SZ-Telefonaktion Wenn der Arbeitgeber pleitegeht

Saarbrücken · Was heißt die Insolvenz der Firma für die Mitarbeiter? Der Arbeitsrechtler der Saar-Arbeitskammer informiert.

 Wer die Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers fürchtet, kann im Internet einsehen, ob bereits ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wurde.

Wer die Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers fürchtet, kann im Internet einsehen, ob bereits ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wurde.

Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb/Tagesspiegel Mike Wolff

Rutscht ein Unternehmen in die Insolvenz, weckt das bei den betroffenen Beschäftigten Ängste. Bekomme ich weiterhin Lohn? Kann ich fristlos kündigen? Muss ich bei ausbleibender Lohnzahlung durch den Arbeitgeber dennoch weiterarbeiten? Fragen zum Arbeitsrecht hat der Jurist der Arbeitskammer des Saarlandes, Timm Lau, den SZ-Lesern beantwortet.

Meine Firma hat Insolvenz angemeldet, kann ich in diesem Fall ohne Einhaltung einer Frist kündigen und einen neuen Job annehmen?

LAU Grundsätzlich ändert auch eine Insolvenz des Arbeitgebers nichts daran, dass der bestehende Arbeitsvertrag eingehalten und somit auch die vereinbarten Kündigungsfristen respektiert werden müssen. Nur bei Kündigungsfristen von mehr als drei Monaten kann die Frist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf drei Monate verkürzt werden.

Das letzte Gehalt wurde bereits nicht bezahlt, jetzt wurde vom Arbeitgeber ein Insolvenzantrag gestellt. Wie sind meine Ansprüche abgesichert?

LAU Über das Insolvenzgeld, das man nach der Insolvenzeröffnung bei der Insolvenzgeldstelle der Arbeitsagentur beantragen kann, sind die Gehaltsansprüche für die letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgesichert. Und zwar zu 100 Prozent. Nach der Eröffnung entscheidet der Insolvenzverwalter, ob er die Beschäftigten aus der Masse bezahlen kann oder nicht. Sieht er keine Möglichkeit, die Gehälter zu zahlen, muss er die Betroffenen freistellen, damit sie Arbeitslosengeld beantragen können. Das ist in diesem Fall schon möglich, bevor der Arbeitsvertrag beendet ist.

Ich habe vom Insolvenzverwalter eine Kündigung, aber immer noch kein Arbeitszeugnis erhalten, obwohl ich umgehend ein qualifiziertes Zwischenzeugnis angefordert hatte. Wer muss das Zeugnis erstellen?

LAU Der Rechtsanspruch auf Zeugniserteilung richtet sich nach der Insolvenzeröffnung regelmäßig gegen den Insolvenzverwalter. Denn dieser übernimmt praktisch die Arbeitgeberfunktion. Da ein Insolvenzverwalter aber über die Leistungen der Beschäftigten in der Vergangenheit keine Kenntnisse besitzt, muss er die Vorgesetzten und die Geschäftsführung hierzu befragen. Er hat diesbezüglich einen Auskunftsanspruch, den er notfalls durchsetzen muss.

Ich hatte vor der Insolvenz meines Betriebes 180 Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto angesammelt. Stimmt es, dass ich diese Überstunden nur noch als Insolvenzforderungen anmelden kann, obwohl ein Investor den Betrieb übernommen hat?

LAU Leider ja. Grundsätzlich tritt ein Erwerber eines insolventen Betriebes tatsächlich in die bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Allerdings gilt in der Insolvenz die Besonderheit, dass dieser Übernehmer nicht für sogenannte Altverbindlichkeiten haften muss. Also auch nicht für Ansprüche auf Bezahlung/Ausgleich von Überstunden aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung. Insofern ist es immer gefährlich, umfangreiche Stundenguthaben ohne Insolvenzsicherung aufzubauen.

Ich fürchte, die finanziellen Schwierigkeiten bei meinem Arbeitgeber führen in absehbarer Zeit zu einer Insolvenz. Wo kann ich mich im Vorfeld schon einmal informieren, damit ich im Fall der Fälle gerüstet bin?

LAU Dazu gibt es beispielsweise unter www.arbeitskammer.de/antworten-zu-haeufig-gestellten-fragen/insolvenz viele hilfreiche Antworten auf typische Fragestellungen. Sie können sich auch auf der Homepage der Arbeitskammer im Bereich der Publikationen/Info-Faltblätter eine sehr informative Handreichung zum Thema „Zahlungsverzug und Insolvenz“ herunterladen. Zudem können Sie unter www.insolvenzbekanntmachungen.de nachsehen, ob der Arbeitgeber tatsächlich bereits einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt hat.

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