„Das Saarland ist einfach noch kein Fahrradland“ Fahrradfreundliche Arbeitgeber sind rar im Saarland – nur drei Firmen ausgezeichnet

Saarbrücken/Nohfelden · Für fahrradfreundliche Arbeitgeber vergibt der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) ein Gütesiegel in drei Stufen. Im Saarland wurden bisher nur drei Unternehmen ausgezeichnet – der Gold-Status wurde aber noch nicht erreicht.

ADFC vergibt Siegel für fahrradfreundliche Arbeitgeber im Saarland - nur 3 dabei
Foto: dpa-tmn/Christin Klose

Rauf aufs Rad und ab zur Arbeit. Wer mit dem Fahrrad zum Job fährt, spart oft Geld und fördert gleichzeitig seine Gesundheit. Auch die Suche nach einem Parkplatz ist mit einem Fahrrad leichter. So mancher Arbeitgeber schafft daher Anreize und animiert seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit dem Rad zur Arbeit zu kommen. Angefangen bei der Beteiligung eines Leasing-Vertrags für ein Job-Bike bis hin zu Werkzeug am Arbeitsplatz, um platte Reifen oder quietschenden Bremsen zu reparieren – bundesweit gibt es zahlreiche Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden solche Angebote machen.

Rund 200 fahrradfreundliche Arbeitgeber wurden bisher von der gleichnamigen ADFC-Initiative ausgezeichnet – aber erst drei davon im Saarland: die Arbeitskammer des Saarlandes, das Studentenwerk Saarland und die SHS Strukturholding Saar haben den Silber-Status des Gütesiegels. Die Gemeinde Nohfelden ist gerade dabei, sich als fahrradfreundlicher Arbeitgeber auszeichnen zu lassen.

„Das Saarland ist einfach noch kein Fahrradland“

Für die vergleichsweise niedrige Zahl an saarländischen Unternehmen sieht Thomas Fläschner vom ADFC Saar einen spezifischen Grund: „Das Saarland ist einfach noch kein Fahrradland. Dazu kommt, dass das Thema Fahrradfreundlichkeit für viele Unternehmen gerade wohl nicht so wichtig ist. Dafür ist der wirtschaftliche Druck durch Pandemie und Inflation zu hoch, schätze ich.“ Seiner Meinung nach ist die beste Voraussetzung für ein fahrradfreundliches Unternehmen dann gegeben, wenn die jeweilige Person an der Spitze selbst Fahrrad-affin ist und Fahrradfreundlichkeit zur Chefsache macht.

Das ist zum Beispiel bei der Arbeitskammer der Fall. Geschäftsführerin Beatrice Zeiger steigt selbst gerne für ihren Arbeitsweg aufs Fahrrad. „Für mich gehört Radfahren zur Mobilität der Zukunft. Ich kann jedem Unternehmen nur raten, für fahrradfreundliche Bedingungen zu sorgen“, sagt sie. Seit 2019 darf sich die Arbeitskammer mit dem Gütesiegel fahrradfreundlicher Arbeitgeber in Silber schmücken. Vor kurzem wurde der Status erneuert, da er nur für drei Jahre gültig ist. Warum es auch beim zweiten Mal nicht für den Gold-Status gereicht hat, erklärt Christian Ott. Er ist nicht nur Referatsleiter für Umweltpolitik, sondern auch Radverkehrskoordinator für die Angestellten bei der Arbeitskammer. „Für Gold fehlen uns noch ein paar Kleinigkeiten, die vor allem mit angepassten Räumlichkeiten zusammenhängen. Zum Beispiel können wir aktuell keine Duschen und Spinde zur Verfügung stellen.“ Auch Fahrrad-Aktionstage für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Saarbrücken waren aufgrund der Pandemie nicht möglich, hätten jedoch zusätzliche Punkte eingebracht. Gepunktet hat die Arbeitskammer allerdings mit der Möglichkeit, E-Bike-Akkus aufladen und Fahrräder in der Tiefgarage sicher abstellen zu können. Außerdem steht den rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die derzeit mit dem Rad zur Arbeit fahren, Werkzeug für kleinere Reparaturen zur Verfügung. „Fahrradfreundlicher zu werden, war für uns von den Kosten her recht günstig. Für das Anschaffen von Werkzeug und die Umstrukturierung eines Auto-Parkplatzes zum Abstellplatz für Fahrräder in der Tiefgarage hat die Arbeitskammer einen dreistelligen Betrag investiert“, fasst Ott zusammen.

Zusätzlich können sie sich von Christian Ott beraten lassen, welcher Arbeitsweg für sie mit dem Rad der schnellste und sicherste ist. „Ebenso nehmen wir regelmäßig beim Stadtradeln teil. Das stärkt natürlich das Gemeinschaftsgefühl und fördert das Radfahren an sich“, ergänzt Geschäftsführerin Zeiger die Maßnahmen, die die Arbeitskammer als fahrradfreundlichen Arbeitgeber auszeichnen.

Die Teilnahme am Stadtradeln und das gemeinsame Kilometersammeln, um das klimaschädliche Co2 einzusparen, war auch für die Gemeinde Nohfelden ein ausschlaggebender Faktor, bei der ADFC-Initiative mitzumachen. Ob das Nohfeldener Rathaus mit Bronze, Silber oder Gold ausgezeichnet wird, weiß Sarah-Maria Welter als verantwortliche Koordinatorin noch nicht. Dennoch sieht sie schon jetzt die Vorbildfunktion, die mit dem Gütesiegel einhergeht. „Wir wollen damit auch andere Arbeitgeber ermutigen, fahrradfreundlicher zu werden und sich für die Umwelt einzusetzen“, sagt Welter, die für kommunale Nachhaltigkeit bei der Gemeinde verantwortlich ist. Das Projekt des Bahnradweges durch das Sankt Wendeler Land bietet ihrer Meinung nach beste Voraussetzungen. „Der Bahnradweg führt auch 14 Kilometer recht eben durch Nohfelden. Vielleicht fahren dadurch bald mehr Leute mit dem Rad zum Job, wenn sie entlang der Strecke wohnen und arbeiten.“ Damit die Rathaus-Mitarbeiter gerne und möglichst oft mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, bezuschusst die Gemeinde Nohfelden als Arbeitgeber zum Beispiel das Leasen von Job-Bikes. Zudem wurden Duschen und Umkleiden im Keller eingebaut und es stehen eine Waschmaschine für dreckige Radler-Kleidung und Spinde zur Verfügung, zählt Welter auf. „Wir planen auch öffentliche Fahrrad-Boxen vor dem Rathaus zu installieren, in denen die E-Bike-Akkus aufgeladen werden können. Davon profitieren dann nicht nur wir aus dem Rathaus, sondern auch Touristen.“

Der ADFC Saar wünscht sich für das Saarland noch mehr Betriebe, die ihren Mitarbeitern den Weg mit dem Rad zur Arbeit schmackhaft machen wollen. „Uns ist aber auch klar“, sagt ADFC-Vorsitzender Fläschner, „dass das Rad nicht für jeden als Fortbewegungsmittel zum Arbeitsplatz in Frage kommt. Dafür sind die Strecken teilweise zu lange.“ Als fahrradfreundlich und zumutbar schätzt er eine Entfernung von bis zu fünf Kilometern zwischen Wohn- und Arbeitsort ein. Lässt ein Arbeitgeber sich seine Fahrradfreundlichkeit mit dem Gütesiegel bestätigen, steigert das auch die Attraktivität nach außen, ist sich Fläschner sicher.

Jedes Unternehmen kann das Siegel „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber“ beim ADFC beantragen. Betriebsgröße und Zahl der Mitarbeitenden spielt dabei keine Rolle. Das Gütesiegel ist für die Betriebe dennoch mit Kosten verbunden. Je nach Zahl der Mitarbeiter liegt der Preis pro Standort zwischen 650 Euro (zehn bis 50 Mitarbeiter) und 2500 Euro (501 bis 1000 Mitarbeiter). Für die Nutzung des Logos wird ein Preis zwischen 100 Euro bis 400 Euro veranschlagt, ebenfalls gestaffelt nach Zahl der Mitarbeiter.

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