Offener Brief an Hans Corona-Appell der Saar-Unternehmen: Harter Lockdown „höchst riskant“

Saarbrücken · In einem offenen Brief an den Saar-Ministerpräsidenten Tobias Hans (CDU) warnt die Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU) zudem vor einer Homeoffice-Pflicht.

 VSU-Präsident Oswald Bubel

VSU-Präsident Oswald Bubel

Foto: Oliver Dietze

Die saarländischen Unternehmen haben Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) vor einer Verpflichtung zum Homeoffice und einem verschärften Lockdown der Wirtschaft gewarnt. „Beides halten wir für falsch, populistisch und im Falle eines weiteren harten Lockdowns der Unternehmen auch für höchst riskant“, schreibt der Präsident der Vereinigung der Saarländischen Unternehmensverbände (VSU), Oswald Bubel, in einem offenen Brief an den Saar-Regierungschef.

Der VSU-Präsident verweist unter Berufung auf Zahlen des Robert-Koch-Instituts darauf, dass die Arbeitsplätze nicht als signifikanter Corona-Infektionsherd identifiziert werden können: „Vielmehr findet die Übertragung des Virus demnach vor allem im wenig gesicherten privaten und öffentlichen Bereich statt. Vor allem aber treten die Infektionen bei den nicht ausreichend geschützten vulnerablen Gruppen in Alten- und Pflegeheimen auf.“ Diese Entwicklung könne man nicht aufhalten, indem man saarländische Unternehmen stilllege. „Vielmehr gilt es, die Bevölkerung als mündige Bürger weiter in die Pflicht zu nehmen, sich an die Vorsichtsregeln zu halten“, schreibt Bubel.

Einen Lockdown der Unternehmen hält der VSU-Präsident für „volkswirtschaftlich höchst gefährlich“. Viele Saar-Firmen würden um ihr Überleben kämpfen, während von den „als unbürokratisch, schnell und großzügig angekündigten November- und Dezemberhilfen gerade einmal vier Prozent in Form von Abschlägen an die notleidenden Betriebe ausgezahlt wurden“. Schon der erste Lockdown habe die Wirtschaftsleistung um fünf Prozent einbrechen lassen. „Deshalb ist es umso wichtiger, zumindest die Industriebetriebe, die wesentliche Teile der Wertschöpfung erarbeiten, offenzuhalten“, so Bubel. Notwendig seien zudem Öffnungsperspektiven. Es müssten Bedingungen formuliert werden, unter denen Lockerungen vorgenommen werden könnten. Der VSU-Präsident verwies darauf, dass „Abstand, Desinfektion, Maske, Lüften und Information“ in den saarländischen Industrieunternehmen „längst zum gelebten Alltag gehören“.

Die aktuelle Homeoffice-Debatte hält Bubel für „unangebracht“ – insbesondere kritisierte er den Vorwurf, die Unternehmen würden ihre Mitarbeiter weiterhin ins Büro beordern, obwohl diese faktisch auch mobil arbeiten können. Der VSU-Präsident beruft sich auf Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Demnach „ermöglichen die Unternehmenm, bei denen Homeoffice grundsätzlich möglich ist, dies drei von vier Beschäftigten, bei denen die Tätigkeit für mobiles Arbeiten in Frage kommt“. Von einer Verweigerungshaltung zu sprechen und gar mit Strafen zu drohen, hält Bubel für „vollkommen unangemessen“. Oftmals gebe es aber praktische Gründe, die eine Umstellung auf Homeoffice nicht möglich machten. „Denn gerade in abgelegenen Gegenden wie auch bei kleineren, wenig finanzstarken Unternehmen fehlt es schlicht an der Organisation und Infrastruktur, die einen solch massiven Systemwechsel erst ermöglichen, von der Leitungskapazität der Internetanbindungen – auch im häuslichen Umfeld der Mitarbeiter – ganz zu schweigen“, schreibt der VSU-Präsident.

Abschließend fordert Bubel, „alle Energie auf den Impfprozess zu setzen und weiter den Fokus auf Infektionsschutz im privaten und öffentlichen Umfeld zu legen“. Das Land stillzulegen, könne man den Menschen immer weniger vermitteln und sich auf Dauer schlicht nicht leisten. Mit Blick auf die nächste Ministerpräsidentenkonferenz bittet der VSU-Präsident Saar-Regierungschef Hans darum, darauf hinzuwirken, dass eine solche komplette Stilllegung nicht umgesetzt werde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort