Folgen der Corona-Krise Zahl der Arbeitslosen im Saarland steigt weiter

Saarbrücken/Nürnberg · Im Juni waren 25 Prozent mehr Menschen ohne Job als noch vor einem Jahr. Dem stehen weniger Stellen auf dem Arbeitsmarkt gegenüber.

Laut der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit bezogen im Saarland im Juni über 25 000 Menschen Hartz IV.

Laut der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit bezogen im Saarland im Juni über 25 000 Menschen Hartz IV.

Foto: dpa/Fabian Strauch

Das Coronavirus hat den saarländischen Arbeitsmarkt weiter fest im Griff. Im Juni waren hierzulande 40 400 Männer und Frauen arbeitslos, 8100 oder 25 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Das geht aus Zahlen der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der Bundesagentur für Arbeit hervor. Im Vergleich zum Mai waren 300 oder 0,7 Prozent mehr Menschen arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosenquote liegt damit aktuell bei 7,6 Prozent. Das entspricht einem Plus von 1,6 Prozentpunkten im Vergleich zum Juni 2019 und von 0,1 Prozentpunkten im Vormonatsvergleich.

Laut der Regionaldirektion beziehen derzeit 25 300 Saarländer Leistungen in der Grundsicherung („Hartz IV“). Das seien 0,8 Prozent oder 200 mehr als im Mai dieses Jahres und ganze 3300 oder 14,9 Prozent mehr als im Juni 2019.

Ebenfalls deutlich gestiegen ist die Unterbeschäftigung, in der auch Menschen erfasst werden, die etwa wegen Krankheit oder der Teilnahme an Weiterbildungs- und Eingliederungsmaßnahmen nicht mehr als arbeitslos gelten. Der Regionaldirektion zufolge gehören 53 100 Menschen zu dieser Gruppe – 4900 oder 10,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Mit 6900 waren im Juni 28,3 Prozent weniger offene Arbeitsstellen als vor einem Jahr bei der Behörde gemeldet. Im Monatsverlauf sind 1600 Stellen neu hinzugekommen, was zwar 34,8 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, aber 16,7 Prozent mehr als im Mai 2020 entspricht. Das sei ein erstes positives Signal in der Krise, sagte Walter Hüther, Geschäftsführer für den internen Service bei der Regionaldirektion. „Von einer Entwarnung kann ich derzeit noch nicht sprechen. Wir müssen abwarten, wie sich die Lockerungen der Pandemiemaßnahmen in den nächsten Wochen konkret auf den Arbeitsmarkt auswirken.“ Die größten Stellenzuwächse verzeichnete die Behörde in der Zeitarbeit, im Gesundheits- und Sozialwesen, im Handel, bei den freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen sowie im Baugewerbe.

Seit Beginn der Corona-Krise haben 11 300 Saar-Betriebe mit insgesamt 153 700 Beschäftigten Kurzarbeit angemeldet. Besonders häufig sei in der Automobilindustrie, dem metallverarbeitenden Gewerbe, dem Maschinenbau sowie im Einzelhandel und der Gastronomie Kurzarbeit angemeldet worden. Diese Anträge lassen aber keinen direkten Rückschluss darauf zu, wie viele Menschen letztlich von Arbeitszeitverkürzungen betroffen sind. „Erst nach drei Monaten kann festgestellt werden, in welchem Umfang tatsächlich kurzgearbeitet wurde“, erklärt die Regionaldirektion. Nach ersten Hochrechnungen der Behörde haben im März 4900 Betriebe für 118 000 Mitarbeiter Kurzarbeit umgesetzt.

Aktuell sind im Saarland noch 2700 Ausbildungsstellen offen, 6,3 Prozent weniger als zur gleichen Zeit vor einem Jahr. Demgegenüber stehen 1900 junge Menschen, die noch einen Ausbildungsplatz suchen – 7,3 Prozent mehr als im Juni 2019.

„Der Arbeitsmarkt ist eindeutig im Zeichen von Corona zu sehen“, sagt Martin Schlechter, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU). In diesem Zusammenhang sei auch der starke Anstieg der Arbeitslosenzahlen nicht verwunderlich. Dennoch gebe es im Saarland vergleichsweise viele Unternehmen, die ihre Mitarbeiter halten wollen. „Das ist ein gutes Signal für die Beschäftigten und auch wichtig, um für einen Neustart handlungsfähig zu bleiben“, so Schlechters Einschätzung. Andererseits sei das Geschäft einiger Firmen im Zuge der Krise dauerhaft weggebrochen. „In diesen Fällen kommt es zwangsläufig auch zu einem Arbeitsplatzabbau“, sagt er.

Wichtig sei nun, „den Unternehmen ihre Flexibilität zu erhalten“, fordert der VSU-Hauptgeschäftsführer. „Politische Vorhaben, die die Befristung von Arbeitsverhältnissen noch weiter einschränken, sollten deshalb nicht weiterverfolgt werden.“ Die Unternehmen bräuchten stattdessen Anreize, neue Stellen zu schaffen. So könne der Bund beispielsweise die Sozialversicherungsbeiträge befristet übernehmen, schlägt Schlechter vor. „Angesichts wegfallender Sozialleistungen im Rahmen der Arbeitslosigkeit wäre es für den Staat sogar ein Nullsummenspiel.“

Auch Bettina Altesleben, Geschäftsführerin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Region Saar spricht sich dafür aus, der Wirtschaft mit Steuergeldern durch die Krise zu helfen. Dazu sei es aber wichtig, „die Beschäftigten gleichermaßen wie die Betriebe mitzunehmen“, sagt sie. „Die Bewältigung der Krise kann nur gemeinsam gelingen.“ Daher müsse „der Schutz der Beschäftigten durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen gerade jetzt in der Krise sehr deutlich und sehr weitreichend ausfallen“ so ihre Forderung. „Insbesondere das saarländische Programm ‚Arbeit für das Saarland (ASaar)’, aber auch das bundesweite ‚Gute-Arbeit-von-morgen-Gesetz’ können dazu beitragen, Abstürze zu vermeiden“, sagt Altesleben.

Corona-Krise sorgt im Juni 2020 für mehr Arbeitslose im Saarland
Foto: SZ/Müller, Astrid
Arbeitsmarkt im Saarland im Juni

Arbeitsmarkt im Saarland im Juni

Foto: SZ/Müller, Astrid

In der Krise habe sich wieder gezeigt, wie wichtig das Mittel der Kurzarbeit sei, um „Arbeitsplätze zu erhalten und Beschäftigung für die Zukunft zu sichern“, erklärt die DGB-Geschäftsführerin. Auch für die Industrie- und Handelskammer (IHK) des Saarlandes hat sich die Kurzarbeit bewährt, um Arbeitsplätze zu sichern. „Das erklärt auch, warum das Beschäftigungsniveau mit 388 000 noch vergleichsweise hoch ist“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Heino Klingen. Er erwartet, dass die „Arbeitsmarktentwicklung auch im weiteren Jahresverlauf angespannt bleiben“ wird. „Denn der Weg aus dem Konjunkturtal wird angesichts der anhaltenden Bedrohung durch das Coronavirus länger werden, als wir uns das wünschen“, befürchtet Klingen.

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