Bericht an Landesregierung Arbeitskammer fordert mehr Arbeitnehmer-Mitbestimmung

Saarbrücken · Der Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft muss von Anfang an die Arbeitnehmer mit einbeziehen. Für diese Transformations-Prozesse sei eine verstärkte Mitbestimmung nötig, fordert die Arbeitskammer des Saarlandes als gesetzlicher Vertreter der Arbeitnehmerschaft in ihrem gestern in Saarbrücken vorgestellten Bericht an die Landesregierung.

 Der Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer Saar,  Thomas Otto

Der Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer Saar, Thomas Otto

Foto: Oliver Dietze

„Nur so kann Transformation im Sinne ,guter Arbeit‘ gelingen“, sagt Hauptgeschäftsführer Thomas Otto.

Die Erreichung der Ziele der Umgestaltung in Wirtschaft und Gesellschaft, die von der Corona-Pandemie zwar nicht ausgelöst, aber verstärkt wurden, erforderten einen handlungsfähigen und starken Staat. „Der Markt kann nicht alles regeln.“ Damit das gelinge, müsse die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staats hergestellt werden. Im Saarland fehle es derzeit zudem an einer gemeinsamen „Leitstrategie“, hier sei dringend eine verstärkte Zusammenarbeit der Akteure nötig, kritisiert Otto.

Das Saarland als Haushaltsnotlageland könne die enormen Herausforderungen nicht allein stemmen. „Eine Unterstützung von Bund und EU dazu ist zwingend erforderlich. Mit Geld kann der Wandel aber gestaltet werden“, so Otto. Die nötigen Mittel müssten beschafft und beantragt werden. Das Saarland müsse bei der Nationalen Wasserstoffstrategie dringend beim „Handlungskonzept Stahl“ berücksichtigt werden, also bei der Umstellung von der konventionellen, CO2-lastigen Stahlherstellung auf „grünen“, also CO2-freien Stahl.

Die Landesregierung müsse hierzu möglichst schnell ihre Vorstellungen und Konzepte zum Ausbau einer Wasserstoffwirtschaft konkretisieren und weiterentwickeln, fordert die Arbeitskammer. Gefördert werden müssten weitere Möglichkeiten, im Saarland Technologiekompetenz und somit neue Beschäftigungsmöglichkeiten für neue Leitmärkte in der regenerativen Energiewirtschaft, bei Energieeffizienz und klimafreundlicher Mobilität aufzubauen.

Die Automotivebranche, mit über 42 000 Arbeitsplätzen größter industrieller Arbeitgeber an der Saar, steht vor dem Übergang zu neuen Antriebsformen und Mobilitätsmodellen. Otto warnte vor dem allgegenwärtigen „Hype zur E-Mobilität“, der „uns derzeit keine großen Handlungsmöglichkeiten“ eröffne. Der Blick müsse technologieoffen auch den Wasserstoffantrieb einbeziehen. „Wir bauen auch in Deutschland die modernsten Verbrennungsmotoren, wir brauchen ein klares Bekenntnis zum Verbrenner als Brückentechnologie“, fordert Otto. Im Saarland hängen nämlich viele Tausend Arbeitsplätze in Zuliefererbetrieben vom Verbrenner ab.

Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft könne ohne verstärkte Mitbestimmung nicht funktionieren, mahnt die Arbeitskammer. Das setze allerdings die Akzeptanz der Digitalisierung bei den Menschen voraus. Zudem „geht Digitalisierung nur mit Weiterbildung der Arbeitnehmer“, sagt Otto. Hier sehe es aber vielfach in den Betrieben nicht gut aus: „Viele Personalabteilungen haben die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter gar nicht auf dem Schirm.“ ötig sei die Nutzung der Kurzarbeit für die Weiterbildung der Menschen. „Daher fordern wir eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent und ein zweckgebundenes ,Transformationskurzarbeitergeld.“ Das müsse Kurzarbeit mit Qualifizierung und Weiterbildung verbinden.

Die Chancen der Digitalisierung müssten für die Beschäftigten zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze genutzt werden. „Dabei dürfen ökologische und Beschäftigungssziele nicht gegeneinander ausgespielt werden“, mahnt Otto.

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