Die Wasserstoff-Pläne von Creos aus Homburg Große Pläne – Wo im Saarland das Gas der Zukunft fließen soll

Homburg · Wasserstoff ist für den Homburger Gasnetzbetreiber Creos der Stoff, aus dem die Zukunft ist. Das regionale Leitungsprojekt des Unternehmens hat aber eine viel größere Dimension und könnte für das Industrieland Saarland wichtig werden.

 So könnte auch der Bau der Wasserstoffleitung im Projekt MosaHYc aussehen: Beim Gasleitungsbau werden Rohre zu Strängen verschweißt und dann verlegt. Jede einzelne Schweißnaht wird laut Creos mittels Röntgen-Technik geprüft und der gesamte Strang auf Festigkeit und Dichtheit getestet.

So könnte auch der Bau der Wasserstoffleitung im Projekt MosaHYc aussehen: Beim Gasleitungsbau werden Rohre zu Strängen verschweißt und dann verlegt. Jede einzelne Schweißnaht wird laut Creos mittels Röntgen-Technik geprüft und der gesamte Strang auf Festigkeit und Dichtheit getestet.

Foto: Creos Deutschland GmbH/Michael Schmidt

 Wie sieht der Alltag in einer Welt aus, in der es keine Tankstellen gibt, die Benzin oder Diesel verkaufen, und keine Heizungen, die mit fossilem Erdgas aus Norwegen oder Russland die Wohnung warm machen? Vielleicht stellt sich inzwischen der eine oder andere Verbraucher manchmal solch eine Frage – angeregt durch die Klimadebatten. Beim Homburger Gas- und Stromnetzbetreiber Creos Deutschland wälzt man schon lange die Frage, was eigentlich nach der Zeit des fossilen Erdgases kommt und welche Geschäftsmodelle dann tragfähig sind.

„Wir haben uns  – wie jeder Gasversorger und Gasnetzbetreiber – vor zehn Jahren die Frage gestellt, was mit unserer Infrastruktur geschehen soll“, sagt Geschäftsführer Jens Apelt. Das Unternehmen betreibt im Saarland und in Rheinland-Pfalz ein Gasleitungsnetz von 1639 Kilometern Länge, durch das fossiles Erdgas etwa aus Norwegen und Russland fließt. Weit vorauszudenken, sei für Netzbetreiber notwendig. „Das liegt an den langen Abschreibungsdauern. Wenn wir heute einen Euro investieren, dann ist er in 55 Jahren bezahlt.“ So stecke Creos dieses Jahr – wie die Jahre zuvor – etwa 20 Millionen Euro in die Instandhaltung und Modernisierung des Netzes. Hereingeholt habe Creos diese Investition erst im Jahr 2076. „Wir gehen nicht mehr davon aus, dass wir dann noch fossiles Erdgas transportieren“, sagt Apelt. Es müssen also Alternativen gefunden werden.

 Jens Apelt, Geschäftsführer von Creos Deutschland

Jens Apelt, Geschäftsführer von Creos Deutschland

Foto: Creos Deutschland

Eine Antwort auf die Zukunftsfrage lautet: Creos will Wasserstoff transportieren. Deshalb hat Creos gemeinsam mit dem französischen Gasnetzbetreiber GRT Gaz das gemeinsame Projekt MosaHYc (Mosel Saar Hydrogen Conversion) erdacht und sich um Fördermillionen der Bundesregierung über das europäische Wasserstoffwirtschafts-Programm beworben. Creos plant eine Gesamtinvestition von 40 bis 60 Millionen Euro in den Aufbau eines regionalen Wasserstoffnetzes. Das Fördergeld soll drei Viertel der Summe ausmachen, sagt Apelt. Vom Bundeswirtschaftsministerium kam der grundsätzliche Zuschlag dafür Ende Mai. Die EU-Kommission muss dem noch zustimmen. Mit einer Entscheidung wird Anfang kommenden Jahres gerechnet.

Wie soll das grenzüberschreitende Wasserstoffnetz aussehen? Es ist insgesamt rund 100 Kilometer lang. Ein wichtiger Bestandteil ist eine bestehende mehr als 50 Kilometer lange Gasleitung von Carling nach Perl, die zum größten Teil GRT Gaz und zu einem kleineren Teil Creos gehört. Das sei eine Doppelleitung. Eine davon könne umgewidmet und für den Wasserstofftransport genutzt werden, erläutert Apelt. Ein zweiter Bestandteil ist eine neu zu bauende, etwa 17 bis 18 Kilometer lange Gasleitung, die Dillingen mit der Pipeline Carling-Perl verbindet. Durch diese neue Leitung soll der Wasserstoff fließen, mit dem bei der Rogesa, der Tochter von Dillinger und Saarstahl, in Zukunft grüner Stahl erzeugt werden könnte.

Der dritte rund 20 Kilometer lange Leitungsabschnitt soll von Carling nach Völklingen zum Kraftwerk Fenne führen. Dort will der Essener Energiekonzern Steag mit Siemens Energy eine Wasserstofferzeugung aufbauen. Die Anlage soll insgesamt 34,6 Megawatt elektrische Energie einsetzen und etwa 5800 Tonnen Wasserstoff im Jahr produzieren und ihn in das Gasnetz einspeisen. Der größte Teil dieser Trasse besteht aus einer früheren Rohbenzinleitung.  Sie sei von Saar Ferngas, dem Vorgängerunternehmen der Creos Deutschland, in den 80er Jahren gekauft worden, erläutert Norman Blaß, der bei Creos das Kapazitäts- und Assetmanagement leitet. Schon damals war sie nicht mehr in Gebrauch. Was getan werden muss, um sie für den Wasserstofftransport zu nutzen, ist offen.

Ein fünfter etwa acht Kilometer langer Netzabschnitt reicht von Völklingen-Fenne nach Saarbrücken-Burbach. Es handelt sich dabei um eine frühere Kokereigas-Leitung. Inwieweit sie genutzt werden kann oder ob in der Trasse neue Leitungsrohre verlegt werden müssen, sei unklar, sagt Apelt. Abnehmer des Wasserstoffs in Saarbrücken könnte die Saarbahn sein, die in Zukunft Busse und möglicherweise auch Züge mit Brennstoffzellen-Antrieb einsetzen will.

Im Idealfall soll das Wasserstoffnetz 2026 in Betrieb gehen, sagt der Creos-Deutschland-Chef. „Das ist für uns ein wegweisendes Projekt, wir lernen dadurch die Transformation.“ In der Zukunft könnten je nach Bedarf Teile des bestehenden Gasleitungsnetzes in das Wasserstoffnetz eingebunden werden, sagt Blaß,

Das Besondere an dem Projekt ist sein Verbund-Charakter. Der Leitungsnetzbetreiber Creos, der Wasserstofferzeuger Steag mit seinem Partner Siemens Energy und der Großabnehmer Stahl-Holding-Saar formen zusammen eine Wertschöpfungskette. Sie könnte der Kern einer künftigen saarländischen Wasserstoff-Wirtschaft sein. Für die drei einzelnen, aber zusammenhängenden Projekte hatte das Bundeswirtschaftsministerium Ende Mai insgesamt rund 400 Millionen Euro Fördergeld über ein europäisches Programm in Aussicht gestellt. Die Saarbahn, die auch Förderung beantragt hatte, kam dabei nicht zum Zuge, könnte aber über andere Programme noch Geld erhalten und bleibt ein Partner.

Hinzu kommt der grenzüberschreitende  Charakter des Projekts. – mit der Einbindung von GRT Gaz und weiteren französischen Unternehmen. So wollten zum Beispiel die beiden französisvchen Unternehmen H2V und Gazel Energie  in Carling eine Wasserstofferzeugung mit einer Leistung von 400 Megawatt bauen – mehr als zehn Mal so groß wie die von der Steag geplante Anlage in Fenne. Nach Einschätzung von Apelt ist der länderübergreifende Aspekt entscheidend dafür, dass das Verbundprojekt beanspruchen kann, von gesamteuropäischem Interesse zu sein. Das dürfte für Brüssel auch das entscheidende Argument sein, um die von der Bundesregierung zugesagten 400 Millionen Euro an Förderung zu genehmigen.

Gerade der französische Partner GRT Gaz ist noch aus einem anderen Grund wichtig. Er mischt mit beim Aufbau eines europäischen Wasserstoff-Leitungsnetzes. Das Unternehmen plane, in den 30er Jahren eine Pipeline von Carling nach Nancy zu bauen und sie dort an ein künftiges Fernleitungsnetz für Wasserstoff  anzubinden. „Das ist eines der Hauptargumente, warum wir hier eine saarländische beziehungsweise eine regionale  Wasserstoffwirtschaft aufbauen: um möglichst schnell an ein europäisches Wasserstoffnetz angeschlossen werden zu können“, sagt Apelt. Das Gesamtprojekt hat damit eine viel größere Dimension als nur für Creos zukunftsweisend zu sein. „Wasserstoff wird das, was einst die Kohle für das Saarland war“, hatte Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) vor einigen Wochen gesagt. Sie schätzt Wasserstoff als einen elementaren Grundstoff für die Industrie der Zukunft ein. Er ist aus ihrer Sicht nicht nur relevant für die Produktion von grünem Stahl im Saarland und dem Erhalt von Arbeitsplätzen in der Stahlindustrie, sondern für die Zukunft des Industrielandes Saarland..

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