Saar-Reisebusse dürfen wieder fahren Neustart mit angezogener Handbremse

Saarbrücken · Ab kommenden Montag dürfen im Saarland zwar wieder Reisebusse fahren. Doch noch ist offen, wohin die Reise eigentlich gehen soll.

 Wegen unklarer Hygiene-Vorgaben und unterschiedlicher Regelungen in den einzelnen Bundesländern werden die meisten saarländischen Busunternehmer den Betrieb frühestens Mitte Juni wieder aufnehmen.

Wegen unklarer Hygiene-Vorgaben und unterschiedlicher Regelungen in den einzelnen Bundesländern werden die meisten saarländischen Busunternehmer den Betrieb frühestens Mitte Juni wieder aufnehmen.

Foto: dpa/Frank Mächler

Sie stehen in den Startlöchern, die Busreise-Veranstalter. Ab Montag ist ihr Corona-bedingtes Fahrverbot im Saarland aufgehoben. „Wir brennen alle darauf, unsere Gäste wieder an Bord unserer Busse begrüßen zu dürfen“, sagt Silke Becker, Geschäftsführerin von Horst Becker Touristik aus Spiesen-Elversberg.

Vermutlich wird das Brennen in den nächsten Wochen noch auf Sparflamme laufen. Denn offiziell enden saarländische Busreisen am Montag hinter Nonnweiler oder Homburg. Im benachbarten Rheinland-Pfalz sind Fahrten mit dem Omnibus erst ab dem 24. Juni wieder möglich. Die Busse könnten daher an der Landesgrenze gestoppt werden, räumt ein Sprecher des saarländischen Wirtschaftsministeriums ein. „Eine bundeseinheitliche Regelung wäre absolut erstrebenswert“, sagt er.

Das kann auch Hartwig Schmidt nur unterstreichen. Er ist Geschäftsführer beim Landesverband Verkehrsgewerbe Saarland (LVS) und dort unter anderen für die Busbetriebe zuständig. „Wir brauchen eine Transferregelung. Dieser föderale Flickenteppich ist unerträglich“, sagt er. Einige Bundesländer haben den Busreise-Verkehr seit Anfang Mai wieder erlaubt, bei anderen „ist ein Ende nicht absehbar“, geht aus einer Aufstellung des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) hervor.

Außerdem ist weiterhin offen, welche Hygiene-Vorschriften in den Reisebussen gelten sollen, um einerseits die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) einzuhalten, andererseits aber so viele Gäste an Bord nehmen zu dürfen, dass sich eine Ausflugs- oder Urlaubsfahrt für den Busunternehmer rechnet. Einen solchen Plan hat das Saar-Wirtschaftsministerium in Abstimmung mit den Betrieben erstellt. Er muss allerdings noch mit dem Gesundheitsministerium abgestimmt werden. „Ziel ist, in der kommenden Woche einen final abgestimmten Hygieneplan zu haben“, so der Sprecher des Wirtschaftsministeriums.

 Einige Regelungen schälen sich bereits heraus. So soll der Fahrer einen Mundschutz tragen und mit einer Scheibe von den Fahrgästen abgetrennt sein. Die Reisenden sollen nur beim Ein- und Aussteigen eine Schutzmaske über Mund und Nase ziehen müssen, wenn der Sicherheitsabstand von 1,50 Meter im Bus gewahrt ist. Für die Branche bedeuten diese Vorgaben, „dass wir etwa die Hälfte der sonst üblichen Gästezahl in den Bussen mitnehmen dürfen“, sagt Ines Lambert, Chefin des Saarwellinger Unternehmens Lambert Reisen (Sunshine Bus). Auf der anderen Seite weist sie darauf hin, „dass der Reisebus in Zeiten von Corona das sicherste Verkehrsmittel ist“. Während der Fahrt seien die Gäste immer mit den gleichen Mitreisenden unterwegs. Wenn die Hygiene-Vorschriften eingehalten würden, sei die Gefahr einer Ansteckung sehr gering.

Wegen dieser vielen Unsicherheiten „geht der Busreise-Verkehr daher erst Mitte Juni wieder richtig los“. Davon ist Hans Gassert überzeugt. Der Busunternehmer aus Blieskastel ist Landesvorsitzender der Fachvereinigung Omnibusverkehr im LVS. Dass das Saarland Busreisen ab Montag wieder erlaubt, ist für ihn dennoch ein wichtiges Signal. „Die Unternehmen haben wieder eine Perspektive, die Zeit des lähmenden Stillstandes endet“, sagt er.

So sieht auch Ines Lambert. Sie will bis Mitte Juni keine Reisen anbieten. Ab dann sollen ihre Busse wieder starten, zunächst in die deutschen Urlaubsregionen an Nord- und Ostsee und Richtung Süden. Als nächstes hat sie die Nachbarländer im Visier, wenn die Reisebeschränkungen aufgehoben sind. „Vor allem Österreich sehnt sich nach den deutschen Touristen“, weiß die Reisebus-Unternehmerin.

Auch Gassert fiebert mit seinen Kollegen der Zeit entgegen, in der sie wieder Reisegäste befördern können. Denn die Corona-Krise habe die Familienbetriebe sehr hart getroffen. „Der Stopp kam einem Berufsverbot gleich“, sagt er. Unternehmen, die nur auf Busreisen spezialisiert sind und nicht im Linienverkehr fahren, „hatten von heute auf morgen keine Einnahmen mehr, aber die Kosten laufen weiter“. Auch der Wert der Busse sei in dieser Zeit spürbar gesunken. 

Gassert hofft daher, dass die finanziellen Hilfen, die Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) der Busunternehmer-Branche versprochen hat, möglichst schnell fließen. 170 Millionen Euro sollen die Firmen erhalten, um die hohen Verluste der Corona-Zeit ein wenig auszugleichen. So ganz trauen die Busunternehmen Minister Scheuer noch nicht. Denn die Unterschrift von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) fehlt noch unter dem Hilfspaket. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, wollen sie am Mittwoch in Berlin demonstrieren und mit ihren Bussen die Straßen der Hauptstadt füllen. Gassert hofft, dass sich möglichst viele Saarländer dem Protest anschließen. „Wir wollen ein starkes Signal senden.“

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