen starten ab dem 7. Oktober.

Altesleben ist bei alldem auf die ehrenamtlichen Helfer in den sechs saarländischen DGB-Kreisverbänden angewiesen, die in den vergangenen Jahren wieder ins Leben gerufen wurden. „Von dort kommen sehr viele Impulse und Ideen“, sagt sie.

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