Saartalk ,,Saar-Valley“ als Jobmotor für die Region

Saarbrücken · Professor Michael Backes und Staatssekretärin Anke Morsch sehen Computer-Sicherheitsforschung als große Chance für das Saarland.

 Staatssekretärin Anke Morsch, Professor Michael Backes (Zweiter von links) im Gespräch mit SR-Chefredakteur Norbert Klein und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst (rechts). Foto: Becker&Bredel

Staatssekretärin Anke Morsch, Professor Michael Backes (Zweiter von links) im Gespräch mit SR-Chefredakteur Norbert Klein und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst (rechts). Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Der Saartalk ist ein gemeinsames Format von Saarländischem Rundfunk und Saarbrücker Zeitung. Diesmal stellten sich die Staatssekretärin im Saar-Justizministerium Anke Morsch (SPD) und Professor Michael Backes, Direktor des Kompetenzzentrums für IT-Sicherheit Cispa ("Center for IT-Security, Privacy and Accountability") an der Universität des Saarlandes und künftiger Chef des neuen Helmholtz-Zentrums für Cybersicherheit, den Fragen von SR-Chefredakteur Norbert Klein und SZ-Chefredakteur Peter Stefan Herbst zum Thema Computer-Sicherheit. SZ-Redakteur Dietmar Klostermann hat das Gespräch in Auszügen dokumentiert.

Herbst: Über die Staatssekretärin im saarländischen Justizministerium erfährt man im Internet vergleichsweise wenig, fast nichts Privates. Kein großes Mitteilungsbedürfnis auf Facebook wie viele andere Politiker. Frau Morsch, sind Sie besonders schüchtern? Oder besonders sorgsam im Umgang mit Ihren persönlichen Daten?

MORSCH Ich würde mal sagen eher Letzteres. Ich bin in der Tat eher etwas skeptisch, was die freigiebige Hergabe von privaten Daten angeht. Ich würde mich aber auch nicht als Extremfall bezeichnen.

Klein: Ist das eine Ausnahme, Professor Backes? Oder sind die Deutschen insgesamt zurückhaltend im Umgang mit ihren persönlichen Daten? Früher was das so bei Volkszählungen und ähnlichem, da hat man protestiert gegen das Datenabschöpfen. Und jetzt gibt man bei jedem Preisrätsel persönliche Daten preis.

BACKES (…) Ich denke, die Deutschen sind auch nicht leichtfertiger als andere Nationen. Ein bisschen Datensparsamkeit ist noch da. Aber die meisten Leute sind gerne bereit, sich über soziale Medien und im Internet mitzuteilen und persönliche Daten wirklich preiszugeben.

Klein: Was muss ein Mensch machen, wenn er tatsächlich der Meinung ist, ich habe Dinge preisgegeben, die ich nicht preisgeben wollte? Kann man seine Daten wieder zurückbuchen lassen?

BACKES Das ist extrem schwierig. (…) Sie müssen sich vorher überlegen, was Sie preisgeben und ob Sie bereit sind, eventuell die Konsequenzen zu tragen. Wenn Sie etwas preisgegeben haben, gibt es nichts Verlässliches, das Sie tun können. Sie können sehen, wo Sie die Daten hingegeben haben, Sie können anfragen, Sie können Einsicht verlangen und unter gewissen Umständen auch Löschung verlangen. Natürlich nur dann, wenn die ganze Welt das nicht sowieso gesehen hat. Dann können Sie nichts mehr tun.

Herbst: Bei welchen Daten halten Sie es für besonders gefährlich, wenn man sie preisgibt?

MORSCH Man muss die Bankdaten in den Blick nehmen. Damit wird am meisten Missbrauch getrieben. (…) Aber es kann jeder Bereich der persönlichen Daten sein. Fotos können dazu missbraucht werden, erpressbar zu sein. Wenn Sie etwa schreiben "Ich bin im Urlaub" und dazu ein Urlaubsfoto posten, ist das eine perfekte Einladung für Einbrecher, sich mal ihr Haus anzugucken. Es gibt keine Daten, von denen Sie sagen können, die können Sie unbedenklich preisgeben.(…)

BACKES (…) Kritisch sind auch Bewegungsprofile. Bin ich etwa jeden Samstag im selben Stadion, um Fußball zu schauen? Dann ist das eine Einladung für Leute, die in mein Haus einbrechen wollen.

Herbst: Braucht Deutschland mehr Nerds, mehr Computerfreaks?

MORSCH Ja, ich glaube schon, wir müssen da wirklich auch begeistern. Denn da liegt natürlich unsere Zukunft, das muss man ganz klar sehen. Die Architektur der Welt hat sich verändert. Da ist Sachverstand notwendig, ganz klar.

Klein: Sind die Hacker die Magier der Gegenwart?

BACKES Ob sie die Magier sind, weiß ich nicht. Aber sie werden in den Filmen etwas anders wahrgenommen als in der Realität. Da ist Hacken ganz viel ausprobieren mit dem nötigen Wissen und ein bisschen Glück haben, dass man das im Wesentlichen hinkriegt. Hacken erzeugt medial am meisten Aufmerksamkeit, wenn Sie irgendwo reinkommen, womit die meisten Leute nicht gerechnet haben. Das sieht meistens sehr gut aus.

Herbst: Als Chef des neuen Helmholtz-Zentrums für Cybersicherheit müssen Sie 350 Wissenschaftler ins Saarland holen. Für wie schwierig halten Sie das?

BACKES Das wird nicht einfach. 350 sind die absolut untere Schranke. Das war konservativ geschätzt. Da wird noch viel draufkommen. (…) Natürlich ist das eine Herausforderung. Aber wir sind sehr interdisziplinär aufgestellt. (…) Das ist nicht nur Informatik. Wir werden auch gemeinsam herangehen mit den Rechtswissenschaften, der Psychologie, der Soziologie, der Medizin, vielleicht Physik. (…) Das ist das größte Investment, das es weltweit in diesem Forschungsbereich gab. Wir schicken uns an, das größte Forschungszentrum der Erde zu werden. (…) Ich präge mal den Ausdruck Saar-Valley. Natürlich wird das kein riesiges Silicon-Valley. Aber ein Helmholtz-Zentrum ist ein riesiger Magnet für Ausgründungen.

Klein: Was erwarten Sie von der Politik, damit es ein Erfolgsmodell wird?

BACKES Wenn Leute hierhinkommen sollen, brauchen Sie Infrastruktur, Gebäude, Bauland. Die Rahmenbedingungen müssen auch attraktiv sein für deren Familien. Ich habe schon für eine englischsprachige Schule plädiert. Das werden Sie brauchen für Leute aus dem Ausland, die sonst sagen: Mein Kind kann hier nicht zur Schule gehen. Wenn es Ausgründungen geben soll, muss es Venture Capital geben, das wird es geben, das Zentrum wird es anziehen.

MORSCH Wir werden das Unsere dafür tun, um attraktive Rahmenbedingungen zu schaffen. Das wird man auf der Zeitschiene sehen, wie groß die Nachfrage nach einer englischsprachigen Schule ist. Das ist sicher nichts, was wir direkt schon mal vorhalten müssen. (…) Natürlich müssen wir erstmal Geld in die Hand nehmen. (…) Aber da ist das Geld gut angelegt.

Zum Thema:

Anke Morsch (48) ist noch Staatssekretärin im Justizministerium. Die verheiratete Sozialdemokratin aus Marpingen promovierte 1999 an der Saar-Uni (Thema: "Mediation statt Strafe"). Nach Stationen im Finanzministerium sowie als Finanz- und Verfassungsrichterin wurde sie 2012 Staatssekretärin. Jetzt will sie Finanzgerichtspräsidentin werden. Michael Backes (39) aus Lebach studierte Informatik und Mathematik an der Saar-Uni, wo er 2002 promovierte. 2005 wurde er als Professor auf den Lehrstuhl Info-Sicherheit und Kryptographie berufen. Seit 2011 ist er Direktor des Center for IT-Security, Privacy and Accountability (Cispa).

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